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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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ihr nicht sofort ein, aber sie wusste, um wen es sich handelte – zwei oder drei Töchter der örtlichen Adligen, alle im heiratsfähigen Alter. Eine Stimme im Besonderen erkannte sie wieder, denn sie erinnerte sich an den kühlen Blick, mit dem die Besitzerin sie bei der Vorstellung bedacht hatte.
    Dorothea – das war der Name.
    „Es ist Lust“, sagte Dorothea, und ihre Stimme klang verächtlich. „Er wird ihrer bald überdrüssig werden. Im Frühling besucht er wieder Anne Lidstone, denkt an meine Worte.“
    „Heute ist niemand von ihrer Familie hier. Ich glaube, sie ist nicht einmal von Adel. Es ist eine Beleidigung für alle, dass sie von nun an über uns stehen wird“, sagte ein anderes Mädchen.
    „Aber hast du gesehen, wie er sie nach der Trauung geküsst hat?“, fragte ein drittes Mädchen. „Er ist so leidenschaftlich und sieht so gut aus …“
    „Und er ist ein reicher Duke“, warf das zweite Mädchen ein.
    „Ein vulgäres Schauspiel!“, fuhr Dorothea sie an. „Sie ist schamlos. So hat sie ihn eingefangen. Vermutlich hat sie ihn mit ihrem gewöhnlichen Charme betört, bis er sie heiraten musste, um sie besitzen zu können. Jetzt steht sie ihm immer zur Verfügung, und bald wird er sich langweilen.“
    „Aber sie wird seine Duchess bleiben“, erwiderte das Mädchen, das Jack als leidenschaftlich und gut aussehend bezeichnet hatte. „Und du wirst einem weniger wertvollen Fang nachjagen müssen, nicht wahr, Dorothea?“
    Die Stimmen kamen näher. Temperance schreckte aus ihrer Starre. Dieses Mal verließ sie ihre Bereitschaft, Schwierigkeiten mutig entgegenzutreten. Sie machte kehrt und rannte davon, ehe die Mädchen merkten, dass sie sie belauscht hatte.
    Eine Frage ging ihr nicht aus dem Kopf: Wer war Anne Lidstone?
    Jack durchquerte die große Halle auf der Suche nach Temperance. Der Friedensrichter hatte ihn aufgehalten, und sie war verschwunden, ehe er das Gespräch hatte beenden können. Gerade wollte er Lady Desirée fragen, ob sie wusste, wohin Temperance gegangen war, da sah er, wie sie in den Salon zurückkam.
    Bei ihrem Anblick tat sein Herz einen Sprung. In dem cremefarbenen und goldenen Brokat sah sie schön und majestätisch aus, aber die Einzelheiten ihrer Erscheinung bemerkte er kaum. Es war ihre Anwesenheit am anderen Ende des Raumes, die ihn mit Freude erfüllte. Er ging auf sie zu und stellte fest, dass er lächelte wie ein verliebter Bräutigam an seinem Hochzeitsabend, als er die leise geäußerten Scherze ein paar männlicher Gäste in der Nähe hörte.
    Hochzeiten neigten immer dazu, groben Humor hervorzurufen, und Jack wollte nicht, dass die kommende Zeremonie des Zubettgehens für Temperance unangenehmer war als unbedingt nötig. Er setzte eine abweisende Miene auf. Bald würden sie allein sein können. Zuerst wollte er sich vergewissern, dass Toby in Isaacs Fürsorge gut aufgehoben war, und dann würde die Nacht ihm und Temperance gehören.
    Temperance hatte sich gezwungen, nach der kurzen Abwesenheit auf das Fest zurückzukehren. Es ärgerte sie zusehends, dass sie sich nicht erinnern konnte, wo sie den Namen Anne Lidstone schon einmal gehört hatte. Nach der Stille in ihren Gemächern erschien ihr der Lärm auf dem Fest noch lauter als vorher. Sie hatte ihr ganzes Leben im Herzen Londons verbracht, und doch hatte sie sich von den anderen Leuten nie so bedrängt gefühlt wie an diesem Abend. In London war sie nur ein Teil der Menge gewesen. Jetzt wusste sie, dass die Blicke aller auf sie gerichtet waren. Vielleicht verglichen die Gäste genau wie Dorothea ihre Reize mit der der unbekannten Anne Lidstone. Sie fragte sich, ob sie jemals wieder in der Lage sein würde, sich in Gesellschaft entspannt zu fühlen.
    Trotz allem empfand sie bei Jacks Anblick Freude und Erleichterung. Selbst in seiner großartigsten Kleidung war er ihr inzwischen vertraut und lieb geworden. Sie musste sich sehr zurückhalten, um nicht auf ihn zuzulaufen. Natürlich konnte er sie nicht von der Feier wegbringen, aber wenn er nur eine kleine Weile an ihrer Seite blieb, würde sie sich weitaus wohler fühlen. Jack kannte jeden und wusste immer, was er sagen sollte.
    Er lächelte sie an und schien sich so sehr zu freuen, dass Hoffnung ihr Herz erfüllte. Dann jedoch veränderte sich seine Miene, wurde beinahe ausdruckslos, während sein Blick auf ihr Gesicht gerichtet blieb. Der Wandel von Freude zu so etwas wie Langeweile traf sie wie ein Schock. Temperance stockte der Atem, so verwirrt war

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