Die Brooklyn-Revue
gefällt.
«Ah, qué linda»,
sagte sie, «die ist aber hübsch.» Tom bestätigte ihre Meinung mit einem stummen Nicken, zweifellos zu bewegt, um etwas zu sagen, da er nur an seine geliebte Nancy denken konnte, deren himmlische Hände dieses kleine funkelnde Gebilde geschaffen hatten.
Ich nahm die Kette aus der Schachtel und hielt sie Marina hin. «Legen Sie die doch einmal an», sagte ich. «Damit wir sehen können, wie sie wirkt.»
Das war meine ursprüngliche Absicht – dass sie sie uns einfach mal vorführte –, aber als sie die Kette in die Hände nahm und an ihre hellbraune Haut legte (die kleine Fläche unbedeckten Fleischs unmittelbar unter dem geöffneten obersten Knopf ihrer türkisfarbenen Bluse), überlegte ich es mir plötzlich anders. Ich wollte ihr die Kette schenken. Für Rachel konnte ich jederzeit eine neue kaufen, aber diese hier stand Marina so gut, dass sie ihr bereits zu gehören schien. Andererseits, wenn ich den Eindruck erweckte, dass ich sie anmachen wollte (natürlich wollte ich das, machte mir aber keine Hoffnungen), fühlte sie sich von mir womöglich in eine peinliche Lage gebracht und lehnte das Geschenk ab.
«Nein, nein», sagte ich. «Nicht nur dranhalten. Legen Sie sie um, damit wir sehen, ob sie auch richtig hängt.» Während sie hinten an der Schließe herumfummelte, versuchte ich mir hektisch etwas auszudenken, das ihren Widerstand überwinden könnte. «Jemand hat mir erzählt, Sie haben heute Geburtstag», sagte ich. «Stimmt das, Marina, oder hat man mich auf den Arm genommen?»
«Nicht heute», antwortete sie. «Nächste Woche.»
«Diese Woche, nächste Woche – was macht das für einen Unterschied? Er steht jedenfalls kurz bevor, und das heißt, Sie befinden sich bereits in der Geburtstagsaura. Das steht Ihnen ins Gesicht geschrieben.»
Marina hatte die Kette jetzt umgelegt und lächelte. «Geburtstagsaura? Was ist das?»
«Ich habe diese Halskette heute ohne besonderen Grund gekauft. Ich wollte sie jemandem schenken, aber ich wusste nicht, wer das sein sollte. Jetzt sehe ich, wie gut sie Ihnen steht, und möchte, dass Sie sie behalten. Das macht die Geburtstagsaura. Die ist so stark, dass sie die Leute dazu bringt, alle möglichen seltsamen Dinge zu tun. Als ich dieKette gekauft habe, wusste ich es noch nicht, aber ich habe sie für Sie gekauft.»
Anfangs schien sie glücklich, und ich dachte, es werde keine Probleme geben. Der Ausdruck ihrer lebhaften braunen Augen sagte mir deutlich, dass sie sie behalten wollte, dass sie gerührt war, dass ihr die Geste schmeichelte; dann aber, als die erste Woge der Freude vorüber war, begann sie ein wenig darüber nachzudenken, und ich sah Zweifel und Verwirrung in ebendiese braunen Augen treten. «Sie sind ein toller Mann, Mr. Glass», sagte sie, «und ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar. Aber ich kann von Ihnen keine Geschenke annehmen. Das ist nicht richtig. Sie sind ein Kunde.»
«Darüber machen Sie sich keine Sorgen. Wer kann mich daran hindern, meiner Lieblingskellnerin ein Geschenk zu machen? Ich bin ein alter Mann, und alte Männer können tun und lassen, was sie wollen.»
«Sie kennen Roberto nicht», sagte sie. «Der ist sehr eifersüchtig. Er will bestimmt nicht, dass ich Geschenke von anderen Männern annehme.»
«Ich bin kein Mann», sagte ich. «Ich bin nur ein Freund, der Sie glücklich machen will.»
An dieser Stelle gab nun endlich Tom seinen Senf dazu. «Er meint das ganz bestimmt nicht böse», sagte er. «Sie kennen Nathan doch, Marina. Er ist ein kleiner Spinner – ständig muss er was Verrücktes anstellen.»
«Gut, er ist ein Spinner», sagte sie. «Und sehr nett. Ich möchte bloß keinen Ärger haben. Sie wissen doch, wie das ist. Eins führt zum anderen, und bumm.»
«Bumm?», sagte Tom.
«Ja, bumm», bestätigte sie. «Und sagen Sie jetzt nicht, ich soll Ihnen das erklären.»
«Also schön», sagte ich, als mir plötzlich klar wurde, dassihre Ehe längst nicht so friedlich war, wie ich angenommen hatte. «Ich glaube, ich weiß eine Lösung. Marina behält die Kette, nimmt sie aber nicht mit nach Hause. Sie bleibt immer hier im Restaurant. Sie trägt sie zur Arbeit, und über Nacht bewahrt sie sie in der Kasse auf. Auf die Weise können Tom und ich die Kette täglich bewundern, und Roberto wird nie etwas davon erfahren.»
Das Ansinnen war so grotesk, so hinterhältig, die vorgeschlagene List so abwegig und dürftig, dass Tom und Marina vor Lachen aufbrüllten.
«Wow», sagte
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