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Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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liegt viel zu lange zurück! «
     
    G uy de Chauliac brauchte nur mit den Fingern zu schnippen und in Alejandros Richtung zu nicken, da waren die beiden gelangweilten Soldaten, offenbar die persönlichen Wachen des französischen Adeligen, schon über ihm. Sie packten ihn von hinten, und obwohl er sich kräftig wehrte, war er den zwei starken Männern nicht gewachsen und schnell überwältigt. Dennoch kämpfte er wie ein Tier, worauf der elegante de Chauliac mit einem angewiderten Blick und einer abfälligen Handbewegung reagierte. Das führte dazu, daß der Jude einen mächtigen Schlag auf den Hinterkopf erhielt, auf Hände und Knie niederfiel und die kostbare Tasche mit seinen Besitztümern ihm entglitt. Rasch griff er danach und versuchte, zwischen den Beinen seiner Häscher hindurchzukriechen, aber er wurde am Rücken seines Hemdes gepackt und erneut niedergeschlagen.
    Dann schleiften ihn die beiden rohen Gallier durch die Straßen, während der fürstliche de Chauliac voranging und in seinen kräftigen Armen alles trug, was Alejandro auf der Welt besaß. Als man ihn wie einen gewöhnlichen Verbrecher durch Pferdemist und über das grobe Kopfsteinpflaster zerrte, teilte sich die Menge, um ihnen Platz zu machen – die Leute von Paris starrten auf ihn herab. Kein Wunder: Er schrie gellend wie ein Verrückter, war blutig von den Schlägen und mit dem verhaßten Kot beschmiert, also kein angenehmer Anblick. Doch seine Wut überstieg noch seine Scham.
    De Chauliac sah vom oberen Ende einer Treppe aus hochnäsig zu, wie Alejandro von seiner rüpelhaften Eskorte deren ganze Länge hinunter in einen feuchten Keller geworfen wurde, wo er auf dem eisigen Boden liegenblieb. Er rang nach Luft und lag da, benommen von dem Sturz und seinem plötzlichen Unglück.
    Nach und nach kam er wieder zu Atem und stützte sich auf die Ellbogen, um sich umzuschauen. Er konnte nur verschwommen sehen, und sein Kopf schmerzte von dem Schlag, aber nach und nach klärte sich sein Blick. Er war dankbar für die Lichtstrahlen, die durch eine schmale Öffnung in der Decke fielen: Die Gefangenschaft, nach der seine Abreise aus Spanien vor zehn Jahren begonnen hatte, war entsetzlich dunkel gewesen. Sein Blick fiel auf ein langes steinernes Rechteck, das mit einem einfachen Kreuz auf dem Deckel bestückt war. Ein Grabgewölbe. Ich bin also in einer Krypta. Nachdem er sich still bei demjenigen entschuldigt hatte, der darin ruhen mochte, packte er eine Kante des Sargs und versuchte aufzustehen; aber zu seiner großen Bestürzung stellte er fest, daß ihm der linke Fuß wegknickte. Vor Schmerz zuckte er zusammen und taumelte. Dann untersuchte er das protestierende Gelenk mit den Händen. Er drückte mit den Fingern daran herum und kam mit großer Erleichterung zu dem Schluß, daß es nicht gebrochen war. Aber es begann anzuschwellen, und Alejandro wußte, daß es gewickelt werden mußte.
    Daher zog er sein Hemd aus und wollte gerade einen Ärmel abreißen, um ihn als Bandage zu verwenden, als sich eine Tür am oberen Ende der Treppe öffnete. Er blickte auf und sah die Umrisse seiner Häscher auf die Treppe herunter und auf ihn zukommen. Hastig zog er sein Hemd wieder an, und gleich darauf wurde er an beiden Ellbogen gepackt und auf die Füße gerissen.
    Er hinkte jämmerlich, als er durch das Grabgewölbe und eine andere Stiege hinauf geführt wurde. Als er wieder ans Tageslicht kam, fand er sich im Hof des Gebäudes wieder, das er noch vor so kurzer Zeit bewundert hatte. Während er über die Steine geschleift wurde, fragte er sich, warum er kein Prickeln im Rücken verspürt hatte, als er vorhin an diesem Haus vorbeigekommen war – nachdem er nun wußte, wem es gehörte.
    Der adelige Hausherr erwartete ihn in einem großen, holzgetäfelten Raum, der schön möbliert und mit reichverzierten Wandbehängen geschmückt war. Alejandro wurde unsanft auf einen feingewebten Teppich vor den aristokratischen Arzt gestoßen. Dieser saß in einem Sessel mit hoher Rückenlehne und starrte ihn mit unverhüllter Bosheit an; sein Blick verlangte wortlos Erklärungen für die letzten zehn Jahre.
    Er wird nicht glauben, was ich durchgemacht habe, sondern mich für wahnsinnig halten.
    Also schwieg Alejandro; doch er schaute sich um und sah zu seinem Erstaunen ringsherum an den Wänden Bücher. Während er so dastand und an Würde sammelte, was ihm geblieben war, blickte er über die Regale hinweg und versuchte, die Anzahl zu schätzen. Es mußten Hunderte von

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