Die Braut von Rosecliff
Gefangenen foltert.«
»Dann heirate einen anderen.«
Sie dachte immer wieder an diesen Rat, nachdem Newlin gegangen war. Einen anderen Mann heiraten –das hörte sich so ei n fach an, aber es würde unwei gerlich zu neuen Fehden führen, wenn sie Owain jetzt eine Abfuhr erteilte. Es sei denn… es sei denn, sie hei ratete einen anderen Lloyd… Madoc ap Lloyd hatte keine anderen Söhne, doch er hatte Neffen, Brüder und Cousins. B e stimmt war einer von ihnen ledig oder verwitwet.
Wie Madoc selbst.
Könnte das die Lösung sein? Könnte sie Madoc hei raten? Wollte er überhaupt noch einmal heiraten? Und könnte sie selbst mit einem Mann leben, der alt genug war, um ihr Vater zu sein?
Es fiel ihr nicht schwer, diese Frage zu beantworten. Ja, sie würde den alternden Madoc seinem grausamen Sohn bei weitem vorzi e hen!
Sie lehnte sich an die Wand und vergrub ihr Gesicht in den Hä n den, eine trostlose Zukunft vor Augen. Alle Männer schienen in Frauen nur eine Ware zu sehen, die man meistbietend versteigern konnte. Ihre Gefühle interessierten niemanden – weder Rand noch Onkel Clyde, weder Owain noch Madoc…
Kraftlos ließ sie sich zu Boden sinken und legte ihren Kopf auf die Knie. Ihr Plan, einer Ehe mit Owain entgehen zu können, indem sie Rand ausspionierte, hatte sich als Hirngespinst eines törichten Mädchens entpuppt. Sie konnte die Männer nicht besiegen. Keine Frau konnte das.
Sie hockte immer noch verzweifelt auf dem Boden, als Rand den Raum betrat. Er hatte Newlins Besuch erlaubt, den Barden aber nicht gesehen. Und obwohl er sich vor zwei Tagen geschworen hatte, nie wieder mit Jo s selyn allein zu sein, hoffte er jetzt von ihr zu erfahren, worüber gesprochen worden war. Es über rasc h te und beunruhigte ihn, sie wie ein Häuflein Elend dasitzen zu sehen. Erst als er die Tür schloss, schaute sie hoch und stand langsam auf.
»Was hast du, Josselyn? Ist etwas passiert?«
Sie mied seinen Blick. »Ich sehne mich nach Frei heit. Ist das so verwunderlich?«
Rand wusste, dass das nicht der Hauptgrund für ihre Ni e dergeschlagenheit war. »Hatte Newlin schlechte Nachrichten für dich?«
Endlich sah sie ihn an, und er erschrak über die Ver störung, die sich in ihren Augen spiegelte. Gegen seinen Willen packte er sie bei den Schultern. »Josselyn, was ist los? Was hat dich in diesen Zustand versetzt?«
Sie schüttelte seine Hände ab und wich fröstelnd zurück. Der Barde musste ihr etwas Schreckliches berichtet haben. Aber was? Rands Männer hatten nie manden angegriffen.
Vielleicht war ein Konflikt zwischen ihrem Onkel und ihrem Verlobten ausgebrochen… Rand verspür te unerwartet das B e dürfnis, sie zu trösten, falls je mand verwundet oder getötet worden war, den sie liebte.
Allerdings nur, wenn es nicht Owain war, um den sie traue r te!
Er ballte die Fäuste und zwang sich, sie nicht zu bedrängen, ihr Zeit zu lassen. Sie rieb ihre Arme, holte tief Luft, setzte zum Sprechen an. »Dein Bruder… er ist gefangen genommen wo r den.«
Rand starrte sie ungläubig an. »Was?«
»Jasper ist gefangen genommen worden.«
Er konnte es nicht glauben und wusste doch, dass sie die Wahrheit sagte. Kalter Zorn stieg in ihm auf, doch er bewahrte Ruhe. »Wer hat das getan? Dein Onkel?«
Sie biss sich auf die Unterlippe. »Owain.«
»Wo ist er?«
»In Raven Hill. Etwa drei Stunden von hier ent fernt.«
Rand stemmte seine Fäuste in die Hüften. »Ich neh me an, dass dein Verlobter einen Gefangenenaus tausch plant. Warum hat Newlin die Bedingungen nicht mir mitgeteilt?«
Josselyn zitterte am ganzen Leibe. Warum hatte sie solche Angst? Sein Herzschlag stockte. »Jasper… er ist doch nicht tot, oder?«
Sie schaute ihn endlich wieder an. »Nein, jedenfalls… jede n falls glaube ich das nicht.«
»Verdammt, erzähl mir alles, was du weißt!«
»Es ist passiert, während Newlin hier war. Ich kann nicht e r klären, woher er solche Dinge weiß, aber er irrt sich nie.«
»Er weiß über Ereignisse Bescheid, die sich zur sel ben Zeit an einem fernen Ort ereignen?« Rand schüt telte den Kopf, nicht bereit, solchen Blödsinn zu glau ben. Woher hätten die Waliser überhaupt wissen sol len, dass Jasper unterwegs nach Rosecliffe war?
Die Antwort lag auf der Hand: von Josselyn.
Sie hatte damals gehört, wie er Osborn und Alan in seine Pl ä ne einweihte. Sie hatte es Newlin erzählt…
Nein, der Barde war in den folgenden Tagen nicht zu Besuch gekommen. Plötzlich ging Rand ein Licht auf. »Es war
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