Die Bruderschaft Christi
identifiziert.«
Bukowski atmete tief ein. »Gab es einen Abschiedsbrief?«
»Laut Aktenlage nicht, jedoch erhielt seine Schwester eine E-Mail, in der er seinen Selbstmord angekündigt hat. Die Mail kam am gleichen Tag an, als er starb. Er war offenbar sturzbetrunken, als er in die Seine gesprungen ist.«
»Dann solltest du die Akten noch einmal überprüfen«, entgegnete Bukowski. »Vielleicht beschatten wir gerade seinen Mörder.«
Nachdem Bukowski das Gespräch beendet hatte, schauten ihn Lisa und der Einsatzleiter fragend an.
»Uns bleibt keine andere Möglichkeit, als sofort zu handeln«, sagte Bukowski. »Wir müssen davon ausgehen, dass Colombare der Komplize des Mannes mit der Pistole ist.«
»Dann wird er seinen Komplizen anrufen, wenn er vor dem Fach im Bahnhof steht und bemerkt, dass der Schlüssel nicht passt«, entgegnete Lisa.
Stefan Bukowski nickte. »Wir greifen zu!«, sagte er entschieden.
Berchtesgaden, Hauptbahnhof …
Der rote VW parkte unmittelbar vor dem Hauptbahnhof. Jean Colombare war ausgestiegen, hatte sich noch einmal umgeschaut und das Bahnhofsgebäude betreten. Die Schließfächer lagen rechts des Einganges, doch Jean wartete. Eine Familie war in der Nähe der Fächer damit beschäftigt, ihre Rucksäcke auf einem Kofferkuli zu verstauen. Erst als sich die Familie entfernte, schlenderte er beinahe beiläufig auf die Schließfächer zu. Als er die Kette aus der Tasche zog und den Schlüssel in die Hand nahm, zögerte er einen kleinen Augenblick. Doch dann ging er zielstrebig auf das Fach mit der Nummer 18 zu. Er versuchte den Schlüssel in das Schloss zu stecken, doch es misslang. Überrascht musterte er den Schlüssel. Schließlich ging er auf ein offen stehendes Fach zu und verglich seinen Schlüssel mit dem Schlüssel eines offenen Fachs.
»Merde!«, murmelte er.
»Jean Colombare«, sagte die dunkle Stimme in seinem Rücken. »Keine falsche Bewegung, Polizei. Sie sind verhaftet!«
Noch bevor sich Jean Colombare umwenden konnte, wurde er zu Boden gerissen. Auf dem Bauch kam er zum Liegen. Kräftige Hände fassten seine Arme und bogen sie auf den Rücken. Lautes Geschrei der Anwesenden hallte in der großen Halle wider. Dann klickten die Handschellen um seine Gelenke, und kräftige Hände zogen ihn in die Höhe. Als er sich umwandte, fiel sein Blick auf einen großen und kräftigen Mann mit der Figur eines Ringers. Zwei uniformierte Beamte mit Schutzweste standen daneben und hielten die Waffe auf ihn gerichtet. »Ich … ich bin unbewaffnet«, krächzte Jean Colombare. Sein Mund war auf einmal ausgetrocknet wie ein Wasserloch inmitten der Wüste.
»Polizei«, sagte der Bullige noch einmal und hielt ihm seine Polizeimarke vor die Nase. »Ich verhafte Sie wegen Geiselnahme und was Sie sonst noch so verbrochen haben.«
»Schon gut«, antwortete Jean. »Aber Sie haben den falschen Mann. Hören Sie, in diesem Schließfach befinden sich Dokumente, die ich unbedingt überbringen muss. Es hängen Menschenleben davon ab. Jemand hat meine Freunde in der Gewalt, und genau in diesen Augenblicken, in denen Sie mich hier festhalten, ist eine Pistole auf sie gerichtet.«
»Ich habe klare Anweisungen«, antwortete der Polizist. »Sie sind festgenommen. Wir werden Sie mit nach München nehmen, dort können Sie mit dem Leiter der Ermittlungen sprechen.«
»Wenn meinen Freunden irgendetwas zustoßen sollte, dann tragen Sie die Verantwortung. Lassen Sie mich gehen. Sie können mir folgen. Aber ich bitte Sie, setzen Sie nicht das Leben meiner Freunde aufs Spiel.«
»Sprechen Sie mit Kriminaloberrat Bukowski darüber«, antwortete der Beamte. »Wenn wir noch länger hier diskutieren, dann ist es vielleicht zu spät.«
»Kann ich dann wenigstens noch einmal telefonieren?«
Der Polizist schüttelte den Kopf. »Abführen!«, sagte er zu seinen Kollegen.
Jean Colombare atmete tief ein und ließ die Schultern sinken. Er wusste, dass er verloren hatte.
München, Amalienstraße in der Nähe des
Englischen Gartens …
Zwei Mann des SEK hatten sich aus dem vierten Stock abgeseilt und standen außen auf dem Fensterbrett. Ein Scharfschütze hatte sich im Haus gegenüber postiert. Mit seinem Gewehr zielte er auf das Fenster des Wohnzimmers, doch Personen sah er nicht. Offenbar vermied es der Geiselnehmer, sich am Fenster zu zeigen.
Während sich vor der Wohnungstür ein Team befand, das sich auf die Stürmung der Wohnung vorbereitete, erhielt Bukowski die Mitteilung, dass
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