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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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beschränken, meine Romane zu schreiben; ich bin ohnehin stark im Verzug. Aber wenn ich Recht habe, mein Junge, wird man uns vielleicht noch dankbar sein für unsere Nachforschungen.«
    Quentin überlegte. Er konnte nicht leugnen, dass das Abenteuer mit seinem Onkel ihm trotz aller Gefahr Spaß gemacht hatte. Er hatte sich dabei lebendig gefühlt wie noch nie zuvor in seinem Leben und hatte Seiten an sich entdeckt, die er nie erahnt hatte. Und natürlich war da auch Lady Mary. Quentin hätte nichts lieber getan, als zu ihr nach Ruthven zu reisen und ihr zu berichten, wie sein Onkel und er den Fall gelöst hatten.
    Aber war es das Wagnis wert?
    Inspector Dellard hatte ihnen klar gemacht, dass die Mörder keine Skrupel kannten, und sie hatten schon mehrfach bewiesen, dass ein Menschenleben ihnen nichts bedeutete.
    Sir Walter, der die Zweifel im Gesicht seines Neffen sah, holte hörbar Luft. »Ich kann dich nicht zwingen, deinem alten Onkel auf ein weiteres verrücktes Abenteuer zu folgen, mein Junge. Wenn du nicht willst, weil du um Leib und Leben fürchtest, so kann ich das verstehen und akzeptiere das. Es steht dir jederzeit frei, meine Dienste zu verlassen und nach Hause zu gehen. Ich werde dich nicht halten.«
    Das saß. Denn wenn es etwas gab, das Quentin unter gar keinen Umständen wollte, dann war es, nach Hause geschickt zu werden, wo er nach dem Maßstab seiner erfolgreichen Brüder beurteilt wurde und man ihn für einen gutmütigen, aber trägen Nichtsnutz hielt.
    »Also gut, Onkel«, sagte er mit einer Stimme, die durchblicken ließ, dass er Sir Walters kleinen Trick durchschaut hatte. »Ich werde bei dir bleiben und dir helfen. Aber nur unter einer Bedingung.«
    »Ich höre, mein Junge.«
    »Dass dieser Versuch der letzte ist. Wenn der Runenkundige uns keine erschöpfende Auskunft geben kann, wirst du nicht weiter nachforschen und die Dinge auf sich beruhen lassen. Ich kann dein Anliegen, Licht in die Angelegenheit zu bringen, gut verstehen. Ich weiß, dass du dir wegen Jonathans Tod noch immer Vorwürfe machst und herausfinden möchtest, was genau dahinter stand, und ich weiß auch, dass du dich Lady Mary gegenüber verantwortlich fühlst. Aber vielleicht ist da ja gar nicht mehr, Onkel. Vielleicht hat Inspector Dellard Recht, und es handelt sich wirklich nur um eine Bande von Mördern, die sich ein altes Zeichen ausgesucht haben, um in seinem Namen Angst und Schrecken zu verbreiten. Willst du mir versprechen, diese Möglichkeit im Auge zu behalten?«
    Sir Walter saß im flackernden Schein des Feuers und nippte an seinem Glas. Der Blick, mit dem er Quentin bedachte, war seltsam.
    »Sieh an«, sagte er leise. »Nur ein paar Monate hat es gedauert, bis dem Küken, das man mir gebracht hat, Flügel gewachsen sind. Und kaum ist es flügge geworden, erdreistet es sich schon, dem alten Adler Vorschriften zu machen.«
    »Verzeih, Onkel«, sagte Quentin schnell, der seine harschen Worte schon bedauerte, »ich wollte nicht anmaßend erscheinen. Es ist nur …«
    »Schon gut, mein Junge. Ich bin dir nicht böse. Es ist nur eine erniedrigende Erfahrung, die jüngere Generation mit der Weisheit und Besonnenheit sprechen zu hören, die man eigentlich selbst aufbringen sollte. Du hast völlig Recht. Einmal muss ich mit diesen Vorfällen abschließen, oder sie werden mich ewig verfolgen. Wenn der Besuch bei Professor Gainswick kein Ergebnis bringt, werde ich die Sache auf sich beruhen lassen, so schwer es mir fallen wird. Abgemacht?«
    »Abgemacht«, erwiderte Quentin, und plötzlich wurde ihm klar, was so seltsam an dem Blick war, mit dem sein Onkel ihn bedachte: Zum ersten Mal schaute der große Walter Scott ihn nicht mehr wie einen unwissenden Jungen an, sondern wie einen Erwachsenen. Einen gleichberechtigten Partner auf der Suche nach der Wahrheit.
    Miltiades Gainswick war Sir Walter von früher gut bekannt; während seines Studiums war der Professor, der lange Jahre an der Universität von Edinburgh gelehrt hatte, Scott ein weiser Freund und Mentor gewesen, mit dem er über all die Jahre Kontakt gehalten hatte.
    Ein Historiker im eigentlichen Sinn war Gainswick nicht – die Geschichtswissenschaft war für den Juristen mehr ein Zeitvertreib. Allerdings hatte er es darin zu einem gewissen Ruf gebracht und im renommierten Periodikum Scientia Scotia schon einige Beiträge veröffentlicht. Seine Spezialgebiete waren die keltische Geschichte und die schottische Frühzeit, die auf den aus Sussex stammenden Gelehrten

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