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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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versucht, aus einem der Fenster zu entwischen. Ich habe keine Pistole, du hast eine. Ich will, dass du sie in der Hand hältst, aber ich will nicht, dass du schießt. Nur, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Hast du verstanden?!»
    «Ja», sagte Toller. «Sie haben mich gerade geduzt.»
    «Ja», sagte Marthaler, «ich bleibe hier drin. Du gehst denselben Weg zurück, den wir gekommen sind. Versuch dir ein Bild zu machen, in welche Richtung er fliehen könnte. Dann klopfst du an die Haustür und forderst ihn auf, mit erhobenen Händen herauszukommen. Alles Weitere können wir nicht planen.»
    Marthaler schlich sich durch den dunklen Flur so leise wie möglich an die tote Tür an. Dort teilte sich der Gang. Er konnte nach rechts oder nach links gehen. Um nicht die falsche Entscheidung zu treffen, beschloss er, an Ort und Stelle zu warten. Er lauschte. Er meinte, das leise Klappern einer Computertastatur zu erkennen. Dann klopfte Toller an die Haustür. Das Klappern hörte auf. Ein Stuhl wurde verrückt, jemand stand auf und ging durch den Raum.
    Marthaler hörte eine tiefe Männerstimme: «Wer ist da?»
    Aber Toller antwortete nicht. Für ein paar Sekunden herrschte Stille, dann klopfte es wieder.
    Die Stimme wurde lauter. «Verdammt nochmal, wer ist da?»
    Toller machte es richtig. Er gab sich auch jetzt nicht zu erkennen, sondern versuchte, Drewitz zu verunsichern. Statt ihnin die Flucht zu jagen, wollte er ihn zwingen, nach draußen zu kommen und nachzuschauen, wer etwas von ihm wollte. Tollers Plan schien aufzugehen. Nach etwa einer halben Minute hörte Marthaler, wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Im selben Moment ertönte die laute Stimme seines Kollegen: «Polizei! Heben Sie die Hände, und verlassen Sie langsam das Haus!»
    Dann ging alles sehr schnell. Marthaler hörte Kampfgeräusche, unterdrückte Rufe, ein dumpfes Poltern. Offensichtlich war es Toller gelungen, in das Haus einzudringen. Marthaler entschied, durch die Fabrikhalle zurück ins Freie zu laufen, um seinem Kollegen zu Hilfe zu eilen. Er hatte sich gerade umgewandt, als er Toller von hinten schreien hörte: «Marthaler! Vorsicht!»
    Marthaler machte einen Sprung zur Seite. Noch während er zu Boden fiel, spürte er, wie etwas von hinten dicht an seinem Kopf vorbeisauste. Dann hörte er ein lautes Krachen. Ein schwerer Gegenstand war neben ihm in den Boden eingeschlagen. Sein Herz pumpte. Er lag auf der Seite und atmete schwer. Die Schürfwunde an seinem Rücken schmerzte, aber er war unverletzt. Jemand war an ihm vorbeigelaufen. Also hat es doch noch eine offene Tür gegeben, dachte er.
    «Es ist nichts», sagte er, als Toller sich über ihn beugte. «Es geht mir gut.»
    Als er das dicke Moniereisen sah, das neben ihm auf dem Boden lag, wurde ihm schlecht. Und noch im selben Moment wurde ihm klar, dass Toller ihm wahrscheinlich das Leben gerettet hatte. «Beeil dich! Kümmer dich nicht um mich. Du musst ihn kriegen. Ich nehme den Wagen.»
    Marthaler stand auf. Er verließ das Gebäude über die Fabrikhalle. Dann stand er auf der Straße. Die kalte Nachtluft tat ihm gut. Die Tür des kleinen Hauses war nur angelehnt. Aus dem Inneren fiel ein Lichtschein auf die Fahrbahn. EinenMoment lang war er versucht, in das Gebäude zu gehen, um zu sehen, was Drewitz dort gemacht hatte. Aber das hatte Zeit. Jetzt mussten sie die Verfolgung aufnehmen. Er setzte sich in den Daimler, forderte Verstärkung an und gab die Anweisung, das gesamte Gebiet des Osthafens abzusperren. Als er das Gespräch beendet hatte, fuhr er los.
    Dann hörte er die Explosion. Im Rückspiegel sah er, wie der Dachstuhl des Hauses auseinander gerissen wurde. Helle Flammen schossen in die Luft. Kurz darauf brannte das gesamte Gebäude.
    Er raste durch die Schmickstraße. Ein paar hundert Meter weiter vorne sah er einen Mann durch die Dunkelheit laufen. Als er ihn erreicht hatte, erkannte er, dass es Toller war. Marthaler ließ die Scheibe herunter.
    «Fahr weiter», schrie Toller. «Fahr Richtung Honsellbrücke. Er kann nicht weit sein. Versuch, ihm den Weg abzuschneiden.»
    Drei Minuten später hatte Marthaler die Brücke erreicht. Er stellte den Wagen ab und schaltete die Scheinwerfer aus. Er stieg aus und wartete. Jetzt hörte er, wie sich die Martinshörner näherten. Kurz darauf rasten zwei Streifenwagen an ihm vorbei.
    Dann sah er Drewitz. Fünfzig Meter von Marthalers Standort entfernt überquerte er die Brücke. Er kletterte über ein Geländer und war im selben

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