Die Bruderschaft Christi
untergebracht war, wirkte wie ein Schloss aus feudaler Vergangenheit. Zwei mächtige Türme flankierten den großen Torbogen, über dem die französische Flagge im Wind flatterte. Es hatte bestimmt noch an die fünfundzwanzig Grad Celsius, dennoch zog sich Bukowski seine helle Sommerjacke über, holte die Reisetasche aus dem Fond und bezahlte den Taxifahrer, nachdem dieser das restliche Gepäck aus dem Kofferraum geräumt hatte.
»Lass uns reingehen«, sagte er. »Maxime erwartet uns. Es dauerte länger, als ich dachte. Wenn wir nicht so viel Verspätung gehabt hätten …«
»Wir hätten ja auch mit einem Dienstwagen fahren können, da hätte es keine Verspätung gegeben.«
Bukowski verzog das Gesicht. »Bei den Bekloppten hier fahre ich keinen Meter. Das ist lebensgefährlich.«
Vor dem Portal stand ein Polizist in blauer Uniform. Bukowski zog seinen Ausweis hervor und sprach in perfektem Französisch mit dem Kollegen.
Lisa staunte. »Wusste gar nicht, dass du so gut Französisch sprichst.«
»Und Englisch, Spanisch, ein paar Brocken Dänisch und Arabisch natürlich auch. Zumindest käme ich dort durch, ohne zu verhungern und zu verdursten.«
»Bist eben doch international«, antwortete Lisa.
Der französische Kollege führte sie in das Gebäude und wies ihnen in einem Wartezimmer einen Platz zu. Der hohe, lichtdurchflutete Raum war mit allerlei Postern und Bildern aus dem Alltag der Polizeiarbeit dekoriert. Werbung für neue Rekruten. Keine fünf Minuten später betrat Maxime Rouen das Zimmer. Der große, dunkelhaarige Franzose trug ebenfalls eine blaue Uniform. Die silbernen Rangabzeichen mit dem Eichenlaub auf seinen Schultern betonten seine imposante Erscheinung. Galant näherte er sich Lisa, nahm ihre Hand und hauchte ihr einen zarten Kuss auf den Handrücken.
»Es ist mir eine Ehre, Mademoiselle«, sagte er in akzentfreiem Deutsch. »Stefan hat mir schon viel über Sie erzählt.«
»Ich hoffe, nur Gutes«, entgegnete Lisa verlegen.
Bukowski hatte sich erhoben. »Jetzt zieh mal die Handbremse an, das ist nur meine Kollegin«, brummte er.
Rouen wandte sich um, ging auf Bukowski zu und umarmte ihn. »Er hat sich kein bisschen verändert, noch immer der gleiche alte Kotzbrocken wie in Den Haag. Wie halten Sie es nur mit ihm aus, Mademoiselle?«
Maxime führte seine Gäste durch den Bau. Lange, breite Gänge, überall Büros und unzählige Bedienstete, die geschäftig durch die Flure hasteten, das Hauptquartier der Police national unterschied sich nur im Baustil vom Landeskriminalamt in München. Maxime Rouens Büro lag im dritten Stock. Service International, stand auf der Glastür, die sie hinter sich ließen, bevor sich Bukowski endlich auf ein weiches Sofa setzen konnte.
Zuerst plauderten sie ein wenig über die alten Zeiten, redeten über Kollegen, mit denen sie zusammengearbeitet und die sie längst aus den Augen verloren hatten. Geduldig wartete Lisa, bis sich die Wiedersehensfreude endlich legte und Bukowski zum eigentlichen Grund seines Besuches kam.
»Das ist eine interessante Geschichte«, sagte Maxime, nachdem ihm sein alter Freund alles über die Morde an den beiden Geistlichen, dem Messdiener und dem Einbruch in die Wieskirche berichtet hatte.
»Die Spuren führen eindeutig nach Frankreich«, schloss Lisa den Vortrag, nachdem Stefan Bukowski auch noch den Wagen mit französischem Kennzeichen und das Bonbonpapier erwähnt hatte.
»Und warum habt ihr nicht über das Bundeskriminalamt …«
»Du kennst doch die Formalitäten und unsere Bürokratie«, fiel ihm Bukowski ins Wort. »Wenn wir ein offizielles Ersuchen an die französischen Behörden gerichtet hätten, dann lägen die Akten noch irgendwo in Wiesbaden oder bei der Staatsanwaltschaft in Paris. Ich kenne das doch. Nein, wir brauchen schnellstmöglich Fakten. Wir wissen bereits, dass der Wagen offenbar zu einer Autovermietung gehört. Aber wir brauchen deine Hilfe, wenn wir wissen wollen, wem er am Tag der Tat ausgeliehen wurde. Außerdem haben wir die DNA eines Tatverdächtigen gesichert. Das erstellte Profil habe ich dabei.«
Stefan Bukowski griff in seine Reisetasche und zog den Aktenordner hervor. Maxime Rouen griff danach und blätterte darin.
»Le Mule«, murmelte er. »Die sind aus Aix-en-Provence. Ein kleiner Familienbetrieb.«
»Du kennst die Sorte Bonbons?«
»Sie sind nicht ganz so berühmt wie unser Bordeaux oder der Champagner, aber diese Karamellbonbons sind ebenfalls eine kleine Spezialität in unserem Lande.
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