Die Bruderschaft Christi
Ich lutsche sie selbst ab und zu.«
»Es wäre nett, wenn du dir die Akte …«
»Ich kümmere mich darum, aber jetzt lasse ich euch erst einmal in euer Hotel bringen. Wir gehen heute Abend essen, und danach zeige ich euch die Stadt. Es macht ja nichts, wenn ihr morgen erst gegen Mittag zum Meinungsaustausch kommt. Ich habe euch entschuldigt.«
»Wo liegt das Hotel?«, fragte Lisa.
»Ich habe für euch ein Zimmer im Hotel Lescot reserviert«, antwortete Maxime. »Es ist ganz nett dort. Einer meiner Männer wird euch hinbringen.«
»Ein Zimmer?«, fragte Lisa entgeistert.
Maxime lächelte. »Mademoiselle, das würde ich Ihnen nie antun. Ich kenne Stefan und möchte nicht, dass Sie nachts in seine Fänge geraten, er ist unersättlich, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Lisa musterte Maxime mit großen Augen. »Ich weiß nur, dass er schnell müde ist, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Jerusalem, King David Hotel, Zimmer 311 …
Tom wartete, bis der Kellner mit dem Servierwagen hinter der nächsten Ecke verschwunden war. Yaara hatte sich einen Platz an einem kleinen Tisch neben den Fahrstühlen gesucht, während Moshav das andere Ende des Ganges sicherte. Nachdem der Kellner endlich das Stockwerk verlassen hatte, vibrierte Toms Handy. Das vereinbarte Zeichen.
»Es kann losgehen, du bist dir auch ganz sicher?«, sagte Moshav.
»Ich habe das schon öfter gemacht«, antwortete Tom. Sie hatten sich Werkzeug besorgt und beinahe eine Stunde im Foyer gewartet, bis sie es endlich wagten und nacheinander über die Treppe oder mit dem Aufzug den dritten Stock des King David Hotels aufsuchten.
Tom ging den Gang entlang und blieb vor Zimmer 311 stehen, einem Eckzimmer, das im hinteren Bereich des Flures lag. Der dicke Teppich dämpfte seine Schritte. Er klopfte an die Tür, doch nichts tat sich. Ein weiterer Versuch, dann wartete er eine Weile, und erst als er sich sicher war, dass keinerlei Geräusche aus dem Zimmer drangen, machte er sich an die Arbeit. Das Set moderner Dietriche und Schlosshaken hatte er aus seiner Werkzeugkiste mitgenommen. Schließlich konnte man bei Ausgrabungen immer mal wieder auf verschlossene Behältnisse oder sogar Türen stoßen. Er versuchte einen Haken nach dem anderen, tastete, ruckelte, drückte und probierte, doch die Tür wollte sich nicht so einfach öffnen lassen. Schließlich knackte es im Schloss. Tom drang in das Zimmer ein. Es roch muffig, so als ob hier schon lange niemand mehr gelüftet hätte. Im kleinen Schrankraum gleich hinter der Tür stand neben einem Paar Sandalen eine zerschlissene, braune Reisetasche auf dem kleinen Garderobentisch. Er warf einen Blick ins Badezimmer. Auf dem Waschbecken stand ein Zahnputzbecher, daneben lag Zahnpasta. Das Appartement wirkte bewohnt. Tom ging vorsichtig weiter und betrat das eigentliche Zimmer. Es war groß und geräumig und aufgeräumt, aber unbenutzt. Alles war sauber und das Bett unberührt. Für einen Augenblick war ihm durch den Kopf gegangen, was er denn tun würde, wenn er hier auf die Leiche Chaim Rafuls stieß. Mittlerweile musste man mit allem rechnen. Langsam machte sich Tom an seine Arbeit und durchsuchte das Zimmer. Der Nachttisch war leer. Weder unter noch neben dem Bett lag etwas, auch auf dem Tisch befand sich lediglich die Fernbedienung des Fernsehers. Eine Zeitung, die Ausgabe der Washington Post, lag auf der Phonobar. Sie stammte von dem Tag, an dem Raful spurlos verschwunden war. Tom zog die Schubladen eines Sideboards auf, schaute in den Ritzen der beiden Sessel und unter dem Teppich nach, doch er fand nichts und ging zurück in den Vorraum. Die Sandalen gehörten zweifellos dem Professor, Tom erkannte sie sofort wieder. Er hatte sie mehrmals auf dem Grabungsfeld getragen. Die Schränke im Vorraum waren leer, die Schubladen ebenfalls. Tom widmete sich der Tasche und kippte sie auf dem Boden aus. Außer einem Brillenetui, einem Mäppchen mit Filzstiften und einer leeren Zigarrenkiste Havanna Club Original befand sich nichts darin. Fast wollte Tom die Tasche wieder zur Seite stellen, als er ein Stück Papier entdeckte, das sich im Futter zwischen dem verstärkten Boden und dem Seitenteil verklemmt hatte. Er zog mit spitzen Fingern daran und bekam eine Visitenkarte zu fassen. Tom las den Text. Sie gehörte einem Antiquitätenhändler in der Lunz-Straße hier in Jerusalem. Mohammad al Sahin hieß der Mann. Tom steckte die Visitenkarte ein und durchsuchte nochmals die Tasche, bis er sich sicher war, dass
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