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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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aus schottischem Plaid, die Füße in dazu passenden Pantoffeln.
    »Walter, mein Freund!«, rief er erfreut aus, als Sir Walter und Quentin den gemütlich eingerichteten Wohnraum betraten, in dem Gainswick in einem großen Ledersessel vor dem Kaminfeuer saß.
    Die Begrüßung fiel herzlich aus; Gainswick umarmte seinen ehemaligen Schüler, der ihm, wie er sagte, ›so viel Stolz und Ehre‹ mache, und begrüßte auch Quentin mit überschwänglicher Freude. Er bot ihnen Plätze am Feuer an und schenkte ihnen vom Whisky ein, einem besonders guten Tröpfchen, wie er betonte. Dann brachte er einen Toast auf das Wohl seines berühmten Schützlings aus, und in alter Tradition leerte man die Gläser.
    Auf Quentin, der sonst keinen Whisky trank, hatte die unscheinbare bernsteinfarbene Flüssigkeit eine verheerende Wirkung. Nicht genug damit, dass sie wie Feuer in seiner Kehle brannte, hatte er anschließend auch noch das Gefühl, als hätte jemand Professor Gainswicks Haus auf den Kopf gestellt. Mit hochroter Miene stellte er das Glas zurück und versuchte, durch gleichmäßiges Atmen und Zufächeln von Luft wenigstens Würde zu bewahren und nicht vom Stuhl zu kippen.
    Gainswick bemerkte es nicht in seinem Überschwang, und wenn Sir Walter etwas mitbekam, so ließ er es sich nicht anmerken. Auch er schien sich sehr darüber zu freuen, seinen alten Mentor nach langer Zeit wieder zu treffen. Eifrig wurden Erinnerungen ausgetauscht, ehe man schließlich auf den eigentlichen Grund des Besuchs zu sprechen kam.
    »Walter, mein lieber Junge«, sagte der Professor, »so sehr ich mich darüber freue, dass Ihr Weg Sie wieder einmal in mein bescheidenes Heim geführt hat, so frage ich mich doch, was der Grund dafür gewesen sein mag. Ich weiß, dass Sie ein viel beschäftigter Mann sind, also nehme ich nicht an, dass es nur die Sehnsucht nach den alten Zeiten war?« Forschend blickte er seinen ehemaligen Schüler an.
    Sir Walter hatte nicht vor, seinen alten Mentor auf die Folter zu spannen. »Sie haben Recht, Professor«, gestand er. »Wie Sie aus meinem Brief bereits erfahren haben, haben sich auf meinem Landsitz einige höchst merkwürdige und beunruhigende Dinge zugetragen, und mein Neffe und ich sind damit befasst, diese aufzuklären. Leider sind wir bei unseren Nachforschungen in eine Sackgasse geraten, und wir hatten gehofft, dass Sie uns vielleicht weiterhelfen könnten.«
    »Ich fühle mich geschmeichelt«, versicherte Gainswick, und in seinen kleinen Augen blitzte es listig. »Allerdings kann ich mir nicht denken, wie ich Ihnen dabei helfen könnte. So sehr ich verabscheue, was Ihrem Studenten zugestoßen ist, und so sehr ich mir wünsche, dass die Verantwortlichen gefasst werden, sehe ich nicht, wie ich dazu beitragen könnte. Sie scheinen die Hilfe der Polizei weit mehr zu benötigen als die eines alten Mannes, der sich ein paar bescheidene Kenntnisse erworben hat.«
    »Das ist nicht gesagt«, widersprach Sir Walter. »In meinem Brief habe ich Ihnen noch nicht alles mitgeteilt, Sir. Teils, weil ich fürchtete, der Brief könne von der Gegenseite abgefangen werden. Teils aber auch, weil ich es Ihnen lieber persönlich zeigen wollte.«
    »Sie wollen mir etwas zeigen?« Der Professor beugte sich neugierig vor. Sein Blick war wach und neugierig wie der eines kleinen Jungen. »Was ist es?«
    Sir Walter griff in die Brusttasche seines Rocks und holte ein Blatt Papier hervor, das er entfaltete und an Gainswick weiterreichte. Darauf befand sich eine Skizze der Schwertrune.
    Mit einer Mischung aus Staunen und Neugier nahm der Professor das Blatt entgegen und warf einen Blick darauf – und seine eben noch vom Alkohol geröteten Züge wurden schlagartig kreidebleich. Ein leises Ächzen entrang sich seiner Brust, seine Mundwinkel verzerrten sich.
    »Was ist mit Ihnen, Professor?«, erkundigte sich Quentin besorgt. »Ist Ihnen nicht gut?«
    »Nein, mein Junge« – er schüttelte krampfhaft den Kopf –, »es ist nichts. Dieses Zeichen – wo und wann haben Sie es gesehen?«
    »Mehrmals«, antwortete Sir Walter. »Erstmals hat Quentin es in der Bibliothek von Kelso entdeckt, kurz bevor sie von Unbekannten niedergebrannt wurde. Das Zeichen kam mir bekannt vor, und ich entdeckte, dass es auch als Handwerkszeichen zu finden ist, und zwar auf einem der Paneele aus der Klosterkirche von Dunfermline, die sich in meinem Haus befinden. Als wir das Zeichen das nächste Mal sahen, brannte es als leuchtendes Feuer in der Nacht, sodass man es

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