Die Braut sagt leider nein
»Die meiste Arbeit hat die Sitzordnung gemacht.«
»Die macht auch Hilde für uns.«
»Das kann ja heiter werden«, sagte Horst und erhob sich. »Ich möchte wissen, in welche Ecke wir gesetzt werden. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.«
Schlimm genug, dass du überhaupt kommst, dachte ich und trat Alex unter dem Tisch auf den Fuß. Er grinste mich müde an. Für heute hatte er sein Pulver offenbar verschossen.
»Wir haben bei unserer Hochzeit die Sitzordnung zusammen mit den Einladungen verschickt«, erklärte Carola. »Da wusste jeder Gast von vorneherein, wo er zu sitzen hatte.«
Ihr Mann kam aus dem Haus zurück, das dicke Kind war offenbar schnell eingeschlafen. Horst legte frische Rippchen auf den Grill.
»Und wo sitzen wir?«, fragte Carola. »Hoffentlich nichtin der Nähe von Rauchern. Calvin verträgt keinen Qualm, gell, Tommy?«
»Hä?«, fragte ich. Carola und Tommy standen definitiv nicht auf der Gästeliste. Warum auch? Aber vielleicht hatte ich mich ja nur verhört. Ich starrte Alex an. Er schaufelte sich den Teller voll mit Endiviensalat und schwieg. Dabei hasste er Endivien.
»Ihr sitzt selbstverständlich bei uns«, sagte Horst zu Carola. »Ihr kennt ja sonst niemanden auf der Feier.«
Uns eingeschlossen. Wir sahen die beiden mit den ulkigen Kappen heute zum ersten Mal in unserem Leben. Ich trat unter dem Tisch weiter nach Alex' Fuß. Er sagte nichts, er hatte den Mund voller Salat, den er widerwillig zerkaute. Fast konnte man glauben, er sei mit seinen Gedanken woanders.
»Calvin braucht natürlich einen Kinderstuhl«, fuhr Carola fort. »Wir könnten unseren mitbringen, falls das Restaurant keinen hat.«
Ich trat ein Loch in Alex' Schuh, aber erst als ich mit meinem Absatz loshackte, hob er den Blick. Ich sah ihn auffordernd an.
»Ähm«, sagte ich und räusperte mich ausgiebig.
»Noch ein Rippchen?«, frage Alex' Vater.
Ich verstärkte den Druck auf meinen Absatz.
»Nein, danke«, sagte Alex und sah mich an. »Worum geht es überhaupt?«
»Carola und Tommy wollen bei unserer Hochzeitsfeier einen Kinderstuhl haben«, informierte ich ihn.
»Aber die sind doch gar nicht eingeladen«, sagte Alex unverblümt. »Oder doch?«
Tommy zeigte keinerlei Reaktion, aber Carola zuckte zusammen. Sylvia sah immer noch angelegentlich auf das Rosenspalier. Ich schüttelte schadenfroh den Kopf.
»Carola, Tommy und Calvin gehören zur Familie«, sagte Horst streng.
Alex stützte beide Hände auf die zartgelbe Leinendecke und erhob sich. »Zu deiner Familie, Horst, aber nicht zu meiner. Ich möchte mir die Gäste auf meiner Hochzeit selber aussuchen.«
Der Ausdruck in seinem Gesicht erfüllte mich mit wildem Stolz. Ich erhob mich ebenfalls, ging um den Tisch herum und stellte mich neben ihn, damit Horst sehen konnte, dass ich ganz auf Alex' Seite stand.
»Ich zahle ein Schweinegeld für diese Hochzeit«, sagte Horst. »Da habe ich wohl auch ein Wörtchen mitzureden. Ich kann nur sagen, ich schäme mich für dein Benehmen.«
»Das beruht auf Gegenseitigkeit«, erwiderte Alex. »Wir gehen. Danke fürs Essen.«
Horst machte Anstalten, nach seinem Arm zu greifen, aber Carola, die ihm zur Linken saß, legte ihre Hand auf seine Faust.
»Lass nur«, flüsterte sie leise. »Reg dich nicht auf, Papa.«
Papa! Sie sagte Papa zu ihm, und das, wo seine eigenen Kinder ihn Horst nennen mussten!
»Wenn ihr nicht eingeladen werdet, dann gehen wir auch nicht«, sagte er und presste seine Lippen so fest aufeinander, dass sie ganz grau aussahen. Welch unvorhergesehene freudige Wendung!
Alex tastete nach meiner Hand. »Das ist allein deine Entscheidung«, sagte er und wandte sich zum Gehen, meine Hand fest in seiner.
Im Gleichschritt verließen wir den Garten.
»Auf Wiedersehen«, sagte ich über die Schulter, aber daran glaubte ich im Grunde nicht.
»Du warst toll«, sagte ich zu Alex, als wir im Auto saßen.
»Mir ist einfach nur der Kragen geplatzt.« Alex wandte mir sein Gesicht zu. Er sah immer noch müde aus, aber die steile Falte zwischen den Augenbrauen war verschwunden. Ich fand ihn unglaublich sexy.
»Können wir nicht da vorne auf den Wanderparkplatz fahren?«
Alex grinste und gab Gas. »Im Bett ist es bequemer.«
»DU HAST IMMER noch kein Kleid?«, schrie Susanna mit überschnappender Stimme ins Telefon. »Du hast doch nur noch drei Wochen bis zum Tag X! Diese Kleider passen niemals wie angegossen, die müssen immer geändert werden.« »O weia.«
Nur noch drei Wochen bis zum Tag
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