Die Bruderschaft Christi
nicht Ihr Ernst«, stöhnte Tom konsterniert. »Die Geschichte von Jesus Christus ist nichts weiter als ein Komplott, das vor zweitausend Jahren geschmiedet wurde, um den Juden einen König zu bescheren?«
Professor Jungblut lächelte mitleidig. »Die Rolle muss aus Chirbet Qumran in den Salomonischen Tempel verbracht worden sein, denn dort fanden die Templer das Vermächtnis von Shelamizion, dem Lehrer der Gerechtigkeit aus Qumran. Und sie wussten, was sie in den Händen hielten. Und auch die Kirche wusste nur zu gut, welche Verwirrung die Bekanntmachung dieser Jesusgeschichte auslösen würde. Zwar ist eine Zeitbestimmung anhand statigrafischer Belege nicht möglich. Es gibt weder Leitfossilien, noch lässt sich über den Boden eine Zeitbestimmung ableiten. Aber es gibt die Gefäße, und es gibt die Lederrollen, die nach der C14-Methode etwa 2000 Jahre alt sind.«
»Jesus war ein Essener?«, wiederholte Tom ungläubig.
»Ich sagte doch, im Grunde genommen glauben die Christen dieser Welt an eine zweitausend Jahre alte Lüge, die vielleicht trotz allen Blutes, das bisher für den Glauben vergossen wurde, diese Welt ein klein wenig erträglicher gemacht hat.«
Tom erhob sich und ging zum Fenster. »Diese Rolle, kann ich sie sehen?«
»Sie ist nicht hier, sie befindet sich in Sicherheit«, antwortete der Professor.
»Übrigens, bei den Ausgrabungen in Chirbet Qumran wurden in den Gräbern die Leichen zweier Frauen gefunden. Sie haben sicher davon gehört.«
Tom schüttelte den Kopf. »Ich kenne die Geschichte der Schriftrollen nur noch aus dem Studium. Ich kann mich nur noch dunkel daran erinnern.«
»Die Familie von Jehoshua ben Joseph wurde dort bestattet. Maria, die Mutter, und Magdalena, die Schwester. Doch dafür gibt es leider keine Beweise. Es ist eine Theorie, wie gesagt.«
»Und die Auferstehungsgeschichte? Hatte Chaim Raful auch damit recht, dass Jesus überhaupt nicht in Jerusalem bestattet wurde?«
»Ein König reitet durch ein Tor, mitten hinein in eine Stadt, die von den Römern beherrscht wird. Jehoshua begab sich in die Höhle des Löwen. Er vertraute auf Gott und auf das Volk. Er war der Ansicht, dass Rom es nicht wagen würde, Hand an ihn zu legen und einen Aufstand im gesamten Reich zu riskieren. Doch er hatte sich getäuscht. Flavius, ein aufrechter Römer, der sich sehr für den neuen König der Juden und für dessen Ideen interessierte, berichtet in der zweiten Rolle davon, dass es dem römischen Statthalter gelang, die hauptsächlich pharisäischen Hohepriester gegen Jehoshua aufzubringen. Offenbar machte er ihnen klar, dass sich mit dem steigenden Einfluss des neuen Königs und Gottes auch ihre Regentschaft dem Ende zuneigte. So waren es die Hohepriester, die für seine Verurteilung sorgten. Ein weiterer geschickter Schachzug der Römer. Jedoch wurde er nicht gesteinigt, wie es die Sitte der Juden war, sondern gekreuzigt. Und wir alle wissen, dass es die Art Roms war, seine Gegner an ein Kreuz zu schlagen. Doch bestattet wurde er in Jerusalem nicht.«
»Die Grabeskirche, das Grab Jesu, alles Lüge?«
»Tatsächlich war es der Wille des Statthalters, dass der Körper des Erlösers dem Feuer übergeben werden sollte«, erklärte Jungblut. »Doch es kam anders. Gefolgsleute stahlen den Leichnam und gaben ihm seine ewige Ruhe. Im Übrigen gibt und gab es viele Religionen im Altertum, in denen die Götter vom Reich der Toten wiederkehrten. Die Essener hatten also nichts Neues erfunden. Es passte gut ins Konzept und ließ so manche Option offen, denn ein neuer Glaube entstand, und irgendwann würde Roms Herrschaft enden.«
»Dann wurde er also ebenfalls in Qumran bestattet?«, fragte Moshav.
Der Professor zuckte mit der Schulter. »Leider hat die zweite Rolle die Zeit nicht so gut überstanden wie das Vermächtnis Shelamizions. Einzelne Fragmente konnten wir bislang übersetzen. Dann brachte Chaim die Rollen in Sicherheit. Seine Verfolger waren hier aufgetaucht.«
»Der Text, was stand darin?«, fragte Tom wissbegierig.
»Es hieß im ersten Absatz: … tief in der Mutter, die alles Leben gebar … zurückgekehrt zum Vater … der König der Könige … zu richten. Im zweiten Absatz waren noch die Worte: … in den Schoß seines Volkes … die Festung, die den Eindringlingen trotz … hoch oben auf dem Felsen der Freiheit.«
Moshav zog die Stirne kraus. »Eine Festung, auf einem Felsen. Das kann sich doch nur um Masada handeln.«
»Masada«, bestätigte der Professor. »Auch Chaim
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