Die Bruderschaft Christi
das?«, fragte sie wissbegierig.
Jean winkte an. »Es war nur Paul, er fragte, ob er uns heute die Stadt zeigen soll.«
Yaara atmete erleichtert auf.
»Du machst dir Sorgen um Tom.«
»Ich halte es hier nicht länger aus.«
Jean seufzte. »Ich verstehe dich. Sagen wir, wenn sich Tom bis heute Mittag nicht meldet, dann fahren wir nach Deutschland. Einverstanden?«
Yaara nickte. »Ich hoffe, dass ihm nichts passiert ist.«
Rom, Sanctum Officium …
Pater Leonardo war früh aufgestanden. Nach dem Morgengebet nahm er ein karges Frühstück zu sich, bevor er sich in sein Arbeitszimmer zurückzog. Auf seinem Schreibtisch lag Post. Ein großes Kuvert. Eine Eilzustellung aus Jerusalem.
Pater Phillipo hatte das Kuvert mit der Sonderpost geschickt. Pater Leonardo riss erwartungsvoll das Kuvert auf. Eine Besitzstandsurkunde lag darin. Unterzeichnet vom Direktor des Israelischen Amtes für Altertümer, gegengezeichnet vom zuständigen Beamten für Grabungsarbeiten. Pater Leonardo nickte zufrieden. Die Vollmacht des Sanctum Officium hatte der Kardinalpräfekt bereits gestern unterzeichnet. Das kirchliche Siegel zierte das Dokument. Nun konnte nichts mehr schiefgehen. Jean Michel Picquet hatte ihm bereits in der Nacht eine Mail auf seinen Computer geschickt. Die Vorbereitungen waren abgeschlossen, und die Expedition war bereits auf dem Weg. Die Behörden im Heiligen Land hatten nach der großzügigen Spende für diverse Museen der Stadt keine Einwände gegen die notwendigen Genehmigungen. Die Zeit drängte. Doch auf Picquet konnte sich Pater Leonardo verlassen. Er würde keine Amateure verpflichten, er kannte genügend Profis, die diesen Job mit links erledigen konnten.
Pater Leonardo konnte sich nun ganz alleine auf seine Aufgabe in dieser Angelegenheit konzentrieren. Die Kosten für die Sendezeit waren zwar immens hoch, dennoch würden am Ende ein paar Millionen auf dem Konto verbleiben. Ein Konto, für das der Kardinalpräfekt höchstpersönlich die Bürgschaft übernommen hatte.
Pater Leonardo legte sich zufrieden zurück. Alles lief nach Plan, nun musste er nur noch abwarten, bis sich in Süddeutschland etwas bewegte.
Als ihn das Klingeln des Telefons aus seinen Gedanken riss, erschrak er zunächst. Er richtete sich auf und griff zum Hörer. Bruder Markus aus Freising war am Telefon.
»Entschuldigen Sie die frühe Störung, aber ich sollte mich melden, sobald es ungewöhnliche Vorgänge in unserer Gegend gibt«, sagte der junge Mann mit einem entschuldigenden Unterton in seiner Stimme.
»Gibt es denn etwas Ungewöhnliches?«
»Das will ich wohl meinen. Zumindest berichten einige Lokalsender unabhängig voneinander, dass es in der Nähe von Bischofswiesen zu einer Schießerei zwischen zwei rivalisierenden Banden gekommen ist. Es gab Tote und Verletzte. Zwei Einwohner aus Bischofswiesen sind darunter. Ich habe natürlich sofort Erkundigungen eingezogen. Bei einem der Opfer soll es sich um den querschnittsgelähmten Professor Jungblut handeln. Er war Historiker und unterrichtete an der Universität in München.«
»Das ist sehr interessant«, entgegnete Pater Leonardo, dessen Herz bis zum Halse pochte. Offenbar ging es früher los als erwartet.
»Ich habe einen Bekannten beim Alpenradio in Garmisch. Man munkelt, dass diese Schießerei mit den Morden in Ettal und der Wieskirche zusammenhängt. Es soll drei Leichen geben. Die Verletzten wurden in die nahen Krankenhäuser eingeliefert. Der Polizeibeamte, der die Ermittlungen in Ettal führt, ist auch für diese Sache zuständig.«
Pater Leonardo atmete tief ein. »Junger Freund, das haben Sie ausgezeichnet gemacht. Ich werde in wenigen Stunden in München landen. Es wäre gut, wenn Sie für ein paar Tage mein Begleiter wären. Ich erzähle Ihnen, um was es geht, wenn Sie mich am Flughafen abholen.«
»Da müsste ich erst mit dem Dekan sprechen«, entgegnete Bruder Markus.
»Ich werde das regeln«, sagte Pater Leonardo. »Halten Sie sich bitte bereit. Ich werde Ihnen die Ankunftszeit in München noch mitteilen.«
Nachdem das Gespräch beendet war, rief Pater Leonardo beim Kirchlichen Dienst an und ließ sich mit der Flugdisposition verbinden. Knappe zehn Minuten später wurde für ihn der Learjet zum Abflug vorbereitet.
Pater Leonardo strich sich durch seine dichten schwarzen Haare. Nun waren die Dinge ins Rollen gekommen und ließen sich nicht mehr aufhalten. Er erhob sich und blickte hinaus in den Himmel über der Heiligen Stadt. Die Luft flirrte
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