Die Braut sagt leider nein
gestanden«, sagte sie. »In dem Auto meiner Schwester, mit Sonnenbrille und Zeitung.«
»Nein!«, sagte ich.
»Findest du das schäbig? Sicher findest du das. Es ist ja auch so was von erniedrigend.« »Aber nein!«, rief ich entsetzt.
»Doch«, sagte Hanna. Sie flüsterte plötzlich. »Es war so was von erniedrigend. Von zehn bis drei Uhr nachmittags hat sich überhaupt nichts getan. Ich habe Radio gehört und meinen Proviant verzehrt. Ich kam mir so was von blöde vor.«
Sie legte ein kleines Notizbuch aufgeschlagen vor sich auf den Schreibtisch. Ihre Stimme wurde noch leiser. »Um fünfzehn Uhr dreiunddreißig betrat eine Blondine das Haus, und um fünfzehn Uhr vierundfünfzig kam sie mit Heiko am Arm wieder heraus.«
»O mein Gott«, sagte ich ebenfalls flüsternd. »Und wo sind sie hingegangen?«
»Weiß ich doch nicht«, sagte Hanna, plötzlich in normaler Lautstärke. »Meinst du, ich hätte auch noch eine Verfolgungsjagd mit dem Auto riskiert? Nein, ich habe gewartet, bis sie wiederkamen. Um siebzehn Uhr dreiundvierzig betraten sie das Haus erneut, und diesmalküssten sie sich auf dem Weg vom Auto bis zur Haustür dreimal. Dabei habe ich gesehen, dass es keine echte Blondine war. Sie hatte einen dunklen Haaransatz.« »Und dann?«
»Dann blieben sie im Haus.« Sie blickte wieder auf ihre Aufzeichnungen. »Um siebzehn Uhr sechsundfünfzig ging das Licht in der Küche an, um achtzehn Uhr vierzig ging es wieder aus.«
»Ja und?«
»Um zweiundzwanzig Uhr drei bin ich gefahren. Es war kalt, und im Grunde wusste ich ja auch, was ich wissen wollte.«
»Warum bist du nicht in die Wohnung gestürmt und hast ihm eine Kugel in die Brust geschossen?«, fragte ich.
Hanna grinste auf. »Erstens hatte ich keinen Schlüssel und zweitens keine Pistole. Außerdem wollte ich nur nach Hause ins Bett.«
Ich beugte mich vor und streichelte ihre Hand. »Tut mir Leid, wenn ich daran gezweifelt habe. Heiko ist wirklich ein Arsch. Er hat so was Tolles wie dich gar nicht verdient.«
»Weiß ich ja auch«, sagte Hanna, und ihre Augen wurden feucht. -Aber das Schlimmste weißt du ja noch gar nicht. Ich habe das ganze Wochenende darüber nachgedacht, wie ich Heiko das heimzahlen soll. Ich meine, wirklich heimzahlen! Ich wollte die Beziehung mit Stil beenden, und zwar so, dass er es im Leben nicht vergessen und mir auf ewig nachtrauern würde. Die allerschönsten Ideen hatte ich, wirklich. Ich wollte wenigstens sagen, ich hätte einen anderen, viel tolleren Mann kennen gelernt, der all das habe, was er nicht habe. Das hätte ihm garantiert das Herz gebrochen, eitel wie er ist.«
Sie machte eine kurze Pause. »Aber dann, Sonntagnachmittag, stand er auf einmal vor der Tür. Mit sooo einem langen Gesicht. Er müsse mit mir reden, sagte er. Und ehe ich überhaupt selber aktiv werden konnte, gestand er mir, sich in eine andere Frau verliebt zu haben.«
»O nein«, sagte ich mitleidig.
»Er wolle mir nicht weh tun, hat er gesagt, aber unter diesen Umständen wäre es doch besser, unsere Beziehung zu beenden. Katrin, so heißt seine Neue, wäre für Offenheit und Ehrlichkeit, sie würde mir sicher gefallen, wenn ich sie kennen lernte. Und ich habe immer noch nichts gesagt, die ganze Zeit über nicht ein Wort.«
»Aber du hast nach der Pfanne gegriffen?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Nein, dazu hatte ich keine Gelegenheit mehr. Heiko hatte keine Zeit. Katrin wartete unten im Wagen, sie wollten gemeinsam zu seinen Eltern fahren. Bei Gelegenheit würde er anrufen, hat er gesagt, und dann war er auch schon aus der Tür. Ich habe vierzehn Stunden ununterbrochen geheult, wie man ja wohl sieht. Tja, so viel dazu.« Sie presste sich ein Erfrischungstuch auf die Augen. »Und wie war dein Wochenende?«
»Möglicherweise bin ich schwanger«, sagte ich.
»Wie viel Tage über die Zeit?«, wollte Hanna wissen.
»Noch keinen«, sagte ich. »Heute ist der achtundzwanzigste Tag. Aber ich fühle mich so seltsam.«
»Weil Dienstag ist«, sagte Hanna beruhigend, »und deine Mütter jeden Augenblick ihre Bälger um die Ecke schieben.«
»Das ist es nicht«, widersprach ich und dachte an das geplatzte Kondom, das Kondom des Grauens. »Stiftung Warentest sehr gut, stell dir das mal vor.«
Hanna, die sich die Geschichte schon ein paar Mal hatte anhören müssen, kicherte ein wenig. »Ich kann das immer noch nicht glauben. Ihr müsst Unerhörtes damit angestellt haben, wenn man sich überlegt, welch unglaublich harten Tests diese Dinger
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