Die Breznkönigin: Roman (German Edition)
einer schönen, dunklen Arbeitsplatte. Und mein Wohn-, Schlaf- und Esszimmer ist ebenfalls komplett: Ich habe einen neuen Esstisch, einen neuen Couchtisch und ein tolles, schlichtes Himmelbett aus Holz, das sich wahnsinnig gut macht auf dem neuen Dielenboden. Nur mein Sofa habe ich behalten. So nostalgisch bin ich.
» Max?«, rufe ich, und er steckt den Kopf aus der kleinen Abstellkammer, in der ich jetzt nicht mehr ein olles Stahlregal fürs Bügeleisen, sondern einen kleinen, begehbaren Kleiderschrank habe.
» Ja?«, fragt er und wischt sich die Hände ab. Sein Gesicht ist voller Staub, die Augenbrauen vor allem – ein Anblick, an den ich mich fast schon ein bisschen gewöhnt hab. Wir sehen uns seit Wochen im Prinzip nur noch ungewaschen, was sich irgendwie irrsinnig vertraut anfühlt.
» Ach, nix eigentlich«, sage ich. » Wollt nur mal schauen.«
» Heut Abend bin ich hier fertig«, sagt er. » Kannt bloß sein, dass es a paar Tage dauert, bis du dein erstes Bad nehmen kannst.«
Er verdreht die Augen und gestikuliert lautos in Richtung des jungen Klempners, mit dem es seit Tagen nichts als Ärger gibt. Eigentlich ist die Firma, die der Max engagiert hat, ein super Betrieb, seit sechzig Jahren ansässig in Derbolfing, aber der neue Lehrbub macht alles falsch, selbst Sachen, die eigentlich gar nicht falsch zu machen sind. Eine einzige Katastrophe.
Ich antworte, indem ich ebenfalls die Augen verdrehe. Wir müssen beide grinsen.
» Danke, Max«, sage ich.
» Gern«, sagt er.
Wir lächeln.
Ich lächle überhaupt ganz schön viel in letzter Zeit, und das, wo alle doch immer sagen, dass Handwerker im Haus der blanke Horror sind. Ich lächle auch noch, als ich die Treppe hinuntersteige, bis hinab zur letzten Stufe. Erst, als ich die Küche betrete, verziehe ich das Gesicht. Wie das blendet!
Grausam.
Eines vorneweg: Mit der Küche habe ich nichts zu tun, absolut rein gar nichts. Die Omi und der Max haben die zusammen im Geheimplan ausgeheckt und wollten sich partout überhaupt nicht reinreden lassen. Logisch, man hat schon ungefähr ahnen können, was da kommt, immerhin ist das Omilein tagelang ohne ihren großen Gastro-Star -Katalog überhaupt nicht mehr anzutreffen gewesen. Einmal hat sie ihn sogar zum Aldi mitgenommen und selbst beim Schieben des Einkaufswagens noch darin gelesen. Aber dass sie es so übertreiben würde? Alles ist neu, wirklich alles, Kühlschränke, Wärmeschränke, Waschtische, Spülen. Und alles ist aus gleißend glänzendem Edelstahl, beleuchtet von großen Profideckenlampen, die so hell sind, dass man sich in der Küche ein bisschen wie in einem Raumschiff fühlt. Und wie in einem Raumschiff bewegt sich auch das Omilein darin – mit leuchtenden Augen, vor Glück fast schwebend. Wenn sie ihren neuen Pürierstab in der Hand hat, sieht sie aus wie ein kleines Kind, das im Flugzeug mal vorne im Cockpit den Steuerknüppel halten darf. Das Einzige, das sie aus ihrer schönen, alten Küche behalten hat, ist die große Wurstmaschine vom Metzger Bachhuber, von der konnte sie sich dann doch nicht trennen. Und natürlich hat sie immer noch ihre alten Schemelchen, weil es die halt in einer Profiversion dann doch nicht gibt. Auf alle Fälle hat die Omi diese Küche mit dem Berlin-Abenteuer vollkommen versöhnt.
Ich wasche mir die Hände, stelle mich neben sie und helfe ihr, den Schweinedarm aufs Füllhorn zu fädeln, was eine ganze Weile dauert. Dann schmeißt sie die Maschine an, der Darm füllt sich langsam, und ich drehe Stück für Stück die einzelnen Würste ab und lasse sie in eine große Schüssel aus Edelstahl gleiten. Das machen wir eine halbe Ewigkeit lang, denn morgen kommt schließlich auch der halbe Landkreis, und der hat erfahrungsgemäß Hunger.
Als wir fertig sind, decken wir die Schüssel mit Frischhaltefolie ab, packen sie in den riesigen, neuen Kühlschrank und drehen den, damit die Würstel schön frisch bleiben, ordentlich kalt. Ich wasche mir die Hände, frage die Omi, ob es noch etwas für mich zu tun gibt, und gehe hinüber in meine Werkstatt.
Jawoll, in meine Werkstatt.
Trara!
Die ist ebenfalls auf dem Mist vom Max gewachsen, und dafür werde ich ihm ewig dankbar sein, ehrlich. Nach dem Rambo-Auftritt vom Tino hat es sich ergeben, dass mein alter Freund und ich die ganze Nacht miteinander gesprochen haben, erst über den Tino, dann über den Tino und mich, und dann nur noch über mich, über meine Träume und darüber, was ich eigentlich vom Leben will. Und ich habe
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