Die Bruderschaft Christi
hat einen Streifschuss an der Schläfe abbekommen. Er hat wahrscheinlich eine schwere Gehirnerschütterung, und der Blonde hat eine leichte Rauchvergiftung. Außerdem ist sein Kiefer geschwollen. Ansonsten ist er unverletzt. Sie kommen beide ins Klinikum nach Berchtesgaden.«
Bukowski nickte. »Der Tote vor der Hütte hatte einen Komplizen mit einer Brandverletzung im Gesicht. Außerdem fehlt dann noch Steinmeier, wenn ich mich nicht täusche.«
Ortlieb nickte und deutete auf die niedergebrannte Hütte. »Vielleicht dort drinnen. Soll die Feuerwehr mit der Suche beginnen?«
Bukowski schüttelte den Kopf. »Wir warten auf die Spurensicherung«, entschied er.
»Die sind auf dem Weg.«
»Hat eigentlich irgendeiner unserer Verhafteten schon etwas gesagt?«
Ortlieb zog seinen Zeigefinger durch die Luft. »Der Blonde hustet sich die Seele aus dem Leib, und dem Schwarzhaarigen gehen andauernd die Lichter aus.«
»Und die Frau?«
»Der Notarzt hat sie in ein künstliches Koma versetzt. Die wird eine ganze Weile schweigen.«
Bukowski kniff seine Lippen zusammen. »Gut, dann bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten, was der Tatort uns verrät.«
Ortlieb schaute auf seine Armbanduhr. »In einer Stunde wird es hell, dann ist noch ein bisschen mehr zu sehen.«
Strub, Berchtesgadener Land …
Lisa hatte gewartet, bis die Spurensicherung im Haus des Professors abgeschlossen war. Sie hatte die Gelegenheit genutzt und sich im Haus umgesehen. Bücher lagen verstreut umher. Zumeist Fachbücher über Archäologie. Sie suchte nach Verstecken, klopfte Wände und den Boden ab, suchte nach versteckten Fächern in den Schränken. Doch sie fand nichts. Offenbar waren die Einbrecher gründlich vorgegangen. Sie hatten nichts übersehen. Über den Flur ging sie hinüber in das kleine Zimmer, das auf der Seite zur Garage lag. Es war ein Gästezimmer. Einfache Möbel und ein Bett standen darin. Auch hier war alles durchwühlt worden. Ihr Blick fiel auf die Kleidung, die vor dem Schrank wirr herumlag. Sie hob ein Hemd auf und musterte es. Der Konfektionsgröße nach konnte es unmöglich dem Professor gehören. Möglicherweise war es ein Hemd seines Bediensteten. Sie schaute in den halb geschlossenen Schrank. Ein Koffer stand darin. Leer, geplündert und das Leder aufgeschlitzt. Ein Aufkleber auf dem Koffer erregte ihr Interesse. Es war der Aufkleber der israelischen Fluggesellschaft. Sie kniete sich nieder und durchwühlte die Papiere, die auf dem Boden verstreut umherlagen. Plötzlich stutzte sie. Ein Flugticket befand sich darunter. Von Tel Aviv nach Stuttgart. Der Flug war kaum drei Wochen her.
Hatte der Professor einen Gast bei sich aufgenommen? Sie suchte weiter, hob die Bettdecke an und drehte die Matratze auf die Seite. Die Matratze war ebenfalls aufgeschlitzt. Schließlich kniete sie nieder und schaute unter das Bett. Dort schimmerte eine kleine Karte im Licht ihrer Taschenlampe. Sie griff danach. Es war eine Plastikkarte in Scheckkartengröße. Die Vorderseite zeigte das Bild eines Mannes. Die Daten waren in hebräischer Sprache vermerkt. Sie drehte die Karte um. Die Rückseite war auf Englisch abgefasst.
»Professor Chaim Raful«, las sie laut. »Bar-Ilan-Universität, Tel Aviv.«
Die Karte wies Raful als Dozenten der Universität aus.
»Chaim Raful«, murmelte sie noch einmal. »Das klingt sehr interessant.«
Sie wandte sich um. Plötzlich traf sie der beißende Schmerz wie ein Fausthieb in der Magengrube. Sie krümmte sich zusammen und stöhnte laut auf. Einer der Spurensicherungsbeamten schaute herein. Erschrocken rannte er auf Lisa zu und stützte sie.
»Was ist los mit Ihnen?«, fragte er besorgt.
Lisa krümmte sich. Der schneidende Schmerz in ihrem Unterleib hielt sie fest umklammert. Der Beamte setzte sie auf das Bett. Sie kippte zur Seite und rollte sich zusammen. Gekrümmt wie ein Kind im Mutterleib lag sie da. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt.
»Schnell, ruft einen Krankenwagen!«, rief der Kollege der Spurensicherung seinen Kameraden zu.
Rostwaldhütte bei Bischofswiesen, Berchtesgadener Land …
Als die Spurensicherung mit ihrem weißen VW-Bus den Feldweg entlangkam, blickte Bukowski ihnen ungeduldig entgegen. Die Männer waren bestimmt nicht begeistert. Vor wenigen Stunden hatten sie noch das Haus des alten Professors in Strub nach Spuren abgesucht, und nun mussten sie sich bereits dem nächsten Tatort widmen. Verstärkung war auf dem Weg, aber es würde noch eine Weile dauern,
Weitere Kostenlose Bücher