Die Braut von Rosecliff
hassen, der jetzt so behutsam, so sanft ihre wunden Handg e lenke mas sierte?
»Und Ihr müsst einsehen, dass ich nicht Eure willi ge Gefang e ne sein kann«, murmelte sie trotzig.
»Dann wirst du eben meine unwillige Gefangene sein«, erw i derte Rand ruhig, während seine Daumen über ihre gerötete Haut strichen. Sie stand zwischen seinen^ ausg e streckten Be i nen, blickte in seine uner gründlichen dunklen Augen und e r bebte unwillkür lich, als er leise hinzufügte: »Aber ich frage mich, ob du auf Dauer eine unwillige Gefangene sein wirst…«
Ihr Herz klopfte so laut, dass sie das Gefühl hatte, riesige Wellen donnerten in ihrer Brust gegen imaginäre Felsen. Als er ihre Handgelenke losließ, wich sie zitternd zurück, prallte gegen den Tisch und taste te sich blindlings auf die andere Seite, wie hypnoti siert von diesen schwarzen Augen.
»Ich… ich habe Hunger«, stammelte Josselyn, um zu verhi n dern, dass die Situation jetzt völlig außer Kontrolle geriet, dass sie sich willenlos ihrem Feind ergab.
Rand stand sofort auf, ging zu einem Schrank und holte einen Becher, einen Brotlaib und ein Stück Käse hervor. Er legte alles auf den lisch und steckte sein Messer in den Käse. »Iss… und danach kannst du schlafen gehen.« Er deutete auf das Bett in einer Ni sche.
»Und wo werdet Ihr schlafen?«, fragte sie mis s trauisch.
Rand grinste. »Bist du bereit, das Bett mit mir zu teilen?«
Sie schüttelte wild den Kopf.
»Dann iss… damit wenigstens einer von uns heute nicht völlig ausgehungert einschlafen muss!«, fügte er zweideutig hinzu.
Sie griff nach dem Messer und verspürte ein flüch tiges Machtg e fühl. Sie hatte eine Waffe – er nicht! Doch als sie ihm einen Se i tenblick zuwarf, begriff sie, dass dieser Vorteil ihr nichts nutzte. Selbst wenn sie ein Schwert in Händen hielte, selbst wenn sie eine echte Chance hätte, ihn zu überwältigen, brächte sie es nicht über sich zuzustoßen. Vielleicht könnte sie es, wenn er ihr Leben – oder das Leben anderer – bedro hen würde, aber er gab ihr zu e s sen und überließ ihr sogar sein Bett. Sie musste versuchen, ihm zu ent kommen, und das würde sie auch tun – aber nicht, indem sie ihn mit seinem eigenen Dolch verletzte.
Wütend auf sich selbst – eigentlich sollte ihr doch jedes Mittel recht sein, ihren Feind zu bekämpfen –, schnitt sie ein Stück Käse und eine dicke Scheibe Brot ab, schenkte sich Ale ein und trank einen großen Schluck, bevor sie mit Heißhunger zu essen begann. Dies war die schlimmste Mahlzeit ihres Lebens, rede te sie sich ein, wusste aber, dass das nicht stimmte: das Essen an Owains Seite war viel schlimmer gewe sen! Vor die Wahl gestellt, in Rands oder in Owains Gesellschaft zu sein, würde sie sich j e derzeit für den Engländer entscheiden, auch wenn das im Grunde unentschuldbar war. Aber warum sollte sie sich selbst etwas vorm a chen? Ihr Landsmann flößte ihr nur Grauen und Ekel ein, während der Feind sie faszi nierte…
Bestürzt über ihre wirren Gedanken, leerte sie den Becher. Rand hatte kein Wort gesagt, wä h rend sie aß, aber er ließ sie nicht aus den Augen. Schließlich konn te sie seine Blicke und das en t nervende Schweigen nicht länger ertragen.
»Nun, wollt Ihr mir nicht erklären, warum Ihr mich entführt habt?«, fragte sie aggressiv. »Sollte das nicht der Fall sein, gehe ich jetzt schlafen. Dieser Tag war sehr anstrengend.« Sie kreuzte die Arme vor der Brust und schaute ihn mit gerunze l ter Stirn an.
»Erzähl du mir lieber, warum du mir deine wa h re Identität verheimlicht hast«, entgegnete Rand.
»Ich habe Euch nichts verheimlicht. Mein Name ist Josselyn ap Carreg Du.«
»Du hast verheimlicht, dass du Clydes Nichte und einzige E r bin bist.«
»Dafür hatte ich meine guten Gründe, wie diese schändliche Entführung beweist.«
Wie auf ein Stichwort hin klopfte es an der Tür, Rand rief »Herein«, und Bower wurde von Osborn und Alan in den Raum geführt. Er war immer noch gefesselt, und Josselyn eilte besorgt auf ihn zu. Alan wollte ihr den Weg versperren, doch Rand befahl: »Lass sie!«
»Ist dir nichts passiert?«, flüsterte sie auf Wal i sisch.
»Nein«, antwortete Bower. »Aber was ist mit dir, Mädchen? Hat er dich…?« Er verstummte verlegen, aber Josselyn wusste, was er meinte.
»Nein«, murmelte sie errötend und versuchte, seine Fesseln aufzuknoten. Als es ihr nicht gelang, warf sie einen Blick auf den Dolch, den sie wieder in den Käse gesteckt hatte,
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