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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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stieß es um, worauf sich der Spätburgunder über das blütenweiße Tischtuch ergoss.
    Lady Charlotte lachte wohlwollend, Kitty kicherte ungeniert über sein Ungeschick. Edwin Miles immerhin besaß noch genügend Anstand, sich ein Lachen zu verkneifen, und verbarg seinen Mund hinter vorgehaltener Hand. Quentin wäre es am liebsten gewesen, ein Loch hätte sich im Boden aufgetan und ihn auf der Stelle verschlungen.
    Was hatte er Edinburgh auch verlassen und sich auf Abenteuersuche begeben müssen? Denn das war es gewesen, was er vor allem anderen gesucht hatte. Er war es leid gewesen, stets daheim zu sitzen und sich Erzählungen über die großen Taten seiner Brüder anhören zu müssen … Aber in diesem Augenblick wünschte er sich mit aller Macht wieder nach Hause zurück. Dies war nicht seine Welt, ganz und gar nicht. Spätestens nach dem Brand in der Bibliothek hätte er die Zeichen der Zeit erkennen und nach Edinburgh zurückkehren müssen. Vermummte Diebe, die in Straßengräben lauerten, einstürzende Brücken und gedungene Mörder, all das war mehr, als sein schlichtes Gemüt bewältigen konnte. Und weil all das wohl noch nicht genügte, war nun auch noch dieses Frauenzimmer aufgetaucht und stellte seine ganze Welt auf den Kopf. In ihrer Gegenwart benahm er sich wie ein Schaf.
    Mit hochroten Zügen saß er bei Tisch, und als verspräche sich der junge Edwin Miles einen persönlichen Vorteil davon, den Dolch noch einmal in die bereits klaffende Wunde zu stoßen, sagte er genüsslich: »Nun denn, mir scheint, unser guter Quentin ist heute Abend ein wenig ungeschickt, nicht wahr?«
    »Das schadet nicht«, entgegnete Mary darauf. »Bei Tisch mag der junge Master Quentin es an Geschick fehlen lassen. Gestern hingegen hat er alle Geistesgegenwart und allen Mut bewiesen, den sich eine Frau bei einem Mann nur wünschen kann.« Das Lächeln, das sie ihm zuwarf, war so freundlich und entwaffnend, dass sich Quentin schlagartig besser fühlte – und Edwin sich zurückzog wie ein kläffender Hund, dem man auf den Schwanz getreten hatte.
    »Wie meine Gattin mir berichtete, haben Sie sich sehr für die Bibliothek interessiert, Lady Mary?«, warf Sir Walter ein, um das Thema zu wechseln. Der erste Gang war beendet, und die Teller wurden abgetragen. Durch den schmalen Korridor, der in die Küche mündete, war bereits der süßlich herbe Duft von Fasanbraten mit Wildbeerensoße zu erahnen.
    »Das ist richtig.« Mary nickte. »Sie haben eine sehr eindrucksvolle Sammlung, Sir. Wenn ich die Muße dazu hätte, würde ich Sie bitten, mehr Zeit in Ihrer Bibliothek verbringen zu dürfen.«
    »Das war noch gar nichts«, meldete sich Quentin zu Wort – ein wenig zu hastig, aber immerhin gelang es ihm jetzt, ein paar zusammenhängende Sätze hervorzubringen. »Was Sie gesehen haben, war nur die Handbibliothek. Die eigentliche Bücherei ist noch um vieles größer. Wenn mein Onkel es gestattet, könnte ich Sie gern ein wenig dort herumführen, Lady Mary.«
    »Natürlich gestatte ich es«, sagte Sir Walter. »Ich habe Lady Mary bereits gesagt, dass sie sich in Abbotsford ganz wie zu Hause fühlen soll.«
    »Danke, meine Herren. Es ist ein schönes Gefühl, sich zu Hause zu fühlen. Denn streng genommen habe ich im Augenblick keine Heimat.«
    »Wie dürfen wir das verstehen?«
    »Sehen Sie, als dieses schreckliche Unglück sich ereignete, war ich gerade auf dem Weg nach Ruthven, wo ich ein neues Zuhause zu finden hoffe. Denn nach dem Willen meiner Eltern soll ich mit dem jungen Laird von Ruthven verheiratet werden.«
    Quentin saß wie vom Donner gerührt. Er wollte einfach nicht glauben, was er da hörte. Dieses zauberhafte Geschöpf war bereits versprochen, war mit einem jungen Adeligen verlobt? Quentins nach Rosen duftende Träume, die Hoffnungen, die er sich für kurze Zeit gemacht hatte, lösten sich schlagartig in Luft auf.
    »Verzeihen Sie meine Direktheit, Mylady – aber so, wie Sie das sagen, hört es sich nicht an, als ob es auch Ihr Wille wäre, den Laird of Ruthven zu heiraten«, sagte Sir Walter.
    »Sollte ich diesen Eindruck erweckt haben, tut es mir Leid«, erwiderte die junge Frau mit vornehmer Geschmeidigkeit. »Es steht mir nicht zu, die Entscheidung meiner Eltern infrage zu stellen. Allerdings kenne ich den Laird von Ruthven noch nicht, sodass ich nicht weiß, was mich erwartet.«
    »Sie wurden verlobt mit einem Mann, den Sie nicht einmal kennen?«, fragte Quentin ungläubig. »Den Sie noch nie gesehen

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