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Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Vielleicht sollte ich Eure Gesellschaft verlassen und direkt nach Paris reiten «, nörgelte sie am dritten Tag ihrer Reise. » Dann könnt Ihr Euch um Eure wichtigen Angelegenheiten kümmern und ich mich um meine. « Sie saß stolz auf ihrem Pferd und erwartete Dank für die Ankündigung, daß er demnächst von ihr befreit würde.
    Doch statt Dankbarkeit zu äußern, zankte Karle: » Seid Ihr verrückt? Ein junges Mädchen allein ist leichte Beute für jeden umherschweifenden Ritter. Und davon gibt es viele. « Er kicherte zynisch. » Ich gebe zwar zu, daß Ihr recht gut damit umgehen könnt, aber Euer kleines Messer ist einem Schwert nicht gewachsen. «
    » Kein echter Ritter würde sich mir gegenüber schlecht benehmen! «
    Karles Pferd tänzelte nervös unter dem ungewohnten Reiter, erst recht, da der Reiter gereizt war. » Aber was die falschen Ritter tun, ist nicht vorherzusehen «, sagte er nun fast drohend zu Kate. » Wie kommt es, daß Ihr so gar nichts von den Wahrheiten dieser Zeit wißt? Hat Euer père Euch ständig in einem Wandschrank eingesperrt? «
    Beschämt wandte sie den Blick ab. Sie konnte den Grund für die Abgeschiedenheit nicht erklären, in der sie und Alejandro gelebt hatten.
    » Laßt Euch erzählen, wie Ritter, sogar die echten, sich dieser Tage benehmen «, fuhr er fort. » Sie preschen wild durch ganz Frankreich, denn sie haben keine Gönner. Es gibt keine Herren, die sie bezahlen, alle diese Herren werden nämlich als Geiseln an Edwards großzügiger Tafel fett. Und sollte ein Herr so töricht sein, das Luxusleben am englischen Hofe aufgeben und in das Chaos Frankreichs zurückkehren zu wollen, dann haben seine Vasallen nicht die Mittel, um ihn freizukaufen! Im Augenblick sehnen sich die Ritter nach den Vorteilen irgendeines Bundes, und dazu schließen sie sich den Freien Compagnies an. Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, haben diese › Helden ‹ gestohlen, einschließlich der Frauen, die sie zu ihrem Vergnügen benutzen und dann wegwerfen. «
    » Das kann nicht wahr sein! Sie können nicht alle solche Schurken sein, wie Ihr sie schildert … «
    » Vergebt mir «, höhnte er, » ich übertreibe. Ein oder zwei haben sich unserer Sache angeschlossen. Ein paar, die Gott über den König stellen, wollen sich an der Schändung Frankreichs nicht beteiligen. Aber vor den anderen werdet Ihr nicht sicher sein. Nicht allein. « Seine grauen Augen schauten vorwurfsvoll auf sie herab.
    » Wieso glaubt Ihr mir nicht? «
    Was sollte sie sagen, um ihre Unwissenheit zu entschuldigen? Es war ja nicht ihre Schuld. Sie suchte nach einer plausiblen Antwort.
    » Ich habe mich … eh … dem Lernen gewidmet, um Hebamme zu werden. «
    » Die Kenntnisse einer Hebamme werden Euch sehr von Nutzen sein, wenn Ihr tot am Straßenrand liegt, von irgendeinem angeblich › edlen ‹ Ritter mißbraucht. Ihr müßt versuchen, am Leben zu bleiben, um den rechten Gebrauch von Euren Fähigkeiten zu machen «, mahnte er. » Wenn Eure Behauptungen stimmen, dann wäret Ihr für unsre Sache eine große Hilfe. « Er forderte sie mit Blicken heraus.
    » Jetzt kommt mit mir, und Ihr werdet sehen. «
    Er gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte voraus. Und obwohl es ihr nicht vernünftig erschien, folgte sie ihm.
    Doch diesmal wartete sie nicht draußen. An der Tür eines kleinen, altersschwachen Steinhauses wurden sie von einer Frau mit düsterer Miene, dürren Armen und schwangerem Leib begrüßt. An den hohlen Wangen der Bäuerin sah Kate, daß das Kind in ihr sich alles nahm, was es bekommen konnte, und der Mutter selbst wenig übrigließ.
    Möge Gott geben, daß ich solche Not nie selber kennenlerne, betete sie im stillen, während sie die Frau anstarrte. Die Frau erwiderte Kates Blick äußerst argwöhnisch, doch da Karle sich für sie verbürgte, durften sie eintreten.
    Das Haus war kahl bis auf die allernotwendigsten Möbel. Es herrschte Finsternis, nirgends standen Kerzen, und es war kalt, denn im Herd brannte kein Feuer. In der Luft hingen üble Krankheitsgerüche.
    » Bonjour, Madame «, sagte Kate mit ruhiger Höflichkeit und einem Kopfnicken.
    Die dünne Frau knickste leicht, was Kate überraschte. Dann lächelte sie Karle hoffnungsvoll an, und dieser erwiderte ihren Gruß mit einer kleinen Verneigung und der Frage: » Was ist mit Eurem Mann? «
    Die Frau wies auf ein Strohlager vor dem kalten Herd. Darauf lag der Dahinsiechende, reglos, still, klapperdürr und bleich wie de r M ond. » Er steht nur auf,

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