Die Braut von Rosecliff
und wirbelte zu Rand herum. »Was habt Ihr ihm ange tan?«
»Ich? Gar nichts…«
»Ich glaube Euch kein Wort! Ihr habt mich g e raubt, Ihr habt mindestens zwei unserer Männer überwältigt und vielleicht…« Sie griff verzweifelt nach Newlins Händen. »Sag mir, dass er nicht verletzt wurde… dass niemand verletzt wurde!«
»Beruhige dich«, sagte der Barde. »Heute wurde kein Blut vergossen.«
»Aber wo ist Onkel Clyde dann?«
Rand hatte plötzlich einen Geistesblitz. »Er glaubt, dass O wain dich geraubt hat, und sucht dich in Afon Bryn.«
Josselyn öffnete den Mund, um dieser lächerlichen Behau p tung zu widersprechen, schloss ihn aber wie der, ohne ein Wort gesagt zu haben, und Rand konnte ihrem Gesicht ansehen, dass auch ihr die Wahrheit dämmerte.
König Heinrich hatte ihn darüber informiert, dass die Waliser untereinander heillos zerstritten waren, aber er staunte trot z dem, dass Clyde ap Llewelyn den Lloyds eine Schandtat eher zutraute als den Englän dern. Diese Ironie des Schicksals war wirklich amü sant.
»Ich habe Recht, stimmt’s, Newlin? Stimmt’s, Josselyn?« Er lachte über ihre eisige Miene. »Ich lasse euch jetzt allein. Welche Botschaften du deinen Landsleuten auch schicken magst, Joss e lyn – an deiner Situati on wird sich dadurch nichts ändern. Du bist meine Geisel, denn ich muss meine Männer vor Angriffen der Waliser schützen. Das soll Bower deinem Onkel ausrichten, aber vielleicht könntest du es Clyde noch einmal klarmachen, Newlin: solange er meinen Land s leuten nichts zu Leide tut, werde ich auch den seinen kein Haar krümmen.«
Der winzige Barde warf ihm einen durchdringe n den Blick zu. »Wenn ich mit Clyde spreche, werde ich mich auf meine eigenen Beobachtungen beschränken. Er wird wissen wollen, wie es seiner Nichte geht, und ich werde es ihm sagen. Er wird nach de i nen wahren Absichten fragen.« Newlin legte eine kurze Pause ein. »Auch darüber werde ich ihm Auskunft geben.«
»Und was sind deiner Meinung nach meine wahren Absic h ten?«
Josselyn kam dem Zwerg mit einer Antwort zuvor. »Dass Ihr uns beherrschen und hier Eure abscheuli chen englischen Sitten einführen wollt, obwohl Ihr selbst unser Land hasst und so schnell wie möglich verlassen wollt!« Ihre Augen funke l ten im Kerzen schein, die langen Haare hingen wirr über ihre Schul tern, und sie hatte die Fäuste kämpferisch in die Hüften gestemmt.
In London würde sie niemals glücklich sein… Die ser abe r witzige Gedanke schoss Rand ung e beten durch den Kopf. Sie war viel zu wild, viel zu leiden schaftlich. Ihre ganze Liebe gehörte diesem Land, das sie geprägt hatte. Sie würde eine gute He r rin von Rosecliffe abgeben, doch in der Großstadt käme sie sich wie ein Vogel im Käfig vor. Er hatte sie gefangen, aber er würde sie niemals wirklich besitzen…
Verdammt, wie kam er nur auf so absurde Ideen? Er wollte doch nur mit ihr schlafen, nicht mehr und nicht weniger, und in diesen Genuss würde er vielleicht noch kommen. Es sei denn, dass er endgültig den Ent schluss fasste, sie mit Jasper zu verhe i raten.
Rand schluckte einen lauten Fluch in letzter Sekun de hinunter und schnauzte statt dessen Newlin an: »Fasst euch kurz, wenn ich bitten darf! Es ist spät, und ich habe keine Lust, im Freien zu schlafen.« Er stürm te aus dem Raum und schme t terte die Tür hinter sich zu.
Nicht mehr gezwungen, Stärke zur Schau zu stel len, sackte Josselyn in sich zusammen wie ein Segel bei plötzlicher Win d stille. Kraftlos ließ sie sich auf das Bett fallen und warf dem Barden einen flehenden Blick zu. »Oh, Newlin, was soll ich nur machen?«
»Ich glaube nicht, dass er dir etwas zu Leide tun wird, Kind.«
»Dass er mich nicht an eine Wand gekettet hat und dass ich mich nicht nur von Brot und Wasser ernähren muss, bedeutet noch lange nicht, dass er mir nichts zu Leide tun wird!«, mu r melte Josselyn.
Newlin lächelte mit einer Gesichtshälfte. »Glaub mir – er würde sich sogar die eigene Hand abhacken, um dich vor Sch a den zu bewahren.«
Sie schnitt eine Grimasse. »Du hältst ihn fälsc h li cherweise für einen Ehrenmann!«
»Ich sehe, was ich sehe.«
»Du siehst mehr als andere Menschen.« Sie durch querte den Raum und kniete vor ihm nieder. »Sag mir, was ich tun soll! Wie kann ich entko m men und mei nem Volk am besten helfen?«
»Wenn du fliehst, wird es Krieg geben. Hilft das deinem Volk?«
»Es ist auch dein Volk! Und ich will nicht, dass wir von En g ländern beherrscht
Weitere Kostenlose Bücher