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Die Brillenmacherin

Die Brillenmacherin

Titel: Die Brillenmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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da? Es war wichtig, sie wollte es begreifen, es erklärte das Licht, man konnte das Wunder erkennen und beinahe betasten! »Bitte erklärt es noch einmal.«
    »Nimm den Sonnenaufgang. An sich ist die Sonne weiß, durch Nebel und Rauch betrachtet aber erscheint sie rot. Selbst die Erde ist weiß! Sie wird von Zusätzen braun gefärbt. Wenn man sie verbrennt, ist sie wieder weiß. Der einzige Grund, warum Asche nicht vollkommen weiß ist, ist der |370| Rauch. Er färbt sie schwarz, zumindest teilweise.« Er stand auf und sah sie an. Lange sah er sie an.
    Es verschlug ihr den Atem.
    Als er wieder sprach, war seine Stimme brüchig. »Es gilt, eine Schlacht vorzubereiten.« Latimer trat auf die Tür zu. Dort hielt er inne, sein Blick fiel auf Lady Anne. »Wir sollten so nicht miteinander reden. Allein, meine ich. Ich möchte, daß du so bald wie möglich die Burg verläßt, Catherine.«

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    Hier hatte er gekniet. Genau hier. Der Steinboden war hart, es stach bis in die Knochen. Catherine blinzelte zum Altarlicht hinauf, das an drei Ketten von der Decke herabhing. Rotes Glas, mit schimmerndem Öl darin, es sah aus wie flüssiges Gold. »Gott«, sagte sie, »hilf mir. Ich will nicht sündigen.«
    Seit Sir Latimer gestern von Abschied gesprochen hatte, mußte sie fortwährend an ihn denken. Wie wohl die Ehe zwischen Lady Anne und ihm aussah? Besonders viel Liebe konnte man den beiden nicht ansehen. Thomas zu zeigen, was Liebe wirklich bedeutete! Womöglich hatte er es nie kennengelernt. Er würde überrascht sein, fasziniert, überglücklich.
    Das Gewissen pochte, es gab den Wünschen einen bedrohlichen Charakter, der sie um so reizvoller machte. Sie mußte an den Traum von letzter Nacht denken. Hitze stieg in ihre Wangen. Sie hatte mit Thomas in Lady Annes Bett gelegen auf frischen, duftenden Tüchern. Sie hatten gesprochen, über das Licht und Aristoteles, und dann hatte sie ihn gestreichelt. Er hatte die Augen geschlossen, sie hatte sich seinem Gesicht genähert, hatte ihn geküßt.
    Catherine schüttelte den Kopf. »Allmächtiger, ich möchte das nicht! Ich weiß, daß es Sünde ist, daß ich damit die Ehe breche. Ich will deine Gebote nicht übertreten. Bitte, vertreibe die Gedanken aus meinem Kopf!«
    Womöglich wäre es sogar eine gute Tat, ihn zu lieben? Sollte Lady Anne sterben, würde er Trost brauchen. Woher sollte er all die Kraft nehmen, die er brauchte, um sich gegen die Angriffe der Kirche zu verteidigen? Diente sie nicht Gott, wenn sie ihm half?
    Catherine Rowe, die Ehebrecherin.
    Und?
    |372| »O Cath, tu das nicht!« murmelte sie. Gott würde sie hart bestrafen. »Erinnerst du dich nicht daran, wie du zerschlagen in der Küche gehockt hast in Nottingham, weil du dachtest, Elias hat eine andere? So wird es Lady Anne gehen, wenn sie merkt, wie du um Thomas Latimer herumschleichst.«
    Lady Anne hatte ihn lange genug gehabt. Sie hätte ja besser für ihn sorgen können. Vielleicht war sie gar nicht so sehr verletzt. War man nicht nur dann verletzt, wenn man liebte? Liebe konnte man das nicht nennen, was zwischen Lady Anne und Thomas bestand. Sie hatte ihn verraten an Courtenay!
    Und sie? Hatte sie ihn nicht genauso verraten und hintergangen?
    Catherine schrak zusammen. Jemand betrat die Kapelle. Hatte sie laut gesprochen oder nur nachgedacht?
    »Geh, ich möchte beten.«
    Latimer. Wie kalt er sie ansah! Warum konnten sie nicht gemeinsam beten, wie sie es schon getan hatten?
    »Hast du mich nicht verstanden? Verschwinde.«
    Catherine duckte sich unter seinem vernichtenden Blick. Sie eilte hinaus. Was war in ihn gefahren? Warum sah er sie so haßerfüllt an? War das Gottes Antwort auf ihr Gebet?
    Draußen herrschte grelles Sonnenlicht, es trieb ihr Tränen in die Augen. Sie beschirmte den Blick. Im Burghof war ein Schleifstein aufgestellt, man kurbelte ihn zu rascher Drehung an. Männer hielten Klingen dagegen, um sie zu schärfen. Das Eisen kratzte über den Stein. Funken sprühten.
    Der Captain gab Anweisungen, in welchem Winkel das Schwert zu halten sei. Als er Catherine sah, löste er sich aus der Gruppe und trat auf sie zu. »Es gibt gute Nachrichten.«
    »Welche sind das?«
    »Ich glaube, Lady Anne wird durchkommen. Sie hat wieder ein wenig Farbe im Gesicht, und sie verliert kaum noch Blut, die Wunde ist gut verkrustet.«
    Lady Anne. Deshalb war Thomas so mürrisch. Er brauchte Catherine nicht mehr. »Das freut mich«, log sie. »Ihr könnt es wohl doch mit einem Medicus aufnehmen.«
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