Die Braut fuer eine Nacht
aber noch immer in den Armen. Er atmete heftig. Einen Augenblick lang glaubte Kelly, er würde sie hochheben, zum Bett tragen und ihr die Entscheidung abnehmen. Sie wünschte es sich geradezu. Doch dann sah sie, wie er sich zusammenriss.
„Derringers sind tödlich, kleines Mädchen", flüsterte er, und seine Hand schloss sich um ihren Oberarm. „Sie sind klein, weil sie für den Nahkampf gedacht sind. Wenn man sie richtig benutzt, kann man sich auf sie verlassen." Er blickte auf ihren Mund, und Kelly wartete mit angehaltenem Atem darauf, dass er sie noch einmal küsste.
Aber er ließ sie los. Ihre Knie zitterten so, dass sie beinahe gefallen wäre.
Steve war schon an der Tür, als er sich noch einmal zu ihr umwandte.
„Kelly?"
Sie blickte ihn an.
„Und sie schießen zweimal."
Fantastisches Essen, wunderbares Wetter, zauberhafte Musik - aber Kelly fühlte sich elend.
Während der Überfahrt zu der Insel hatten sie und Steve in eisigem Schweigen nebeneinander gesessen. Selbst Donatella war das aufgefallen, sie hatte Kelly mit einem boshaften Lächeln bedacht.
Auch Dimitri musste etwas gespürt haben, denn er behandelte Kelly heute Abend besonders zuvorkommend.
„Sie haben ja Ihr Essen kaum angerührt, Kelly. Hat es Ihnen nicht geschmeckt?"
„Doch, es war sehr lecker."
Dimitri zögerte. „Hat es etwa einen Streit zwischen euch gegeben?"
„Einen großen."
„Eine Ehe hält so etwas aus."
„Diese Ehe nicht." Kelly war viel zu verärgert, um darauf zu achten, was sie sagte.
Wenn Steve seine Rolle nicht bekam, war das sein persönliches Pech.
„Das glauben Sie ... Aber in jeder Ehe gibt es Höhen und Tiefen. Sie werden das überleben, meine Liebe, machen Sie nicht mehr daraus, als es ist. Bitten Sie Ihren Mann, mit Ihnen zu tanzen."
„Eher würde ich einen Elefanten bitten zu fliegen."
Dimitri lachte auf, dann wischte er sich die Augen. „Ich will mich nicht über Sie lustig machen, aber Sie erinnern mich an Tina. Sie war auch so temperamentvoll. Einmal hat sie ein ganzes Service zerschlagen."
„Wir hätten uns wahrscheinlich wunderbar verstanden."
„Probieren Sie unseren Ouzo, Kelly. Ein Hobby sollte jeder Mensch haben." Seine dunklen Augen blitzten, und plötzlich schämte sich Kelly. Sie sah zu Steve hinüber, der sich absichtlich an einen anderen Tisch gesetzt hatte und ihr böse Blicke zuwarf.
Pah. Sie nahm das kleine Glas, das Dimi ihr reichte, und leerte es mit einem einzigen Schluck.
Das wird ja immer schlimmer, dachte Steve. Erst besteht sie darauf, dieses Kleid anzuziehen, und jetzt betrinkt sie sich absichtlich. In Gesellschaft all dieser lüsternen Männer kann das gefährlich werden. Sie glaubt, sie sei weltgewandt, aber in Wirklichkeit ist sie naiv. Sie hat keine Ahnung, wie sehr ihre Freundlichkeit und ihr Charme missverstanden werden können.
Er überlegte, ob er Kelly ihrem Schicksal überlassen sollte. Nein, das würde er nicht fertig bringen.
Sollte sie sich ruhig ein bisschen austoben! Er jedenfalls würde sie ständig beobachten und sie dann später sicher ins Bett bringen. Immerhin waren sie beide erwachsene Menschen. Sie würden es schon aushalten, noch einmal eine Nacht im selben Zimmer zu schlafen, auch wenn sie einander nicht ausstehen konnten.
Drei Gläser Ouzo später sah die Welt für Kelly gar nicht mehr so trübe aus.
Sie
dachte sogar daran, sich bei Steve zu entschuldigen, weil sie ihn einen Spießer genannt hatte.
Doch zunächst wollte sie sich frisch machen.
Während sie sich in dem kleinen Spiegel über dem Waschbecken betrachtete und dann in ihrer Tasche nach dem Lippenstift suchte, fiel ihr das Fläschchen mit dem Liebestrank in die Hand, das sie in Honolulu gekauft hatte.
Sie nahm es heraus, und während sie es betrachtete, dachte sie: Warum eigentlich nicht? Schließlich habe ich nichts mehr zu verlieren.
Sehr stark, hatte der alte Orientale gesagt. Nur ein paar Tropfen in Kaffee, Tee oder Saft.
Kaffee. Das war es. Sie hatte gesehen, wie ein Kellner Steve nach dem Essen eine Tasse Kaffee gebracht hatte.
Die Nacht war noch jung. Mit neu erwachter Hoffnung puderte Kelly sich die Nase, dann nahm sie das Fläschchen in die Hand und ging.
„Steve, du wirst dich noch wundern ...", murmelte sie.
Steve ließ Kelly nicht aus den Augen.
Nun gut, er würde sich bei ihr entschuldigen. Dir aber gleichzeitig deutlich machen, dass sie ihn in eine unmögliche Lage gebracht hatte.
Sie konnte nicht von ihm erwarten, dass er ihr die Jungfräulichkeit
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