Die Bruderschaft Christi
ließ den Motor an. Über den Saint-Germain Boulevard fuhr er hinaus aus der Stadt. Erst als die letzten Häuserzüge hinter ihm lagen, entspannte er sich ein wenig. Er schlug den Weg in Richtung Süden ein. Der Tachometer zeigte einhundertsechzig Kilometer, als er die Landstraße in Richtung Orléans befuhr.
München, Amalienstraße
in der Nähe des Englischen Gartens …
Mittlerweile hatte man eine mobile Einsatzleitung herangeführt, ein als Kühllastwagen getarnter LKW, der am Ende der Amalienstraße parkte und von dem Gebäude aus nicht zu sehen war. Bukowski hatte sich mit dem Einsatzleiter des Spezialeinsatzkommandos kurzgeschlossen. Noch war nicht klar, ob der Begleiter von Thomas Stein ebenfalls Opfer oder Mittäter war. Man musste alle Optionen offenhalten. Klar jedoch war, dass Jean Colombare, über den man bislang nichts in Erfahrung bringen konnte und der in den Polizeiakten der französischen Kollegen gänzlich unbekannt war, im Gepäckfach am Bahnhof in Berchtesgaden kein Glück haben würde. Deshalb musste man darauf gefasst sein, dass die Geiseln in der Wohnung im dritten Stock in großer Gefahr schwebten.
»Wir wissen nicht, wie viele es sind«, sagte Bukowski.
»Meine Männer sind bereits im Haus«, entgegnete der Einsatzleiter. »Wir werden versuchen, mit der Stethoskopkamera einen Überblick über die Lage zu bekommen. Das Bild müsste bald klar sein.«
Neben zwei Computerbildschirmen verfügte der Funktisch in der mobilen Einsatzleiteinheit über zwei große Monitore. Die Amalienstraße war inzwischen großräumig abgesperrt.
Bukowski wandte sich Lisa zu. »Was glaubst du, gehört er zu dem Pistolero, oder soll er nur die Fracht abholen und hierher bringen?«
»Das ist eine Fifty-fifty-Chance«, entgegnete Lisa.
Der Einsatzbeamte, der den Funktisch bediente, meldete sich zu Wort. »Die Kamera ist in zwei Minuten einsatzfähig.«
»Dann warten wir ab und entscheiden uns, wenn wir die Fakten kennen«, entschied Bukowski.
Bukowski hatte vor knapp einer halben Stunde seinen Freund Maxime Rouen über die Entwicklung der Lage in München informiert und ihn gebeten, ihm alles zu berichten, was er bislang über Jean Colombare in Erfahrung gebracht hatte. Zwar lag polizeilich nichts gegen den Mann vor, dennoch war es von Wichtigkeit zu wissen, was für ein Mensch der Franzose war. Nun wartete er auf den Rückruf seines Freundes.
»Sie sind durch!«, berichtete der Einsatzbeamte erneut und aktivierte die beiden Monitore. »Monitor 1 ist die Kamera am Fenster und Monitor 2 ist die Tür.«
Bukowski warf einen gespannten Blick auf die beiden Bildschirme. Das Bild, das die Außenkamera übertrug, war unscharf und zeigte lediglich das Wohnzimmer. Personen waren nicht darauf zu erkennen. Das Bild des zweiten Monitors war um vieles besser.
»Ein Mann mit einer Automatikpistole«, murmelte Bukowski.
»Und zwei Personen auf der Couch«, ergänzte Lisa. »Die linke davon könnte eine Frau sein.«
»Das ist eine Frau«, bestätigte der Einsatzleiter. »Das dürften die Geiseln sein.«
»Haben wir keinen Ton?«, fragte Bukowski.
Der Einsatzbeamte wandte ihm den Kopf zu. »Der Ton läuft, aber es wird nichts gesprochen. Ich weiß auch nicht, ob wir etwas verstehen werden. Dadurch, dass die Wohnung leer geräumt ist, dürfte sich der Schall mehrfach brechen.«
Bukowski nickte. »Zumindest können wir jetzt von einer klaren Geiselnahme ausgehen.«
Bukowskis Handy klingelte. Maxime Rouen war am Apparat. »Wenn du mir gleich gesagt hättest, dass es so dringend ist, dann hätte ich mich sofort darum gekümmert«, sagte Maxime Rouen. »Also pass auf, Jean Colombare, geboren am 21. Mai 1964 in Hyères, wohnhaft in der Rue Condorcet Nummer 7 in Paris, ist ein anerkannter Archäologe und Spezialist auf dem Gebiet der Paläontologie. Er hat in Paris studiert und hat sich mehrfach bereits an Ausgrabungsarbeiten in allen Teilen der Welt beteiligt. Ich habe dir ja schon gesagt, dass er polizeilich noch nicht in Erscheinung getreten ist.«
»Dann gehört er zu Stein und soll die Dokumente holen«, murmelte Bukowski in das Mikrophon seines Handys.
»Sei dir da mal nicht so sicher«, antwortete Rouen. »Jean Colombare wurde am 12. März aus der Seine gefischt. Alles deutete auf Selbstmord hin. Das Verfahren wurde eingestellt. Er liegt auf dem Friedhof im Norden der Stadt. Wer immer euer Mann auch ist, es ist bestimmt nicht Jean Colombare.
Er wurde damals von seiner Schwester zweifelsfrei
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