Die Braut von Rosecliff
ihrem Vorbild nacheifern – Josselyn.
Randulf Fitz Hugh wartete sehnsüchtig auf Joss e lyns Ankunft im Lager. Am vergangenen Abend hatte er seinen Männern streng befohlen, die einheimischen Frauen nicht zu belästigen oder gar zu vergewaltigen. Jeder, der diesem Befehl zuwider handelte, würde hart bestraft werden. Er hatte nichts dagegen, wenn die Männer den Waliserinnen Münzen oder Lebensmittel anboten, um ans Ziel ihrer Wünsche zu gelangen, doch die Frauen mussten willig sein und durften nicht bedroht oder ei n geschüchtert werden.
Nach dieser eindringlichen Ermahnung hatte er selbst die halbe Nacht wach gelegen und sich gefragt, ob Josselyn mit den rabenschwarzen Haaren und strahlend blauen Augen käuflich war, ob sie sich ihm um den Preis einiger Münzen hingeben würde.
Osborn hatte ihn gewarnt, es sei unklug, Feinden zu erlauben, im Lager ein und aus zu gehen, aber Rand machte sich darüber keine Sorgen. Josselyn war schließlich nur eine Frau, zwar neugi e rig genug, um die Engländer aus der Ferne zu beobachten, und tap fer genug, um einem Kind zu Hilfe zu eilen, aber trotzdem nur eine Frau, die ihnen nicht gefährlich werden konnte.
Doch was für eine Frau! Sie hatte volle Brüste und eine schmale Taille, die er bestimmt mit den Händen umfassen könnte. Ihre Beine waren lang und vermut lich wohlgeformt, und in seinen Trä u men hatte sie diese schönen Beine um seine Hüften geschlungen, während er sie kraftvoll in Besitz nahm.
Es war ein Segen, dass sie fließend Französisch sprach, denn das lieferte ihm einen willkommenen Vorwand, Zeit mit ihr zu verbringen. Er hielt es wirk lich für sehr wichtig, Walisisch zu lernen, aber im Augenblick lag ihm viel mehr daran, leidenschaf t li ches Stöhnen und gebrochene Schreie aus Josselyns Mund zu hören als die einheimischen Bezeichnungen für Bäume, Gebäude oder Na h rungsmittel.
Missmutig rieb Rand sich den Nacken. Es war ver dammt kalt in dieser Einöde, doch sobald er an die schwarzhaarige Schönheit dachte, wurde ihm so heiß, als wäre er ein Eber in der Brunst.
Um nicht ständig an das Mädchen zu denken, blick te er in die Runde. Sein Zelt stand an der Stelle, wo die große Halle entstehen sollte. Die innere Burgmauer würde den steilen Hügel wie ein Ring umschließen, darunter die äußere Mauer. Und am Fuße des Hügels würde eines Tages die Stadt liegen, in der Menschen walisischer und englischer He r kunft lebten. Über der ganzen Anlage würde sein Banner mit dem roten Wolf wehen…
Er hatte allerdings nicht die Absicht, dann noch hier zu sein. Sobald die Festung erbaut war, die König Heinrichs Machta n spruch auf dieses unwirtliche Land demonstrieren sollte, würde er nach London zu rückkehren und für seine Leistu n gen reich belohnt werden…
»Macht steht immer auf tönernen Füßen…«, sagte eine Sti m me irgendwo zu seiner Linken, und Rand zuckte erschrocken zusammen und wirbelte auf dem Absatz herum, die Hand am Schwertgriff.
Newlin stand regungslos da und fixierte ihn mit seinen u n heimlichen farblosen Augen, denen nichts entging, obwohl sie in zwei verschiedene Richtungen zu schauen schienen. Unwil l kürlich lief Rand ein kalter Schauer über den Rücken. Konnte der Barde etwa Gedanken lesen? Besaß er wirklich die magischen Kräfte, die sowohl Walisern als auch Engländern eh r fürchtige Scheu einflößten?
»Jeder Mann strebt nach mehr Macht, als er bereits besitzt«, behauptete Rand trotzig.
Newlin zuckte mit einer Schulter. »Ein vernünftiger Mann b e herrscht seine Gelüste, anstatt sich von ihnen beherrschen zu lassen.«
Rands Augen verengten sich zu Schlitzen. Wäre ihm nicht so viel an einem friedlichen Zusammenle ben mit den Walisern g e legen gewesen, hätte er New lin einfach nicht beachtet. Aber der verkrü p pelte Zwerg wurde von seinen Landsleuten nun einmal als Weiser verehrt, und außerdem musste Rand seinen Männern beweisen, dass er im Gegensatz zu ihnen keine Angst vor dem Barden hatte, dass er gegen tö richten Aberglauben g e feit war.
»Erzähl mir etwas über diese Frau namens Josse lyn«, forde r te er Newlin auf. »Sie hat sich bereit er klärt, mir eure Sprache beizubringen. Warum war sie bei dem Treffen mit Clyde ap Ll e welyn als Mann verkleidet?«
Newlin lächelte. »Josselyn… Ja, jetzt ist sie eine Frau, aber ich sehe immer noch das Waisenkind vor mir, das eines Tages schluchzend auf dem dornen lag.«
»Hast du sie quasi adoptiert?«
»Wir alle haben sie adoptiert. Von mir
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