Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Breznkönigin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
Vom Netzwerk:
liebst mich gar nicht, richtig?«, frage ich.
    Ich sehe ihn an. Tränen laufen mir die Wangen runter, tropfen mir vom Kinn und von der Nase. Eine landet auf meinen Lippen. Sie schmeckt vertraut und salzig.
    » Fanny …«
    » Fanny, Fanny, Fanny!«, äffe ich ihn nach.
    » Fanny …«, sagt der Tino noch einmal.
    » Mehr hast du nicht zu sagen?«
    Er macht einen Schritt auf mich zu, versucht noch einmal, mich in den Arm zu nehmen, aber diesmal stoße ich ihn so heftig von mir weg, dass er ins Stolpern gerät. Dieser Riesenblödmann! Und ich Riesenblödmann! Ich war in diesen Mistkerl verliebt!
    » Lieb dich doch selber«, das ist alles, was ich fiepse.
    Und dann gehe ich.
    Ich gehe die Treppe hinunter und hinaus auf die Straße, zum Kottbusser Damm hoch und dann nach rechts. Ich gehe schnell, aber nicht so schnell, dass man mich nicht einholen könnte, doch der Tino folgt mir nicht. Ich gehe weiter in Richtung Kottbusser Tor, zur U-Bahn, und als gerade die wahrscheinlich erste U8 des Tages in Richtung Alexanderplatz einfährt und vor meiner Nase zischend die Tür aufgeht, steige ich einfach ein.

25
    Es ist eigentlich fast ein Wunder, so aufgekratzt und durcheinander wie ich bin. Oder vielleicht doch nur ein vollkommen natürlicher Mechanismus, wie bei einem Systemabsturz oder einem Kurzschluss? Dass ein Kopf, dem alles zu viel wird, einfach Feierabend macht und sich herunterfährt? Keine Ahnung, ich weiß es nicht. Auf alle Fälle kann ich mich gerade noch dazu zwingen, wach zu bleiben, bis der Schaffner kommt und mein Ticket kontrolliert hat. Aber kaum hat der die Abteiltür wieder zugeschoben, übermannt mich der Schlaf auf der Stelle.
    Tief schlafe ich, tief und traumlos, und ich wache erst wieder auf, als mich durch die geschlossenen Augenlider hindurch die Sonne blendet und ich bemerke, dass ich schweißgebadet bin. Im nächsten Augenblick brabbelt der Schaffner etwas von der nächsten Haltestelle ins Mikrofon, die da heißt: Ingolstadt.
    Oha. Fünf Stunden Zugfahrt einfach durchgeratzt. Da hatte wohl jemand etwas nachzuholen.
    Ich gähne, blinzele und strecke mich ausgiebig, und tatsächlich, da rollen wir auch schon über die Donau. Zugegeben, ich kenne die Gegend hier oben überhaupt nicht besonders gut, Ingolstadt liegt weit nördlich von München und Mingharting tief im Süden. Und doch kommt mir irgendetwas daran total vertraut vor. Die Formen der Dächer, die Häuser, die Straßen. Aber leider fühlt sich die Vertrautheit nicht gut an.
    Dem Stand der Sonne und dem Fahrplan nach zu urteilen, müsste es schon später Vormittag sein, aber so ganz genau kann ich es nicht sagen. Mein Handy habe ich gestern Nacht ausgeschaltet, denn kaum, dass ich in der S-Bahn in Richtung Hauptbahnhof saß, bekam ich Angst, der Tino könne anrufen und anfangen, mich irgendwie zu beschwatzen, und das wollte ich nicht. Ich kann nicht mit ihm diskutieren. Ich bin viel zu verwirrt, um irgendeinen klaren Gedanken zu fassen. Zu verwirrt und zu müde.
    Ich nicke wohl noch einmal weg, denn als ich die Augen das nächste Mal öffne, fahren wir schon in den Münchener Hauptbahnhof ein, in diese riesige, graue, taubenverdreckte Halle.
    München, Endbahnhof.
    Der Zug kommt quietschend zum Stehen. Das einzige Gepäckstück, das ich bei mir habe, ist meine Handtasche, die nehme ich und stolpere damit aus dem Abteil, das ich Gott sei Dank (beziehungsweise hoffentlich, denn sicher kann ich es ja nicht wissen) die ganze Fahrt über alleine hatte. Ich klettere mit wackligen Knien aus dem Zug, tapse vor zum Anfang der Gleise, dort, wo auf der großen Anzeigetafel die nächsten Verbindungen stehen, und stelle fest, dass ich etwas mehr als eine halbe Stunde habe, bis der nächste Zug nach Bad Tölz geht. Also beschnuppere ich die Imbissstände in der Halle, schrecke vor Hot Dogs und Dönern zurück und erstehe schließlich eine Käsebrezn, die durch das Glas der Vitrine einigermaßen essbar aussieht. Sie schmeckt dann zwar auch nicht viel besser als die gestern Vormittag im Alexa, aber ich habe seit meinem Besuch im Hofbräuhaus nichts Ordentliches mehr gegessen und beschließe deshalb, es mit dem Omilein zu halten, das in solchen Fällen zu sagen pflegt: Der Hunger treibt’s nei, der Ekel abi und der Geiz hält’s drin. Ich kaufe mir zum Nachspülen noch eine Pepsi und schütte sie hinunter, Schluck um Schluck um Schluck. Ich kann richtig spüren, wie die Flüssigkeit meine Kehle runterfließt und sich von dort aus wie in einem Schwamm

Weitere Kostenlose Bücher