Die Bruderschaft Christi
ihn gar nicht wahr, weil er sich bereits schon wieder zurückgelegt hatte und die Decke fixierte.
»Wie geht es unserem Patienten?«, fragte der Arzt.
Tom hörte seinen Akzent, der ihn an Frankreich erinnerte. Er drehte den Kopf und erschrak, als er Jean Colombare erkannte. Doch Jean hielt in eindeutiger Pose, mit dem Rücken zu den Polizisten, den Finger vor den Mund.
»Es geht«, antwortete Tom angespannt. »Ich denke, ich werde heute oder morgen entlassen, bevor ich dann bei den Herren in München in eine Zelle darf.«
»Ich muss mir noch einmal den Hals anschauen«, sagte Jean und beugte sich vor. Schließlich flüsterte er: »Du darfst hier auf keinen Fall etwas sagen. Ich komme morgen mit einem Anwalt vorbei, der wird dich und Moshav herausholen. Hast du verstanden?«
»Während ich dann in einer Zelle verschwinde«, lamentierte Tom weiter, »wird mein Freund wenigstens noch ein paar Tage im gemütlichen Krankenbett liegen.«
Jean nickte. Er hatte verstanden, was Tom damit zum Ausdruck bringen wollte.
»Ich komme dann morgen wieder. Und keine Angst, wenn Sie unschuldig sind und Ihnen die Polizei nichts beweisen kann, dann wird Sie ein Anwalt ganz schnell wieder aus der Zelle herausholen.«
Tom nickte. »Man lässt mich nicht einmal meine Freundin anrufen. Dabei würde ich ihr gerne sagen, dass es mir gut geht und ich sie liebe.«
Jean lächelte. »Ich werde es ihr sagen, wenn ich ihr begegne.«
Schließlich wandte sich Jean um und verließ das Zimmer. Bevor er die Tür öffnete, nickte er den Polizisten noch einmal freundlich zu.
Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, hätte Tom am liebsten laut gejubelt. Doch er musste sich zusammenreißen.
Er hatte Jean dieses Improvisationstalent und diese Kaltschnäuzigkeit nicht zugetraut.
Polizeirevier in Berchtesgaden, Einsatzraum …
Bukowski schaute sich interessiert die Unterlagen und die Fotos über die Ausgrabungen in Jerusalem an. Die in schwarzer Folie luftdicht verpackten Artefakte musste er noch an das Labor weitergeben. Für die Zeit seines Einsatzes in diesem Revierbereich hatte ihm der Dienststellenleiter den Einsatz- und Besprechungsraum als Dienstzimmer überlassen. Mittlerweile hatte sich ein ganzer Berg Papier auf dem Tisch angesammelt. Der Obduktionsbericht der drei Leichen vom Rostwald war eingetroffen, doch er brachte keine weiteren Erkenntnisse. Die Gewehre und Pistolen würde man anhand der Spuren nicht mehr zuordnen können. Sicher war nur, dass Mardin von einer Ladung Schrot getötet worden war, die seinen Brustkorb und die darunterliegenden lebenswichtigen Organe zerfetzt hatte. Santini starb, weil das Messer seine Schlagader verletzt hatte. Auch in seinen Lungen fehlten Spuren, die darauf hindeuteten, dass er durch das Feuer ums Leben gekommen war. Wenn sich nun die DNA-Muster der Opfer bestätigten, dann galt ihre Identität als gesichert, und Bukowski konnte den Fall zumindest zum Teil abschließen. Er hatte den Eindruck, dass sich das Bild langsam abrundete.
Die Frau im Klinikum München war auf dem Weg der Besserung. Sie war mit der kleinkalibrigen Browning angeschossen worden, während der Professor durch Projektile des Kalibers 9x19 mm starb. Wer hatte dann die Schüsse auf die Frau abgegeben? Eigentlich konnte es nach der Schilderung dieses Thomas Stein nur er selbst gewesen sein. Vielleicht hatte er nur Angst, dass man ihm nicht glauben würde, in Notwehr gehandelt zu haben. Ein wesentlicher Umstand lag aber noch immer im Verborgenen. Santini und Mardin arbeiteten meist auf Rechnung. Also musste es noch einen Auftraggeber im Hintergrund geben, der für die Morde verantwortlich war. Und diesen Auftraggeber galt es noch ausfindig zu machen. Wahrscheinlich ein reicher Bankier oder ein einflussreicher Geschäftsmann mit einer ausgefallenen Sammlerleidenschaft. Bukowski schaute auf die Digitaluhr an der Wand. Lisa würde bestimmt schon wach sein. Er erhob sich und griff nach seinem Jackett. Bevor er es überstreifen konnte, klopfte es an der Tür.
»Herein«, brummte er missmutig.
Die Tür wurde geöffnet und ein Polizist streckte den Kopf herein. »Unten ist ein Pater, der gerne mit Ihnen gesprochen hätte«, erklärte der Beamte. »Er sagt, es sei überaus wichtig.«
Bukowski seufzte und warf sein Jackett über den Stuhl. »Ausgerechnet jetzt«, zischte er. »Okay, schicken Sie ihn zu mir.«
Als Pater Leonardo mit seinem schwarzen Mönchsgewand und der Aktentasche in der linken Hand das Zimmer betrat,
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