Die Braut sagt leider nein
X, und Alex war immer noch in Karlsruhe. Seine Anwesenheit auf der Baustelle sei bis Anfang August unbedingt erforderlich, hatte er letzte Woche gesagt, und er könne sogar weder den gesetzlich genehmigten Urlaubstag für die eigene Hochzeit nehmen noch Zeit für den Kauf eines Anzugs und neuer Schuhe aufbringen. Die Karriere ginge nun mal vor.
Ich selber hatte mehr als genug damit zu tun, unsere eigene Baustelle zu betreuen - mittlerweile war bereits die Kellerdecke gegossen - und die Hochzeit vorzubereiten, auch wenn Hilde beinahe alles geregelt hatte. Obwohl wir seit dem Desaster in seinem Garten nichts mehr von Horst gehört hatten, hatte er seine Zahlungen auf das von Hilde eingerichtete Konto nicht eingestellt.
Es würde die schönste und prächtigste Hochzeitsfeier aller Zeiten werden. Hilde hatte ein altes Schloss mit See und Golfplatz ausgemacht, in dem ein Menü mit Getränken nicht unter hundert Mark pro Person kostete. Aber erstens lag das gerade noch im Rahmen des Budgets, wiesie sagte, und zweitens konnte nichts das Ambiente des alten Schlosses aufwiegen, das der Hochzeit einer Prinzessin würdig gewesen wäre. Der Spiegelsaal würde nach Einbruch der Dämmerung mit hunderten von Kerzen beleuchtet werden, die in echt silbernen Wandhaltern steckten. Die Kaffeetafel würde auf der eufeuumrankten Terrasse mit Blick auf den Park inklusive zweihundert Jahre alter Kastanien und See gedeckt werden, ganz in Grün und Weiß. Hildes Blumendekoration hatte meine Zustimmung gefunden. Sie war wirklich ein Organisationstalent mit Geschmack, zum Weiterempfehlen tüchtig. Sie war es auch, die das Problem mit Alex' Garderobe löste. Sie kaufte einen hellgrauen Dreiteiler und ein entzückend altmodisches weißes Hemd für Alex.
»Mit einem Vatermörderkragen«, sagte sie stolz. »Von Horst und Sylvia ist noch immer keine Zusage gekommen. Es wird ein wunderschönes Fest werden.«
Hilde hatte auch eine Band organisiert. Es waren die Instrumentalisten von The Piano has been Drinking, nur mit einem anderen Frontsänger. Sie kosteten viertausend Mark für den Abend, aber Hilde sagte, sie seien Horsts Geld absolut wert.
Der Hochzeitstisch im Kaufhaus war fast leergekauft. Ich musste hinfahren und ihn ergänzen. Etwas in Eile wählte ich ein schnurloses Telefon, eine blauweiß gestreifte Thermoskanne, einen Rasenmäher, einige Schneekugeln für meine Schneekugelsammlung sowie einen Bildband über Irland.
Mit Erstaunen hatte ich festgestellt, dass sich fast alles auch ohne Alex' Anwesenheit regeln ließ, selbst die kompliziertesten Dinge. Mit den Maurern auf unserer Baustelle war ich mittlerweile per du. Wenn ich vorbeikam, um zu schauen, ob die Fenster an der richtigenStelle ausgespart worden waren, tranken wir ein Malzbier aus der Flasche zusammen und hielten Fachgespräche über Ringanker und Moniereisen, und dann lachten die Maurer und sagten, ich sei eine ulkige Marke.
Auch alles andere hatte ich gut im Griff. Die Bank hatte ich ein paar Wochen vertröstet, der neue Notartermin wegen der Grundbucheintragung war morgen, aber damit würde dann auch die allerletzte Formalität geregelt sein.
Der Einzige, der Alex' Anwesenheit in dieser Zeit für unbedingt erforderlich hielt, war der Pfarrer, der uns trauen sollte.
»Wenigstens einmal möchte ich den jungen Mann vorher persönlich sehen«, sagte er streng. »Ich kann Ihnen kein Eheversprechen abnehmen ohne ein vorheriges Gespräch. Und das Hochzeitsprotokoll muss von beiden unterschrieben werden. Das ist eine Vorschrift, die selbst Sie nicht einfach umgehen können.«
»Erklären Sie mir das Notwendige«, bat ich ihn. »Ich werde Alex den Ablauf der Zeremonie rüberfaxen, und er wird alles auswendig lernen, das verspreche ich Ihnen. Und einen Tag vorher kommen wir beide noch einmal vorbei, und dann können Sie ihn ja persönlich kennen lernen und letzte Instruktionen erteilen.«
»Also gut«, murrte der Pfarrer. »Obwohl das ja sehr ungewöhnlich ist, wenn Sie mich fragen.«
Ich hatte also wirklich alles im Griff, das Einzige, was fehlte, war mein Hochzeitskleid.
»Das Ändern kostet nichts extra«, sagte Susanna am Telefon. »Mein Kleid wurde auch geändert. Eigentlich hatte ich vor, bis zur Hochzeit noch fünfzehn Kilo abzunehmen, aber die Frau im Laden sagte, es ist besser, sich nicht darauf zu verlassen.«
»Ich war schon in drei Brautmodengeschäften, und ich habe nicht ein Kleid gesehen, das mir gefallen hätte«, sagte ich nachdenklich. Ich suchte nach
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