Die brennende Gasse
eine Weile, nach dem Gespräch mit Bruce zur Ruhe zu kommen, und so blieb Janie etwas länger an der Arbeit, um sich einigen der dummen, geisttötenden Details zu widmen, die zu ihrem Job gehörten. Sie füllte Beobachtungsprotokolle aus, schickte Daten ab und befaßte sich mit ihrer Korrespondenz, die sie größtenteils elektronisch erledigte.
Sie wollte ihre E-mails abrufen und sah auf dem Bildschirm das übliche lustige Männchen in amerikanischer Postuniform, das eine Handvoll Briefe schwenkte, also warteten Botschaften auf sie. Nachdem er einen kurzen Steptanz vollführt hatte, war er bereit, all ihre postalischen Bedürfnisse zu erfüllen.
Wenn es um meine Bedürfnisse bezüglich Männern ginge, wären wir im Geschäft, dachte Janie …
Sie stellte alles zusammen, listete es auf und schickte es los. Dann rief sie die wartende Korrespondenz ab.
Wie üblich bestand das meiste aus unnützem Zeug. Es gab einen kurzen Liebesbrief von Bruce vor ihrem Telefonat und eine Einladung zu einem Seminar für Medizintechnologie, gesponsert von der medizinischen Fakultät, an der sie studiert hatte. Ein Haufen unerwünschter Werbung, die sie mit hämischem Vergnügen löschte. Dann erschien noch eine seltsame, kurze Nachricht:
Wer sind Sie?
Janie starrte den rätselhaften Satz an, der mit Wargirl unterzeichnet war. Irgendwie gab er ihrem Gemüt einen Schubs und faszinierte sie, obwohl sie den Grund nicht recht erkannte.
Sie sah sich die elektronischen Details der Mitteilung an. Aufgrund der mangelnden Kennzeichnung war es eine persönliche Mitteilung, keine Werbung oder eine sonstige versteckte Kaufaufforderung. Aber damit erschöpften sich ihre Ermittlungen auch schon, denn Datum und Zeitpunkt der Botschaft waren nicht zugänglich, und eine Antwortadresse fehlte. Allerdings leuchtete die Markierung › Antwort möglich ‹ auf – Janie konnte antworten, wenn sie wollte. Sie würde nur nicht wissen, wohin ihre Mitteilun g g ing – W arum hatte sich jemand die Mühe gemacht, eine Beantwortung zu ermöglichen? Anonym war das ein recht komplizierter Vorgang, absichtlich so eingerichtet, um es E-mail-Spinnern möglichst unbequem zu machen.
Also handelte es sich um eine Person, die entweder kein Spinner oder ein sehr entschlossener Spinner war.
» Okay, ich spiele mit «, flüsterte sie laut. Wer will das wissen? schrieb sie zurück.
Wargirl. Der Deckname klang jung. Kids, dachte sie. Schlaue Kids. Zu schlau.
Dann erledigte sie rasch einige Telefonate. Zuletzt rief sie John Sandhaus an.
» Ich habe etwas gefunden, was so aussieht, als würde es sich lohnen, es weiter zu verfolgen, aber nicht über das Ednet «, berichtete er ihr. » Da gibt es eine Internet-Adresse, von der mir einer meiner Studenten erzählt hat. Man skizziert seinen Vorschlag, und sie vergleichen ihn mit einer Liste von Sponsoren für die Art von Arbeit, für die man sich interessiert. Der ganze Vorgang dauert nur ein paar Tage. «
» Hört sich zu einfach an … « Janie blieb skeptisch.
» Ja, natürlich. Und er hat einen Haken. Sie berechnen eine Gebühr von einem Prozent, wenn man das Geld tatsächlich erhält. Wenn man es nicht bekommt, kostet es nichts. «
» Dann ist es einen Versuch wert, denke ich, vor allem, da die Gebühr nur bei Erfolg fällig wird. Wenn sie das Geld vorher haben wollten, würde ich es nicht ins Auge fassen. «
» Nein, ich auch nicht. Warum kommen Sie nicht vorbei, und ich helfe Ihnen, das Formular auszufüllen? «
» Sie erklären sich tatsächlich freiwillig bereit, einen Computer anzurühren? «
» Wer hat denn gesagt, daß ich ihn anrühre? Sie werden diejenige sein, die das Ding bedient. Meine Wenigkeit steht bloß hinter Ihnen und bellt Anweisungen. Es ist den Versuch wert, glaube ich, und außerdem, was haben Sie zu verlieren? «
Potentiell ein Stück Privatsphäre – obwohl Janie nicht wirklich annahm, daß davon noch viel übrig war. GetGrant – so hieß die Adresse – gab sich nicht mit ihrer eigenen E-mail-Adresse und einer Beschreibung des Projekts zufrieden, das sie wahrscheinlich übertrieben detailliert schilderte. Sie wollten auch alles andere über sie wissen, ungefähr bis hinunter zur Schuhgröße.
» Macht es Ihnen nichts aus, all diese Informationen von sich preiszugeben? « fragte John.
Während sie die letzten Details eintippte, antwortete Janie ihm:
» Über mich steht schon so viel in allen möglichen Datenbanken, daß es eigentlich keine Rolle mehr spielt. Das Zeug ein weiteres Mal
Weitere Kostenlose Bücher