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Die Bruderschaft Christi

Die Bruderschaft Christi

Titel: Die Bruderschaft Christi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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gekommen, schneller als gedacht, und er wusste, die Jagd würde erst enden, wenn sie ihn erwischt hatten.
     
     
    Füssen, Waldfriedhof, am Morgen eines feuchten Tages.
     
    Es regnete, die ganze Woche war es schön gewesen, doch ausgerechnet heute regnete es. Fluchend zog Stefan Bukowski seinen Mantelkragen höher.
    »Der Himmel weint schon, bevor wir überhaupt angefangen haben«, bemerkte Lisa Herrmann unter ihrem Schirm und warf einen flüchtigen Blick in die tiefen, dunklen Wolken.
    Die beiden Friedhofsgärtner warfen Bukowski einen fragenden Blick zu. Er nickte und sie machten sich an die Arbeit. Das Grab von Pater Johannes lag am Ende einer Gräberreihe, direkt unter einer Birke. Ein kleiner, gelb lackierter Bagger stand bereit, um die Erde abzutragen.
    »Wenn wir Glück haben, dann ist der Sarg noch nicht eingebrochen«, erklärte der Leiter des Bestattungsunternehmens, das mit der Exhumierung beauftragt worden war.
    »Wie lange hält so ein Sarg?«, fragte Bukowski.
    »Das kommt ganz auf die Qualität an«, antwortete der Bestattungsunternehmer. »Die Erde hier ist leicht, und der Pfarrer liegt in einem echten Eichensarg. Gute Qualität, sage ich Ihnen. Seine Brüder haben sich nicht lumpen lassen. Ich verwette meinen Bagger, dass der Sarg noch nicht eingebrochen ist.«
    Als der kleine Bagger dröhnend auf das Grab zurollte, wich Bukowski zur Seite und stellte sich unter die Birke, die ihn ein wenig vor dem Regen schützte. Er steckte sich eine Zigarette an und sog tief den Rauch in seine Lungen. Nachdenklich blickte er sich um. Sein Blick blieb an einem Grabstein haften. Ein junges Mädchen lag hier begraben. Gerade mal siebzehn war sie gewesen, als das Schicksal erbarmungslos zugeschlagen hatte.
    Der Bestattungsunternehmer trat an Bukowskis Seite. Er hatte sich ebenfalls eine Zigarette angezündet.
    »War eine schreckliche Sache«, sagte er.
    Bukowski wurde aus seinen düsteren Gedanken gerissen. »Was … was meinen Sie?«
    »Das Mädchen«, entgegnete der Bestattungsunternehmer. »Wurde überfahren. Kam von der Schule, mit dem Rad. Hatte keine Chance. Ein Porschefahrer hat die Kleine erwischt. War kein schöner Anblick. Offenes Schädel-Hirn-Trauma. Aber wir haben die Kleine wieder hingekriegt.«
    »Hingekriegt«, murmelte Bukowski.
    »Ich meine, man konnte sie ansehen«, berichtigte der Bestattungsunternehmer. »Es gibt Angehörige, die können nur richtig Abschied nehmen, wenn sie ihr Liebstes noch einmal sehen. Sonst kommen sie nicht zur Ruhe.«
    Bukowski schnippte seinen Zigarettenstummel auf den Erdhaufen, der sich inzwischen neben dem Grab des Pfarrers anhäufte. »Wissen Sie noch, wie es bei dem Pater hier war, gab es auch Angehörige, die ihn anschauen wollten, bevor er …?«
    »… bevor wir ihn einsargten«, vervollständigte der Bestattungsunternehmer Bukowskis Worte und schüttelte den Kopf. »Nein, wir haben ihn im Sarg aufgebahrt. Es war ein großes Begräbnis. Über dreihundert Menschen waren anwesend. Der Pfarrer hatte viele Freunde und Bekannte. Ich glaube, es gab noch eine Schwester, die extra aus Amerika hier eingeflogen ist. Aber sie hat sich nicht bei mir gemeldet. Die Beerdigung wurde von den Klosterbrüdern bezahlt.«
    Der Lärm des Baggers verstummte.
    »Wir sind so weit!«, rief einer der Arbeiter und schob eine Diele hinab in die Grube.
    Der Bestattungsunternehmer ergriff Bukowski am Arm und lotste ihn vor das Grab. Er hatte Recht behalten. Der Sarg war noch intakt.
    »Wir bergen den Sarg und säubern ihn hier, bevor wir ihn nach München karren.«
    Lisa Herrmann trat an die Seite ihres Chefs. »Jetzt bin ich aber gespannt«, sagte sie. »Wenn du Recht hast, dann läuft hier eine ganz große Schweinerei.«
    »Wir werden sehen, was die Rechtsmediziner feststellen«, antwortete Bukowski. »Aber ich verwette mein goldenes Feuerzeug darauf, dass ich Recht behalte.«
     
     
    Jerusalem, Grabungsstätte an der Straße nach Jericho …
     
    Unbeirrt von dem Fund des Kreuzritters gingen die Arbeiten weiter. Tom, Yaara und Moshav waren damit beauftragt, einen Befund des vierten Grabungsschnittes zu erstellen. Doch bald schon bestätigten sich die Befürchtungen der Archäologen. Oberhalb der Gruft war die Erde durcheinandergeraten. Statt Scherben, Knochen oder Kohle in einem logischen Arrangement anzutreffen, war alles nur noch ein undurchschaubares Chaos. Kleinste Splitter und Tonmehl zeugten davon, dass der Bereich um die Gruft des Kreuzritters nicht mehr seiner ursprünglichen

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