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Die Brillenmacherin

Die Brillenmacherin

Titel: Die Brillenmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gesagt, eine Liebesehe. Es geht mir um keine Ländereien. Diese Frau liebt mich, versteht ihr, sie weiß um meine Schwächen und liebt mich doch.«
    »Cheyne.« Nevill schüttelte den Kopf. »Du vernachlässigst nicht nur dein Pferd, sondern bist auch zum Schwärmer geworden. England ist in Gefahr! Kümmert dich die Bedrohung durch Frankreich nicht?« Er hob das Schwert an der Parierstange in die Höhe, nur um es wieder fallen zu lassen und dabei die Spitze fest auf dem Boden aufzusetzen, als rammte er sie einem Liegenden in die Brust.
    »Frankreich soll kommen«, sagte Latimer. »Die Zeit der Schwäche ist überwunden. Die Schiffe, die Sir Stanley nach Irland geleitet haben, sind längst zurückgekehrt. Die Größten wachen über London. Und hat nicht John von Gaunt den Befehl, seine Flotte umgehend heimzuschicken, sobald er und seine achttausend Mann Fuß auf spanischen Boden gesetzt haben? Wenn sie eintreffen, ist die englische Flotte bei ihrer alten Stärke und wird einen Angriff der Franzosen schon auf dem Meer zurückschlagen.«
    |47| »Und dann, Nevill, bedenke die Erfolge der Admiräle Trivet und D’Arcy.« Montagus Augen glühten. »Sie haben diesen Sommer vier genuesische Tarits und ein großes Schiff der Spanier gekapert, die
Heilige Maria

    Nevill schnaubte. »Ich halte es für einen großen Fehler, in diesen Zeiten Schiffe der Genueser und der Spanier zu rauben.«
    »Aber sie waren unterwegs nach Sluys!«
    »Jetzt liegen sie in Sandwich vor Anker, und ich bezweifle, daß den Genuesern und den Spaniern der Tausch recht ist.«
    Thomas Latimer strich sich über die Stirn und beschattete die Augen. »Bis Weihnachten treffen noch zehn bewaffnete portugiesische Galeeren in London ein, wenn sich der König von Portugal an seinen Vertrag mit König Richard hält. Es wird vielleicht große Schlachten geben, aber wir werden siegen.«
    »Anne«, sagte er unvermittelt, ohne aufzusehen, »das sind doch keine Dinge, die dich interessieren. Möchtest du uns nicht allein lassen?«
    Damit hatte sie nicht gerechnet. Er sprach es offen aus? Er warf sie aus dem Zimmer? Sie rang um eine Antwort, suchte einen Ausweg. Ihr Kopf war leer. »Natürlich«, sagte sie.
     
    »Wolltest du Anne nicht längst einweihen?« Montagu blickte auf die Tür, die sich gerade hinter ihr geschlossen hatte. »Sie ist eine kluge Frau, und sie muß spüren, daß du Geheimnisse vor ihr hast. Das Stillschweigen wird euch voneinander trennen.«
    Latimer schwieg.
    »Ich kenne viele Frauen, die Gott wohlgestalt geschaffen hat. Annes Schönheit mag nicht jener Art sein, die ein müdes Herz entflammt. Aber sie strahlt Würde aus. Dazu die Alabasterhaut, die ihre Kieferlinie zart bedeckt, der kühle, junge Blick, das langgelockte Haar. Du liebst sie doch?«
    »Es ist jetzt keine Zeit für Gedichte, Montagu. Lassen wir die Frauen für einen Augenblick.« Latimer erhob sich und trat ans Fenster. »Ich habe euch nicht ohne Grund zusammengerufen. Philip Repton ist, wie mir zugetragen wurde, in die Dienste Courtenays eingetreten.«
    |48| Nevill sprang auf. Rote Streifen liefen über sein Gesicht. »Dieser Hund wagt es!«
    Cheyne war gerade damit beschäftigt, sich Wein nachzugießen. Ein gehöriger Schwall aus der Kanne verfehlte den Kelch.
    Montagu biß sich die Lippe. »Die Frage ist, ob er uns verrät.«
    »Natürlich verrät er uns.« Nevills Nasenflügel blähten sich. »Jeden einzelnen Namen wird er preisgeben, uns vier, alle anderen. Er wird König Richard Warnungen wie Gift einflößen.«
    »Was bedeutet schon unser Leben?« Latimer folgte mit den Fingern den Fugen am Fensterbogen. »Ein wenig Lesen, einige Schlachten, die Geschäfte als Landherr. Viel schlimmer ist, daß Courtenay Doktor Hereford auf der Fährte ist. Seine Späher eilen durch das Land wie Spinnen, um Hereford mit klebrigen Fäden zu fangen, und nach Hereford, gestärkt und ermutigt, Nevill, Cheyne, Montagu, Latimer.«
    Cheyne schloß die Augen. »Er darf den Doktor auf keinen Fall in die Finger bekommen. Sonst ist alles umsonst gewesen. Kommt Hereford voran mit der Bibelübersetzung?«
    »Er ist beim Buch Daniel angelangt«, sagte Latimer. »Ein fleißiger Mann. Wycliffe hat das Neue Testament in vierundzwanzig Jahren übersetzt. Hereford schafft das Alte Testament in siebzehn oder achtzehn Jahren, obwohl es viel umfangreicher ist. Seit Wycliffe tot ist, predigt der Doktor kaum noch. Er sitzt in seinem Versteck und schreibt und schreibt.«
    »Du meinst, er wird die Arbeit bald

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