Die Breznkönigin: Roman (German Edition)
noch einmal an der U-Bahn-Haltestelle begegnet. So erleichtert bin ich dann auch wieder nicht.
Zu Hause lasse ich mir als Allererstes ein schönes, heißes Bad ein und sinke wie besinnungslos ins Wasser. Oder, was heißt Wasser, fast könnte man’s Fluten nennen. Denn der frei stehende Bottich ist so riesig, dass man in Versuchung gerät, darin ein paar Bahnen zu ziehen.
Himmel, hab ich das vermisst! Als ich noch mit meinen Eltern zusammengewohnt hab, konnte ich ja baden, so viel ich wollte, und später in Pforzheim hatten wir dann immerhin noch so eine Sitzbadewanne, auch wenn die so winzig war, dass man sich darin immer gefühlt hat wie bei Alice im Wunderland, und stets fürchten müsse, darin steckenzubleiben. Aber in meiner Minghartinger Einliegerwohnung habe ich bloß noch eine Dusche und fertig. Dabei liebe ich heiße Bäder!
Ich lege den Kopf zurück und merke, wie die Betäubung in meinem Kiefer ganz langsam nachlässt und ich nach und nach wieder etwas spüre, wenn ich meine Wange berühre. Ich plätschere träge vor mich hin, lasse warmes Wasser nach.
Und dann, zack!, wird mir mit einem Schlag etwas klar. In meinem ganzen Körper fängt es an zu kribbeln und ich schieße wie ein geölter Blitz aus dem Wasser.
Wir kommen heute auch …
Danach wollen wir noch in die Bikini-Bar …
Komm doch mit! …
Die Frage aller Fragen schießt mir durch den Kopf: Was anziehen?
Ich trockne mich notdürftig ab und hüpfe zum Kleiderschrank, wo meine ebenso notdürftige Garderobe aufgehängt ist.
Dazu muss man wissen, dass ich mir normalerweise nicht wahnsinnig viel aus Klamotten mache. Irgendwie bin ich da einfach nicht der Typ für. Im Wirtshaus trage ich T-Shirt, Jeans und Schürze, und außerhalb des Wirtshauses … na ja. Außerhalb des Wirtshauses gibt ist ja irgendwie nicht. Ich meine, ich besitze natürlich schon auch ein Kleid, ein türkisfarbenes, trägerloses mit passendem Bolerojäckchen, das ich mir eigens für Beas Hochzeit bei K&L Ruppert in Weilheim gekauft hab, passende Ballerinas inklusive. Aber jetzt mal unter uns. Ich fühlte mich darin schrecklich. Wie eine Vogelscheuche, die man in feine Dessous gepackt hat.
Dessous sind übrigens ebenfalls nicht mein Ding. Ich sehe es einfach nicht ein, meine Zeit damit zu vergeuden, morgens den passenden BH zum Schlüpfer zu suchen, wenn das Ergebnis dann eh keiner zu Gesicht kriegt.
Ich meine, ist doch so.
Aber wenn ich heute Abend tatsächlich mit Tino ausgehen soll, werde ich mir Gedanken über meine Garderobe machen müssen. Alle Mädchen aus seiner Clique sind wahnsinnig interessant und schick gekleidet, und er selbst sieht ebenfalls aus, als ob er etwas von Mode verstünde. Also wühle ich mich durch den Inhalt meines Kleiderschranks: T-Shirts, Strickjacken, Sweatshirts, drei Paar Jeans.
Am Ende entscheide ich mich für ein schwarzes T-Shirt, das einigermaßen figurbetont geschnitten ist und betrachte mich darin im Spiegel. Ich drehe mich hin und her und versuche, mich einigermaßen hübsch zu finden. Normalerweise gelingt mir das ganz gut, aber heute?
Ich versuche es mit einem anderen T-Shirt. Dann mit einem Pferdeschwanz und schließlich mit einem Dutt, was komplett albern aussieht.
Ich fürchte, ich weiß, was mir nicht an mir gefällt. Ich vergleiche mich mit den Mädchen, die mit Tino am Stammtisch gesessen sind. Idiotisch, gell? Aber ist so.
Bedrückt lasse ich mich auf mein Bett sinken und setze mich dabei um ein Haar auf meinen Laptop, der immer noch im Bett liegt, halb verborgen unter der Decke.
Meine Laune wird plötzlich besser. Ich habe eine Idee.
Ich klappe den Laptop auf, fahre ihn hoch und freue mich wahnsinnig darüber, eine Bea zu haben. Ich öffne Skype. Sie ist tatsächline online, und ich wähle sie an. Wieder das Ufo-Geräusch, tut, tut, tut, dann geht sie dran.
Diesmal ist sie zerzaust und nicht ich, eine Tatsache, die mich aber nur für eine Millisekunde mit Genugtuung erfüllt, denn sofort wird mir klar, dass es kurz nach ein Uhr mittags ist, und damit in New York … kurz nach sieben. Und das an einem Samstag.
Autsch.
» Mann, Fanny«, flüstert sie. » Jasper schläft noch! Wichtig?«
Ich frage mich zwar, warum sie dann ihr Skype anmacht, nicke aber nur.
» Warte mal!«, wispert sie.
Mit pochendem Herzen beobachte ich, wie sich meine beste Freundin aus ihrem King-Size-Ehebett erhebt und mit mir beziehungsweise mit ihrem neuen iPad durchs Schlafzimmer trippelt. Dabei kann ich für eine Sekunde auch den Rücken
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