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Die Bruderschaft Christi

Die Bruderschaft Christi

Titel: Die Bruderschaft Christi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Uhr, und Tom hatte trotz eines weichen und kuscheligen Bettes im Reich-Hotel schlecht geschlafen.
    Ein Beamter der Kriminalpolizei hatte Professor Hawke und seine Leute erwartet und anschließend auf verschiedene Zimmer verteilt. Tom saß, bewacht von einem jungen Polizisten, in einem kleinen Raum im Westflügel des Gebäudes und betrachtete sich ungeduldig die Bilder an den Wänden. Zwei abstrakte Gemälde aus reichlich Acryl, die sich zu einem Konglomerat aus düsteren Farben vereinigten. Irgendwie traf dieses Bild genau seine Stimmung. Über zwanzig Minuten wartete er, bis sich endlich die Tür öffnete und eine dickliche Dame in blauem Kostüm mit grauen, zu einem strengen Zopf gebundenen Haaren erschien, ihm kurz zunickte und sich schließlich stöhnend auf dem Stuhl gegenüber niederließ.
    »Mein Name ist Deborah Karpin, ich bin die zuständige Ermittlungsrichterin und untersuche den Mord an Ihrer Kollegin«, stellte sich die Dame vor. Tom schätzte die Frau auf etwa Mitte fünfzig.
    »Tom Stein«, entgegnete Tom und nickte ihr zu.
    »Thomas Stein, 1970 in Deutschland geboren, Diplom-Ingenieur für Hoch- und Tiefbau, außerdem ein Archäologie-Studium an der Ruhr-Universität in Bochum. Derzeit ledig und in Gelsenkirchen wohnhaft. Ist das richtig?«
    Der strenge und unpersönliche Ton der Frau gefiel Tom ganz und gar nicht. »Das ist so korrekt«, antwortete er. »Mein Vater wollte immer Bergmann werden, und er dachte, wenn er es schon nicht geschafft hat, dann sollte wenigstens sein Sohn das Ruhrgebiet umgraben.«
    »Ihr Vater war Lehrer und ist bereits in Pension, Ihre Mutter war Krankenschwester und arbeitet ebenfalls nicht mehr.«
    Tom atmete tief ein. »Sie haben sich ausgezeichnet informiert«, sagte er.
    »Es ist unsere Aufgabe zu wissen, mit wem wir es zu tun haben«, entgegnete die Richterin kühl. »Sie arbeiten das zweite Mal mit Professor Hawke zusammen?«
    »Richtig«, antwortete Tom, dem die Art der Fragestellung immer mehr missfiel.
    »In Kanada haben Sie mit dem Professor bereits vor zwei Jahren eine Ausgrabung durchgeführt. War damals Miss Andreotti ebenfalls mit von der Partie?«
    »Damals ging es um die Bergung einer alten Inuit-Siedlung am Großen Bärensee. Das war ein ganz anderer Aufgabenbereich.«
    »Es wäre schön, wenn Sie mit Ja oder Nein antworten«, stellte die Richterin klar.
    »Werde ich verdächtigt, meine Kollegin umgebracht zu haben?«, fragte Tom.
    Die Richterin verzog nur kurz ihren Mundwinkel. »In diesem Stadium der Ermittlungen ist jeder verdächtig, der mit ihr Umgang hatte.«
    »Hören Sie!«, brauste Tom auf. »Gina war eine Freundin, suchen und finden Sie denjenigen, der ihr das angetan hat, aber lassen Sie …«
    »Wir sind gerade dabei«, erwiderte Richterin Karpin kühl und nahm Tom damit den Wind aus den Segeln.
    »Kennen Sie Professor Hawke näher?«
    »Was heißt näher, wir arbeiten zusammen.«
    »Das heißt, Sie wissen nicht viel über sein Privatleben?«
    »Hören Sie, wenn wir an einem Projekt arbeiten, dann leben wir für Monate Zelt an Zelt, wir sind mehr als zehn Stunden am Tag zusammen und verbringen auch die Abende miteinander, ich denke, da lernt man sich schon kennen.«
    »Wie würden Sie sein Verhältnis zu Miss Andreotti bezeichnen?«
    Tom verzog sein Gesicht. »Ich verstehe den Sinn Ihrer Frage nicht. Der Professor ist ein sehr korrekter Mensch. Er schätzte Gina sehr. Schließlich ist … war sie sehr kompetent.«
    »Wussten Sie, dass der Professor seinen Lehrstuhl an der Universität von Berkeley vor Jahren aufgeben musste?«
    Tom schaute die Frau ungläubig an.
    »Vor zehn Jahren wurde er wegen sexueller Übergriffe an zwei Studentinnen angezeigt. Haben Sie davon gewusst?«
    Tom war verunsichert. »Ich wusste … nein, davon habe ich nichts gewusst. Aber Sie glauben doch nicht im Ernst, dass der Professor am Tod von Gina …«
    »Wir müssen jeder Spur nachgehen. Es kam damals zu keiner Klageerhebung. Der Professor gab seinen Lehrstuhl auf.«
    Tom fasste sich wieder. »Ich sagte schon, der Professor ist ein freundlicher Mensch und ein überaus kompetenter Wissenschaftler. Er hat nichts mit dem Tod von Gina zu tun, dafür lege ich meine Hand ins Feuer.«
    »Er war der Letzte, der sie lebend gesehen hat. War es eigentlich normal, dass sich Frau Andreotti alleine in die Stadt begab?«
    Tom schüttelte den Kopf. »Das darf doch nicht wahr sein, Gina wurde bestialisch ermordet, und Sie halten den Professor für den Mörder. Sie täuschen sich,

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