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Die Brillenmacherin

Die Brillenmacherin

Titel: Die Brillenmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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und die Glasreste für sie zusammenfegte und sie hinaustrug. Er ließ eine Schleifbank aus London kommen. Kein langwieriges Reiben der Gläser in den Schleifschalen mehr, keine schmerzenden Handgelenke! Sie mußte nichts anderes tun, als eine Kurbel an der Seite der Maschine zu drehen. Diese Kurbel brachte ein Rad in Bewegung, |167| und dieses Rad zog ein Seil, das über mehrere Rollen lief und eine Spindel antrieb. Es war ein Wunder, wie oft die Spindel herumwirbelte, während sie ein einziges Mal die Kurbel um ihre eigene Achse drehte. Es war ein Wunder, wie gut es Catherine hier erging.
    Sie schlüpfte durch den Vorhang nach draußen. Dick stand die Luft im Calefaktorium. Wo befand sich das Loch? Würden die Augustiner es sehen, wenn sie nach Ablauf der Nacht zur Arbeit erschienen? Es kostete einige Mühe, es zu finden. Als sie es entdeckte, sah sie hindurch in ihre Werkstatt. »Da wohnen wir, Laurence.« Wie durch ein Fenster blickte sie in ihr Leben, und es zeigte eine herrliche Ordnung. Die Werkzeuge lagen in Reihen auf den Tischen. Ein feines Leinentuch bedeckte die Schleifbank. Drei Talglichter tauchten den Raum in warmes, gelbes Licht.
    Innerhalb weniger Wochen hatte sie ein neues Zuhause bekommen. Und ihre Arbeit fand Anerkennung. Courtenay schaffte fortlaufend Käufer heran, er kannte ganz England. Berühmte Männer und reiche Edelfrauen nahmen Reisen auf sich, um Catherines Brillen anzuprobieren, und wer nicht kommen konnte, dem schickte Courtenay gestielte Eingläser, sogenannte Manokel, und Lesesteine, Okulare genannt, die Catherine hergestellt hatte.
    Sie wagte es nicht, ihm zu sagen, daß sie ein Kind im Leib trug. Eine gewisse Furcht hinderte sie daran, die sie selbst nicht verstand. Laurence war die Verbindung zu ihrem früheren Leben. Ängstigte sie sich, daß Courtenay von diesem Leben Kenntnis nehmen könnte und dann einsah, daß er sie zu großzügig förderte? Oder bereitete es ihr Sorgen, daß er Elias als Rivalen empfinden würde, als Gegner, und daß das Kind eine Mauer zwischen ihm, dem Gönner, und ihr, der Beschenkten, errichtete?
    Sie trat vom Vorhang zurück. Ein kalter Hauch fuhr ihren Rücken herunter. Im Nacken richteten sich die Haare auf. Es war etwas Schreckliches im Calefaktorium. Etwas, das nicht hier sein durfte, etwas Dämonisches.
    |168| Langsam drehte sie sich um, hoffte, es würde unter ihren Blicken verschwinden. Aber es blieb: Drei Flammen, die an der Wand tanzten.
    Kopfstehende Flammen.
    Böse Geister lachten, lautlos, höhnisch. Catherine bekreuzigte sich. Die Lichter lösten sich nicht auf. »Jesus Christus, hilf mir!« flüsterte sie. Die Lichter zuckten und glühten, sie leuchteten ihre hohle Teufelsseele in den Raum und bedrohten Catherine. »Verschwindet, im Namen Jesu!« sagte sie.
    Ihr brach der Schweiß am ganzen Körper aus.
»Pater noster, qui es in caelis, sanctificetur nomen tuum.«
Ihre Lippen bebten.
»Adveniat regnum tuum.«
    In diesem Augenblick klopfte es an die Tür. Catherine machte vor Schreck einen Satz nach hinten. Der Vorhang empfing sie – eine Bestie, die hinter ihr gelauert hatte. Catherine wand sich frei.
    Es klopfte erneut. Die Lichter waren verloschen.
    »Wer ist da?«
    Keine Antwort.
    Sie schlich näher zur Tür. Wenn der Besucher die Dämonen vertrieben hatte, konnte es nicht der Teufel selbst sein.
    Jemand trat gegen die Tür. »Öffne!« Es war Reptons Stimme.
    »Was wollt Ihr? Es ist spät.«
    »Mach auf.«
    »Hat Euer Begehr nicht Zeit bis morgen?«
    »Es eilt. Ich muß dir etwas berichten.«
    Repton hatte in den vergangenen Wochen keine Gelegenheit versäumt, sie wie zufällig zu berühren. In schmalen Türrahmen hatte er sich an ihr vorbeigepreßt, bei Besuchen in der Werkstatt hatte er ihr die Zange oder den Zirkel gereicht und dabei ihre Hand gestreift. Es gefiel ihr nicht, wie er sie ansah. Er dachte wohl, sie würde aus Dankbarkeit für seine Fürsprache beim Erzbischof das Bett mit ihm teilen. »Sir Repton, Ihr wißt, daß ich Euch nicht einlassen werde.«
    »Du schuldest mir etwas, und ich werde es mir holen.«
    »Ich bitte Euch –«
    |169| »Lange genug hast du mich zum Narren gehalten. Du weißt genau, was du versprochen hast damals, deine Blicke haben es gesagt, und du hast gesehen, daß ich es verstanden habe. Ich habe gute Worte für dich eingelegt bei Courtenay. Nun halte dich an deinen Teil des Geschäfts!«
    »Ich kann nicht.«
    »Irgendwann überrasche ich dich, wenn du vergessen hast, den Riegel vorzulegen. Verlaß

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