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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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sich. Er wünschte sich, es Toby gesagt zu haben, ehe der Junge es unter so beunruhigenden Umständen herausfand. Jetzt konnte er Toby nur noch ermutigen, das neue Baby freundlich zu empfangen.
    „Du wirst immer zu mir gehören, Toby“, sagte er. „Und das Baby wird uns allen gehören – dir und mir und Temperance und Großmama. Er oder sie hat vielleicht schwarzes Haar und braune Augen wie du und ich oder braunes Haar wie Temperance oder blaue Augen wie Großmama. In jedem Fall wird er oder sie Glück haben, dich als großen Bruder zu bekommen. Du wirst deinem kleinen Bruder oder deiner kleinen Schwester beibringen können, wie man reitet oder Bilder malt.“
    „Babys können gar nichts machen“, sagte Toby, nachdem er über das, was Jack gesagt hatte, eine Weile nachgedacht hatte. „Ich habe welche gesehen. Das Baby von Browns weint die ganze Zeit über. Außer wenn es schläft oder isst.“
    „Babys werden älter“, sagte Jack. Er hielt Toby noch ein bisschen fester und begann dann aufzustehen. „Es ist kalt hier. Lass uns in die Kinderstube zurückgehen.“
    Sobald Jack seinen Sohn aus dem Abstellraum trug, zog Temperance sich weiter in die Schatten zurück. Unbemerkt sah sie zu, wie Jack die Treppe hinunterging. Er trug die Laterne in einer Hand und Toby im anderen Arm.
    Jack bog um eine Ecke, und sie blieb allein in der kalten Dunkelheit zurück. Für eine Weile stand sie ganz still, bis sie merkte, wie kalt ihre Füße geworden waren, und sich auf die Stufen setzte, um ihre Schuhe anzuziehen. Sie hatte sie ausgezogen, damit Jack und Toby ihre Schritte nicht hörten. Erschüttert darüber, wie groß Tobys Kummer gewesen war, barg sie das Gesicht in den Händen. Sie saß mit dem Rücken zur Wand und weinte mit ihm, und sie hatte die Tränen in Jacks Stimme gehört, als er mit Toby gesprochen hatte. Ihr Herz strömte über vor Liebe zu ihrem Gemahl, als sie gehört hatte, wie er ihren Sohn tröstete. Er war so behutsam mit Tobys Ängsten umgegangen.
    Sie rieb sich über das Gesicht und versuchte sich zu sagen, dass man Toby gefunden hatte und damit alles wieder gut war – aber tief in ihr breitete sich Verzweiflung aus. Jack liebte seinen Sohn. Das hatte sie immer gewusst, und sie hatte sich nicht zwischen die beiden drängen wollen. An diesem Abend hatte sie jedoch in Jacks Stimme gehört, welch tiefe Liebe er für seinen Erstgeborenen empfand – und die Heftigkeit, mit der er geleugnet hatte, sie zu lieben.
    Liebst du Temperance?
    Nein.
    Du hast sie geküsst.
    Das ist etwas anderes.
    Sie schlang die Arme um ihre Taille und versuchte sich einzureden, dass sie stark und unabhängig war und die Liebe von niemandem brauchte. Nicht einmal die ihres Gemahls. Nur konnte sie nicht ewig auf der Treppe sitzen bleiben. Sie stand auf und wollte gerade nach unten gehen, aber nachdem sie ein paar Stufen hinabgestiegen war, glaubte sie, in der Dunkelheit eine Bewegung wahrzunehmen.
    „Ist da jemand?“, fragte sie.
    Einen Moment lang herrschte beunruhigende Stille, und sie hielt den Atem an, als eine dunkle Gestalt hinter einer halb offenen Tür hervortrat. Dann fiel ein Lichtschein aus der offenen Seite der Laterne. Das bleiche, zuckende Licht erhellte die Züge von Lord Swiftbourne.
    „Jack sagte, niemand sollte ihm folgen“, erklärte sie, zu erschrocken, um ihre Worte zu bedenken.
    „Das tat er.“ Swiftbourne lächelte ein wenig. „Wie es scheint, seid Ihr ebenso wenig bereit, ihm zu gehorchen, wie ich.“
    „Seid Ihr deshalb so erfolgreich? Weil Ihr in Ecken herumschnüffelt?“ Das war dumm. Sie wusste es sofort und wappnete sich gegen eine entsprechende Antwort, Swiftbourne hingegen sagte eine Weile lang gar nichts.
    „Das Kind ist in Sicherheit“, sagte er schließlich. „Jetzt müsst Ihr zurückkommen ins Warme. Wenn Jack gewusst hätte, dass Ihr hier seid, hätte er Euch nicht in Kälte und Dunkelheit stehen lassen. Wann wird das Baby kommen?“
    Seine Frage überraschte Temperance. Hatte er gehört, wie Jack mit Toby sprach? Oder hatte er es sich gedacht?
    „Ende Mai“, sagte sie. Sie fragte sich, wie er mit dieser Information umgehen würde.
    „Ich habe acht lebende Enkelkinder“, sagte er. „Und bisher – soweit ich weiß – vier Urenkel. Aber nur Toby lebt in England. Ich freue mich auf das neue Baby.“
    Das war das Letzte, was Temperance von ihm erwartet hatte. Tränen brannten hinter ihren Lidern.
    „Danke, Sir“, flüsterte sie.
    „Kommt.“ Er streckte ihr die Hand entgegen,

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