Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brillenmacherin

Die Brillenmacherin

Titel: Die Brillenmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
niedergesetzt hätte, um ihnen eine Weile zuzuhören. Dieser Mann hatte Frieden.
    Ihn zu gewinnen! Ihn von der falschen Sache abzubringen! Es war eine große Aufgabe, aber er würde sie erfüllen, ohne Zweifel, mit genug Zeit würde es ihm gelingen, Doktor Hereford zurechtzurücken.
    Er lächelte. Da schlief es, sein Väterchen, das sich verirrt hatte. Er trat näher, streckte die Hand aus. Er streichelte dem schlafenden Alten die Wange.
     
    In Windsor Castle in der Halle des heiligen Georg warteten sie. Thomas hatte manche von ihnen lange nicht gesehen: Sir Clifford und Sir Clanvow das letzte Mal auf der Bretonischen Expedition, Sir Sturry, als sie gemeinsam die Mutter des Königs bewachten, während man gegen die Schotten zu Felde zog. Daß ihm die alten Ritter zunickten wie einem Gefährten, gab ihm das Gefühl, wichtig zu sein. Offenbar billigten sie seinen Plan, vor den König zu treten, und teilten nicht Nevills Bedenken.
    Cheyne und Montagu begrüßte er mit freundschaftlicher Umarmung. Jeder war auf das beste gekleidet, die Bärte waren gestutzt, die Haare gekämmt. Montagu und Clifford zeigten ihre Zugehörigkeit zu Englands höchstem Orden: Sie trugen Mäntel von blauem Samt und schwarze Mützen mit Federn, als wäre heute der Tag des heiligen Georg, an dem die Mitglieder des Hosenbandordens für gewöhnlich zusammentraten. Wann hatte er sie zuletzt in dieser Kleidung gesehen?
    Er sagte: »Hoffen wir, die Majestät ist in guter Verfassung, nicht wahr?«
    Die Ritter sahen zu Boden, schwiegen.
    Und plötzlich begriff Thomas, daß niemand seinen Plan billigte. Der Geheimbund hatte sich allein deshalb zusammengefunden, weil es keinen anderen Ausweg mehr gab. Die Lage mußte kritischer sein, als er es gesehen hatte.
    |402| Wenn es mißglückte … Er besaß nicht mehr als eine verbrannte Burg und einige kleine Landgüter. Aber, gütiger Gott, was setzten sie aufs Spiel! Sturry war Verwalter und Bewahrer der Burg und Stadt von Aberystwyth, Clifford hatte Cardigan Castle, Nevill die Festung in Nottingham. Der Ruf, den sie verloren! Die besten Ritter Englands, als Ketzer aus königlicher Gunst verstoßen, enteignet, verbannt!
    Das Dach der Halle schwebte höher über seinem Kopf, als die Wachtürme Braybrookes hinaufreichten. Es war, als hätte man Windsor Castle zur Wohnung für Giganten errichtet. Bögen verzierten die Wand, in jedem Bogen das Bildnis eines Königs. Ihnen gegenüber waren Fenster eingelassen. Lichtstrahlen brachen in die Halle. Von der Flügeltür am anderen Ende des Saales näherte sich jemand. Er durchlief Lichtfelder und Schattenfelder. Die Größe der Halle machte ihn zu einem Floh. Der rote Teppich dämpfte seine Schritte. Bevor er die Ritter erreichte, murmelte der alte Clanvow: »Wir sind irre. Das taugt für Geschichten. Vielleicht schreibt mein guter Freund Chaucer eines Tages darüber.«
    Nevill trat dem Ankommenden entgegen: »Simon, es ist eine Freude, Euch zu sehen.« Die enge, mit goldenen Tierbildern bestickte Schecke wollte nicht recht zu Nevill passen, auch der breite, schräg hängende Gürtel nicht. Ein Nevill hatte nicht mit der Mode zu gehen, er hatte sich praktisch zu kleiden. Warum hatte Nevill sich der am Hof üblichen Kleidung angepaßt? Warum trugen Montagu und Clifford das Ordensgewand? All dieses sprach doch Bände! Es sah schlecht aus. Ihr Erfolg hing offenbar an seidenem Faden. Thomas wurden die Knie weich.
    Vertraut gaben sich Sir Simon Burley und Nevill die Hände. Nevill fragte: »Wie geht es de la Pole?«
    »Den Umständen entsprechend. Ich selbst halte ihn in Gefangenschaft, Ihr könnt Euch denken, daß ich es ihm so leicht wie möglich mache. Von Zeit zu Zeit besucht ihn der König, sie haben, zum Entsetzen des Parlaments, in Windsor gemeinsam Weihnachten gefeiert. Aber das schmälert nicht den |403| Umstand, daß er entmachtet und enteignet wurde. Der Kanzler, nach dreißig Jahren gutem Dienst für England! Es ist unglaublich.«
    »Was steckt dahinter, was meint Ihr? Nur die Mißgunst der anderen, weil er zum Earl von Suffolk ernannt wurde?«
    »Wenn Mißgunst, dann eher, weil Seine Majestät de Vere zum Herzog von Irland gemacht hat. An de Vere kommen sie nicht heran, also haben sie de la Pole genommen. Ich denke, sie verfolgen den Plan, dem König einen Freund nach dem anderen zu entreißen, ihn zu isolieren, um ihn schließlich zu stürzen. Wer besetzt jetzt de la Poles Amt? Thomas Arundel, der Königsfeind. Als Kanzler! Und den Schatzmeister haben sie

Weitere Kostenlose Bücher