Die Braut von Rosecliff
sinnlos wäre. Sein angewin keltes Knie streifte ihren Schenkel, und seine langsa men, gleichmäßigen Atemzüge dicht an ihrem Ohr verrieten, dass er wirklich sofort eingeschl a fen war.
Sie selbst würde in dieser Nacht bestimmt kein Auge zu tun, davon war Josselyn überzeugt, doch gleich darauf fiel auch sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf und wachte erst auf, als jemand sie sanft schüt telte.
Rand.
Er strich ihr die Haare aus dem Gesicht, sie blinzel te und geriet sofort wieder in seinen Bann. Ein großer, starker Mann beugte sich über sie, ein Mann, der ihr Lust bescheren könnte… Was spielte es schon für eine Rolle, ob er Engländer oder Waliser war? Helles Mor genlicht flutete ins Zimmer, aber sie wollte sich den harten Realitäten eines neuen Tages noch nicht stellen, wollte nicht daran denken, dass dieser attraktive Mann ein Feind war, der ihr Land erobern und be herrschen würde, wenn man ihm nicht rasch Einhalt gebot.
Ein muskulöses Bein schob sich zwischen ihre Schenkel – i h re nackten Schenkel, wie sie bestürzt fest stellte, denn ihr Kleid war während der Nacht bis zur Taille hochgerutscht.
Und auch Rand war nackt.
Eine warme Hand streichelte ihre Hüfte, während er ihr tief in die Augen schaute. »Hast du gut geschla fen?«
»Ja.«
»Und fühlst du dich jetzt frisch und munter?« Seine leicht ve r schleierte Stimme klang verführerisch.
»Du hast versprochen, dass wir nur schlafen wür den«, flüste r te Josselyn.
»Willst du weiterschlafen?«
Was sie wollte, würde sie niemals über die Lippen bringen, weder in seiner noch in ihrer eigenen Spra che. »Bi t te, Rand…«
Er zog sie näher an sich heran, presste sein steifes Glied an ihren Unterleib, spielte mit ihren Haaren. »Wenn du meinen Namen sagst, Josselyn… Sag ihn noch einmal.«
»Rand«, murmelte sie atemlos.
Stöhnend schloss er die Augen, so als hätte er Schmerzen, und sie begriff, dass er sie genauso be gehrte wie sie ihn, dass er genauso litt wie sie. Es gab ihr ein herrliches Machtgefühl, das freilich nicht von Dauer war, weil sie genau wusste, dass er sie jederzeit entmachten konnte – mit einem einzigen Kuss, einer einzigen Liebkosung.
Trotzdem wollte sie es wenigstens noch für einen Moment auskosten. Sie hob die Hand, um seine Wange zu streicheln und mit den Fingern in seinen dunklen Haaren zu wühlen, doch die Silberkette hatte sich unter ihrem Ellbogen verfangen und hinderte sie daran, ihr Ziel zu erreichen. Der Zauber fand ein jähes Ende… Die Wirklichkeit ließ sich nicht länger ver drä n gen.
Das schien auch Rand klar zu sein. Sein Gesicht spiegelte Bedauern wider, aber er gab die Hoffnung noch nicht auf. »Manche Frauen lieben es, gefesselt zu sein. Auch dir hat es ge s tern gefallen.«
Das stimmte, aber sie würde es niemals zugeben. Es war ja auch nicht die Kette als solche, die sie störte, sondern das, was sie symbolisierte: er wollte sie an sich binden – nur um sie dann an seinen Bruder abzu geben!
»Nein«, schwindelte sie mit geschlossenen Augen.
»Du sagst nein, aber ich höre ein Ja heraus.« Er legte sich auf sie, küsste ihre geschlossenen Lider. »Sag ja, Josselyn… es wird uns beiden Genuss bereiten.«
Sie kämpfte verzweifelt gegen die Flut an, in der sie unterz u gehen drohte. Sie zwang sich, ihn anzusehen. »Sag du mir, dass du mich nicht mit deinem Bruder verheiraten wirst.«
Er wollte es sagen, dessen war sie sich sicher. Sein Mund formte die Worte – aber er sprach sie nicht aus. Statt dessen u m fing er ihr Gesicht mit beiden Händen und schaute ihr tief in die Augen. »Wir können unse ren Pflichten nicht entrinnen – weder du noch ich. Das Wohl deines Volkes steht für dich an erster Stelle, und dir ist jedes Mittel recht, um uns Engländer zu ve r treiben. Kannst du nicht einsehen, dass mir das Wohl meines Volkes genauso am Herzen liegt? Wenn du Jasper heiratest, wird zwischen unseren Völkern Frie den herrschen und sie werden feststellen, dass Engländer und Waliser Seite an Seite leben können, ohne sich zu bekriegen.«
»Ich kann verstehen, dass du daran glauben möch test, auch wenn ich selbst nicht daran glaube… aber was… warum… ich meine, wir beide…«, stammel te Josselyn völlig unzusamme n hängend.
»Wir beide«, wiederholte Rand bedächtig. »Mir gefällt dieser Ausdruck… Wir begehren einander, und das sollte uns gen ü gen. Vergessen wir unsere Pflichten, vergessen wir alles und genießen wir den Augenblick. Nichts und niemand hindert
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