Die Bruderschaft der Black Dagger
dieser Kerl da ein stinknormaler Punkrock-Star
war. Sein eigener Musikgeschmack tendierte eher Richtung Jazz, weswegen er vermutlich auch den Burschen in der Lederhose, dem schwarzem Rolli und dem Pflock im Ohr nicht erkannte. Aber das würde einiges erklären. Einschließlich der traumhaft schönen Frau. Die meisten Sänger hatten doch schöne Frauen, oder?
Hmm … das einzige Problem an seiner Theorie war dieser durchdringende schwarze Blick. Das war keine sorgfältig gestylte, auf Wirkung ausgerichtete Böser-Bube-Pose. In diesem Blick lag echte Gewalt. Wahre Grausamkeit.
»Dr. Franklin?«, fragte die Frau. »Gibt es ein Problem?« Wieder schluckte er und wünschte sich, er hätte Marcia nicht nach Hause geschickt. Andererseits - Frauen und Kinder und so weiter. Wahrscheinlich war es sicherer für sie.
»Dr. Franklin?«
Er konnte den Blick einfach nicht von dem Mann abwenden - der außer durch seine Atmung keine Muskelfaser bewegte.
Ach Blödsinn, wenn der riesige Kerl wollte, hätte er die Praxis schon zwölfmal zu Kleinholz verarbeitet. Doch was machte er? Er stand einfach nur da.
Und stand da.
Und … stand da.
Endlich hustete T. W. und kam zu dem Schluss, dass es schon längst gekracht hätte, wenn es dem Mann darum ginge. »Nein, kein Problem. Ich setze mich nur mal eben.«
Er ließ sich schwer auf seinen Stuhl fallen und beugte sich seitlich zu einem Kühlfach, in dem diverse Mineralwasserflaschen standen. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
Als sie beide ablehnten, schraubte er ein Perrier mit Zitrone auf und kippte die halbe Flasche in einem Zug, als wäre es Scotch.
»Genau. Ich bräuchte ein paar Angaben zu Ihrer Krankengeschichte.«
Die Frau setzte sich, und der Mann ragte über ihr auf, den Blick auf T. W. geheftet. Aber komisch. Sie hielten sich an den
Händen, und es machte irgendwie den Eindruck, als wäre die Frau der Anker ihres Mannes.
Sich auf seine Ausbildung besinnend, holte er seinen Füller heraus und stellte die üblichen Fragen. Die Frau gab die Antworten: Keine Allergien. Keine Operationen. Keine gesundheitlichen Probleme.
»Ähm … wo befinden sich die Tätowierungen?« Bitte, lieber Gott, lass sie nicht unter der Gürtellinie sein.
»An den Handgelenken und am Hals.« Sie sah zu ihrem Mann auf, die Augen leuchtend. »Zeig sie ihm, Liebling.«
Der Mann zog sich einen Ärmel hoch. T. W. runzelte die Stirn, seine medizinische Neugier gewann die Oberhand. Der schwarze Streifen war unglaublich dicht, und obwohl er keineswegs ein Experte für Tätowierungen war, konnte er mit Sicherheit sagen, noch nie so eine tiefe Färbung gesehen zu haben.
»Das ist sehr dunkel.« Er beugte sich weiter vor. Irgendetwas warnte ihn davor, den Mann anzufassen, wenn es nicht wirklich sein musste, und er gehorchte diesem Instinkt und behielt seine Hände bei sich. »Das ist sehr, sehr dunkel.«
Diese Bänder sahen beinahe wie Fesseln aus.
T. W. lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Ich bin nicht sicher, ob sie ein so guter Kandidat für Laserentfernung sind. Die Tinte kommt mir so dicht vor, dass man auf jeden Fall mehrere Sitzungen bräuchte, um auch nur an den Pigmenten zu kratzen.«
»Aber würden Sie es versuchen?«, fragte die Frau. »Bitte?«
T. W.s Augenbrauen schnellten hoch. Das Wort Bitte fehlte im Vokabular der meisten Patienten hier unten komplett. Und ihr Tonfall klang ebenfalls ungewohnt. Diese stille Verzweiflung würde man eher bei den Familien finden, die oben behandelt wurden - jene mit medizinischen Problemen, die ihr Leben betrafen, nicht nur ihre Krähenfüße und Lachfalten.
»Ich kann es versuchen«, sagte er. Ihm war nur allzu bewusst, dass er seine eigenen Füße verspeisen würde, wenn sie ihn noch einmal in diesem Tonfall ansprach, nur um ihr einen Gefallen zu tun.
Er sah ihren Ehemann an. »Würden Sie bitte Ihren Pulli ausziehen und sich auf den Tisch setzen?«
Die Frau drückte seine große Hand. »Ist schon okay.«
Das hohlwangige, kantige Gesicht des Mannes wandte sich ihr zu, und er schien eine greifbare Kraft aus ihrem Blick zu ziehen. Nach kurzem Zögern ging er zum Tisch, wuchtete seinen riesigen Körper darauf und zog den Rolli aus.
T. W. stand auf und lief um den …
Er erstarrte. Der Rücken des Mannes war von Narben übersät. Narben … die aussahen, als wären sie von Peitschen hinterlassen worden.
In seiner gesamten medizinischen Karriere hatte er noch nie etwas Vergleichbares gesehen - und er wusste, dass das die Folgen einer
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