Die Breznkönigin: Roman (German Edition)
übernommen hat. Weil erstens kennt er sich aus, zwecks gelernter Schreiner und studierter Architekt. Und zweitens hat er einen super Geschmack, was sich vor allem bei der Renovierung meiner Wohnung ausgezahlt hat. Er hat mir zum Beispiel irrsinnig hübsche, antike Kacheln ausgesucht, und ganz, ganz tolle Dielen aus Altholz, da hat er die Beziehungen seines Vaters spielen lassen. Und dann hat er mir bei einem Händler für historische Baustoffe eine wunderbare, alte Badewanne ausgesucht, eine auf Löwenfüßen, wie die aus Quirins Wohnung. Und die sieht selbst in einem so winzigen Bad wie meinem absolut traumhaft aus – dieser neue, schwarz-weiß gekachelte Fliesenboden haut die eher kleine Größe echt raus. Gemeinsam haben wir die ollen Strukturtapeten von den Wänden gelöst und alles neu spachteln lassen und anschließend auch noch kalken, wodurch die ganze Wohnung gleich viel edler wirkt. Und dann gibt es noch einen dritten Vorteil, den der Max als Bauleiter hat: Er hat in seinen Berliner Jahren gelernt, faule, motzende Bauarbeiter gescheit auf Spur zu bringen. Gerade erst letzte Woche hat er den Fliesenleger alle Fliesen in meinem Bad noch einmal weghauen lassen, denn der hatte vergessen, den Boden diagonal zu verlegen, wie es sein Auftrag gewesen war. Die Bestimmtheit, die Max manchmal an den Tag legt, ist ganz schön beeindruckend, ehrlich. Ich meine, ich kenne ihn ja eigentlich nur als Nachbarsjungen. Aber in den letzten Wochen hat er gezeigt, dass er – das hört sich jetzt blöd an, ich weiß – ein Mann geworden ist.
» Kimmst jetzat, oder ned?«, unterbricht die Omi meine Gedanken.
» Ja, freili«, sage ich, komme wieder auf die Füße und klopfe mir ein paar Steinchen vom Hintern.
Gemeinsam marschieren wir zurück in Richtung Wirtshaus. Auf der Wiese hinterm Haus ist die Bühne schon fast fertig aufgebaut, die Mama steht mit einem Klemmbrett am Rand und versucht plärrend, die Handwerker zu kontrollieren. Doch die scheinen einfach zu machen, was sie wollen, zumindest sehen sie nicht gerade so aus, als würden sie sich auch nur im Geringsten um den Diktator am Spielfeldrand stören.
Ach so, die Bühne! Ja, selbstverständlich wird es morgen Musik geben, live von Schubiblue, den Blues-Granaten aus Derbolfing. Die haben versprochen, gegen Kost und Freibier gratis zu spielen, ist für sie Ehrensache. Ursprünglich wollten wir das Einweihungsfest viel kleiner aufhängen, bloß als kleine Feier im Wirtshaus. Aber jetzt herrscht seit einer Woche so ein dermaßen goldener Oktober, dass es eine Sünde wäre, sich zum Feiern im Haus zu verstecken. Klar, abends könnt es schon ein bisschen frisch werden, aber das halten wir dann schon aus. Zur Not kann man ja immer noch reingehen und da weiterfeiern.
» Du, Omi, i schau bloß schnell, wie’s oben ausschaut«, sage ich, als wir das Haus betreten. » Bin gleich wieder da, gell?«
» Ah so«, sagt die Omi und schaut mich verschwörerisch an. » Wie’s oben ausschaut. Aha.«
Dann schnalzt sie anzüglich mit der Zunge.
Also, das ist ja wirklich nicht zum Aushalten nicht. Seit Wochen unterstellt sie mir, dass der Max und ich ein Techtelmechtel haben, was natürlich vollkommener Blödsinn ist. Ich meine, wir kennen uns ungefähr seit dem Kindergarten, haben zusammen Blumen gegessen und gegenseitig unsere Popel probiert und uns vollkommen unbekleidet in Positionen gesehen, von denen manche Pornokameramänner nur träumen können. (Zum Beispiel, wenn wir splitternackt » Lkw mit Anhänger « gespielt haben, und er der Anhänger war. Ich bekomme ganz rote Ohren, wenn ich mich heute dran erinnere.) Also: Was für eine Idee!
» Omi«, sage ich drohend.
» Dann beeilst dich aber.«
Eh klar.
Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, laufe ich die Treppe hoch bis unters Dach. So langsam sieht meine Wohnung wieder bewohnbar aus. Die letzten Wochen habe ich beim Papa in der Scheune auf dem Sofa verbracht, was am Ende gar nicht mal so unkomfortabel war, und schön irgendwie auch, mit seinem alten Herrn mal wieder ein bisserl zusammenzusitzen. Als ich eintrete, schraubt der Klempner gerade den Wasserhahn von meiner Badewanne wieder ab, mit genervtem Gesicht und leise fluchend. Ansonsten ist das Bad aber schon so gut wie fertig, ein Spiegelschränkchen fehlt noch, und ein kleines Regal, aber das will mir der Max nächste Woche zimmern. Die Küchenzeile ist bereits vollständig und auch schon wieder eingeräumt, alles schneeweiß, mit schlichten, modernen Griffen und
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