Die Braut von Rosecliff
hat?«
»Lerne seine Sprache. Das könnte für uns in der Zu kunft sehr nützlich sein. Deute einfach auf verschie dene Dinge – so.« Sie warf Odo einen erwartungsvol len Blick zu und klopfte auf e i nen schweren Sack. »Blawd.«
»Was? Ach so, ich verstehe. Das ist Mehl«, ve r kün dete er strahlend.
»Siehst du?«, sagte Josselyn zu Gladys. »Blawd heißt in ihrer Sprache Mehl. Merk es dir gut.«
Gladys fand sich mit ihrem Schicksal ab und beauf tragte Odo, Makrelen und Merlane abz u schuppen und Gemüse zu hacken, während sie zusammen mit Josselyn Brot backte.
Gegen Mittag simmerte eine herzhafte Fischsu p pe in einem riesigen Topf, ein Dutzend Brotlaibe kühlte auf dem Küche n tisch ab, ein Dutzend befand sich im Backofen, und zwei weitere Dutzend warteten darauf, gebacken zu werden.
Josselyn, Gladys und Odo schwitzten, denn es war ein milder Tag, und in der Küche war es sehr heiß, doch als Odo die Mi t tagsglocke läutete und die hung rigen Arbeiter herbeieilten, tauschten die beiden Frauen einen stolzen Blick. Eine einzige Mahlzeit für fast hundert Personen war vielleicht keine großa r tige Leistung, aber drei Mahlzeiten am Tag für so viele Männer zuzubereiten würde nicht einfach sein. Josselyn war sich jedoch sicher, dass Gladys dieser Aufga be gewachsen war.
»Ein Kompliment der Köchin«, sagte Sir Lovell und machte lächelnd eine Verbeugung vor der ält e ren Frau. Das brauchte Josselyn nicht zu überse t zen, denn Gladys erwiderte spontan das Lächeln des Baumeis ters, wandte sich aber rasch ab, als ihr bewusst wurde, dass sie einem Engländer zugel ä chelt hatte.
»Du hast mir einen großen Gefallen erwiesen, in dem du sie hergebracht hast«, flüsterte eine vertraute Stimme in Josselyns Ohr.
»Sie braucht das Geld«, erwiderte Josselyn und trat hastig e i nen Schritt zurück, weil seine Nähe sie nach wie vor verwirrte.
»Genauso wie du… Heute würde ich gern die Namen der Bäume und Tiere des Waldes lernen.«
»Einverstanden.« Josselyn löste den Knoten des Handtuchs, das sie sich anstelle einer Schürze um die Taille gebunden hatte. »Du wirst jetzt b e stimmt allein mit Odo zurechtkommen«, sagte sie auf Walisisch zu Gladys. »Geh nicht allein ins Dorf zurück – warte hier auf mich.«
Die Frau schaute ihr tief in die Augen. »Pass auf!« Sie deutete mit dem Kopf auf Fitz Hugh. »Er will von dir nicht nur unsere Sprache lernen.«
Jetzt war es Josselyn, die hastig wegschaute. Viel leicht wollte er mehr, aber er würde sein Ziel nicht erreichen! Dass Gladys, die viel mehr Erfa h rung mit Männern hatte, sie warnte, rief ihr allerdings ins Ge dächtnis, dass sie sich auf sehr schwankendem Boden bewegte. Trotzdem folgte sie dem Engländer ent schlo s sen ins Freie, nachdem sie sich ihren Umhang über die Schu l tern geworfen hatte.
»Derwen«, sagte sie und deutete auf die Eiche dicht an der Mauer, die die Engländer errichten wollten. »Hebog«, fuhr sie fort, als ein Falke erschrocken da vonflog.
»Nicht so schnell«, befahl Fitz Hugh, als sie den Hügel hi n abeilen wollte. »Lass dir Zeit. Du hast heute Vormittag schwer gearbeitet und brauchst etwas Erholung.« Er klopfte sich auf den Magen. »Und ich habe zu viel von deiner köstl i chen Fisc h suppe geges sen. Komm, schlendre ein bisschen mit mir u m her, Josselyn.«
In ihrem Kopf schrillten sofort die Alarmglocken. Schlendre mit mir umher. Liebespaare schlenderten um her, nicht aber Feinde.
»Ich schlendere nicht umher. Mynd araf fi nag«, übersetzte sie, zögerte einen Augenblick und fuhr dann fort: »Ich habe nicht die Absicht, eine Freundschaft zu heucheln, die ich nicht empfinde, Sir Ran dulf. Das möchte ich klarstellen, ob es Euch gefällt oder nicht.«
Er betrachtete sie, die Hände in die Hüften ge stemmt. »Du interpretierst zu viel in meinen Vor schlag hinein, Josselyn. Vielleicht weißt du nicht ge nau, was schlendern bedeutet. Lan g sam gehen, nicht mehr und nicht weniger.«
»Ich weiß, was das Wort bedeutet!«
»Warum gehst du dann nicht ein bisschen lan g sa mer?«
Josselyn warf ihm einen misstrauischen Blick zu, befolgte dann aber doch seinen Vorschlag. Ihr Herz klopfte jetzt aber noch schneller als zuvor.
»Warum deutet Ihr nicht auf die Dinge, deren Na men Ihr wi s sen wollt?«, fragte sie irritiert, als sie sich dem Wäldchen nähe r ten, das die Sicht auf den Fluss versperrte, und wartete darauf, dass er sie zurecht weisen würde.
»Was ich wissen will?«, wiederholte er nachden k lich.
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