Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bruderschaft der Woelfe

Die Bruderschaft der Woelfe

Titel: Die Bruderschaft der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
Vom Netzwerk:
vergessen.
    Im Schein der Sterne blickte Gaborn sich suchend um, bis er seinen Harnisch erblickte und sein Wams, die in der Nähe auf einem Haufen lagen, in einem Lavendelbeet.
    Er stand auf, klopfte sich die Erde ab und zog sich an. Als er in sein Zimmer zurückkehrte, war Iome bereits auf den Beinen und kleidete sich für den spätnächtlichen Ritt an.
    Trotz seiner unheilvollen Träume fühlte sich Gaborn so ausgeruht wie noch nie zuvor in seinem Leben.
    ZWEITES BUCH
    Der 1. Tag im Monat des Laubs:
    ein Tag der Verzweiflung
KAPITEL 7
Anders
    Jahre der Sorge hatten an König Anders genagt wie ein Hund an seinem Knochen. Nach all diesen Jahren hing dem hochgewachsenen Anders das Fleisch welk vom schmalen
    Gerippe.
    Während er nun im Bett lag, starrte er an dem Baldachin über ihm vorbei und spürte keine Angst mehr. Eine tiefe Ruhe hatte Besitz von ihm ergriffen wie ein frischer Schluck Wasser aus einem Bergbach. Die Welt würde sich bald verändern.
    Anders erhob sich, warf seinen Umhang ab und stand einen Augenblick lang nackt da. Seine Gemächer befanden sich im höchsten Turm seines Bergfrieds, und die Tür zum Balkon wie auch die Fenster waren weit geöffnet. Ein kühler, sanfter Wind strich durch das Zimmer und bewegte die dünnen Sommervorhänge.
    Anders’ Frau streckte den Arm aus und tastete auf seinem Kissen herum, als suche sie in ihren Träumen nach ihm. Er schob ihr dunkles Haar zurück und flüsterte ein einziges Wort: »Schlafe.«
    Sofort erschlaffte ihr Körper, und sie versank in tiefen Schlummer.
    Eine Böe wölbte die Gardinen und wehte durch den Raum.
    Obwohl der Wind unsichtbar war, konnte man seine
    Bewegung wie die eines großen Hundes spüren.
    Der König breitete die Arme aus, hieß den Wind
    willkommen und fühlte seine angenehme Berührung unter den Armen.
    Er folgte dem Wind hinaus auf den Balkon.
    Mit blutroten, gelben und metallisch grünen Flechten
    überzogene Wasserspeier hockten auf den Zinnen und starrten hinab in den Burghof, der sechzig Meter tiefer lag.
    Leichten Fußes sprang Anders auf die nächstgelegene Zinne und wankte einen Moment lang, bis er das Gleichgewicht fand.
    Eine ganze Weile betrachtete er den nächtlichen Himmel, bis er drei Sternschnuppen sah, die in rascher Folge über ihn hinwegflogen.
    Das betrachtete er als Zeichen. Wofür, vermochte er nicht zu sagen, dennoch spendete es ihm Trost, ebenso wie die Böe, die um den Turm strich.
    Hoch oben über der Stadt wehte der Wind stärker als dort unten. Er bewegte sich mit Nachdruck, angenehm, spielte mit dem Haar auf Anders’ Körper und ließ seine Brustwarzen steif werden. Er säuselte über die ferne Ebene unter dem König hinweg, rüttelte ihn durch und neckte ihn.
    Zu dieser Zeit der Nacht war es in der Stadt vor den Toren der Burg still. Zwischen den buckeligen Dächern der Häuser und Schenken im Händlerviertel sah man keine einzige Menschenseele.
    Erregt umrundete König Anders den Turm, indem er von
    Zinne zu Zinne sprang. In einer finsteren Ecke seines Verstandes wußte er, daß er verrückt wirken mußte. Falls ihn eine seiner Wachen oder einer der Bürger seines Reiches, der so spät noch auf den Beinen war, erspähte, würden sie über seinen Anblick staunen, wie er in der Dunkelheit auf die Zinnen hüpfte und bei jedem Schritt dem Tod trotzte.
    Darauf gab er nichts.
    Seine Empfindungen folgten ihrer eigenen Logik. Das Leben, das Risiko des Todes, fühlte sich gut an. Seit Jahren hatte er sich vor Sorge verzehrt, doch in den vergangenen Monaten hatte er alle Angst überwunden.
    Nun sprang er schneller und schneller weiter. Mit seinen Gaben der Muskelkraft, der Anmut und des Stoffwechsels handelte es sich nicht um eine besonders große Leistung.
    Dennoch spürte er die Gefahr bei jedem Satz. Wegen der Flechten war der Stein rutschig und unsicher, und oft geriet der König ins Wanken, weil er zuviel seiner Kraft in die Beine gelegt hatte.
    Ach, abstürzen! dachte er in jenen Augenblicken. Ganz von Luft umgeben sein!
    Dieser innere Drang war stark, so stark, daß König Anders ihm nicht länger widerstehen konnte.
    Er trat auf den gekrümmten Rücken eines Wasserspeiers und warf sich vom Turm.
    Einen Moment lang fiel er, während er noch mit den Beinen strampelte, die Arme weit wie die Schwingen eines Adlers ausbreitete und die Augen in Ekstase halb schloß.
    Und dann wurde er sich der Gefahr bewußt.
    Ja, und? dachte er. Was ist mit dem Tod? Selbst wenn er starb, war der Geschmack der Luft, dieser

Weitere Kostenlose Bücher