Die Braut sagt leider nein
ihn.«
Aber ein nettes Gespräch unter vernünftigen Erwachsenen, das mit dem klassischen Versprechen endete, Freunde zu bleiben, war in diesem Fall nicht angebracht.
»Ich würde auf jeden Fall bis zur Hochzeit dichthalten«, sagte Hanna nachmittags bei Kaffee für sie und Pfefferminztee für mich. Wir saßen auf der Schlafcouch, die jetzt mein Bett war, die Katze jagte Papierbällchen durch die Wohnung, und der CD-Player gab die Jupitersinfonie zum Besten, weil Hanna gelesen hatte, dass der Fötus im Mutterleib am liebsten Mozart höre. Draußen regnete es.
»Erst in allerletzter Minute würde ich ihm sagen, dass aus der Hochzeit vorerst nichts wird.«
Das war genau das, was ich bereits erwogen hatte. Erst in allerletzter Sekunde.
»Ich könnte nein sagen«, schlug ich vor. »Am Altar. Vor allen Leuten. Und dann schlage ich Alex seinen Brautstrauß um die Ohren. Wenn er sich die Dornen aus der Backe gepult hat, geht ihm die ganze Misere auf: Braut weg, Haus weg, Geld weg, Katze weg! Und eine Klage wegen Unterhaltszahlung auf dem Tisch.«
Hanna schüttelte den Kopf. »So geht das nicht. Dukannst erst in der Kirche getraut werden, nachdem du von einem Standesbeamten rechtmäßig verheiratet worden bist. Das weiß ich definitiv.«
»Oh«, sagte ich enttäuscht. »Die gleiche Szene auf dem Standesamt ist nur halb so wirkungsvoll.«
»Das ist wohl wahr«, stimmte Hanna zu. »Ich habe mir das auch schon tausendmal ausgemalt.«
»Was?«
»Meine Hochzeit«, sagte Hanna. »Sie ist wundervoll. Heiko trägt einen schwarzen Gehrock, seine Katrin hat ihn nach ein paar Tagen zu Tode gelangweilt, er hat erkannt, nur ich bin die Frau, mit der er alt werden will, und deshalb möchte er mit mir den Bund fürs Leben schließen. Auf Knien hat er mich darum gebeten, und schließlich habe ich Ja gesagt, nur um meine Ruhe zu haben. Mein Kleid ist bodenlang und schneeweiß, mit einer altmodischen Korsage geschnürt, in der ich einen richtig üppigen Busen habe, ich trage meine Haare hochgesteckt zu einem Ballettknoten, ganz schlicht, und eine einzige weiße Rose leuchtet in meinem Haar.«
Ich lächelte gerührt. Dass selbst die nüchterne, praktische Hanna Fantasien von einer Hochzeit in Weiß hatte, tröstete mich.
»Der Pfarrer sagt diesen schönen Satz, den er im wirklichen Leben niemals sagt«, fuhr Hanna fort. »Wer gegen diese Verbindung Einspruch zu erheben hat, der tue das jetzt oder schweige für immer. Und dann stürzt jemand in die Kirche, bei mir ist es immer Manfred Biergans, mit dem war ich in der Tanzschule. Er war sehr, sehr gut aussehend, ich war jahrelang in ihn verliebt. Auf jeden Fall, Manfred Biergans steht also auf der Schwelle und ruft: «Ich erhebe Einspruch. Die Braut gehört mir! Sie ist viel zu schade für diesen Typ.« Und dann seheich bedauernd zu Heiko auf und sage: >Sorry, aber Manfred hat ältere Rechte.« Heiko verzieht sein Gesicht zu einer weinerlichen Grimasse. >Bitte nicht<, flüstert er, >bitte nicht.< Aber Manfred und ich verlassen die Kirche Hand in Hand, und alle meine Freunde applaudieren.«
Sie machte eine kurze Pause. »Wochen später höre ich, dass Heiko von der Brücke springen wollte, erst in letzter Minute konnte er gerettet werden. Jetzt lebt er in einer Nervenheilanstalt, und das einzige Wort, das er spricht, ist mein Name.«
»Schön«, sagte ich. »Wirklich schön. Meinst du, dieser Manfred Biergans stellt sich auch für meine Hochzeit zur Verfügung? Vielleicht, wenn wir ihm was zahlen?«
Hanna kicherte. »Ich habe aufgehört, diese Rolle mit Manfred zu besetzen, seit ich ihn vor kurzem bei der Post hinterm Schalter habe sitzen sehen. Er ist dick geworden und hat kaum noch Haare, und er trug genau die Art von Lederblouson, die ich nicht leiden kann. Nein, da müssen wir uns nach was Besserem umsehen.«
Ich seufzte. »Dummerweise kenne ich keinen anderen Mann. Jedenfalls keinen, der besser aussieht als Alex.«
»Es reicht auch, wenn du einfach nur nein sagst«, meinte Hanna. »Du erfüllst damit die Wünsche mindestens der Hälfte aller Hochzeitsgäste. Jeder zweite Europäer wünscht sich, eine solche Szene einmal live zu erleben.«
»Aber gerade hast du gesagt, man könne nur kirchlich getraut werden, wenn man vorher bereits standesamtlich verheiratet wurde. Also wäre das bloß die reine Show und völlig überflüssig.«
Hanna nickte nachdenklich. »Das stimmt. Dadurchwürde die ganze Sache nur peinlich werden. Aber wenn du schon beim Standesamt Nein sagst,
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