Die Bruderschaft des Feuers
winkte ihm.
Der Mann näherte sich mit respektvoll gesenktem Kopf. »Sprecht, Pater.«
»Ich will dir eine äußerst verantwortungsvolle Aufgabe übertragen, die jedoch auch sehr gefährlich ist. Fühlst du dich dazu bereit?«
»Es wird mir eine Ehre sein, Euch zu Gefallen zu sein. Worum geht es?«
Es hatte keinen Zweck, lange darum herumzureden, besser, er sagte es geradeheraus und sah dann, wie der andere reagieren würde. Der Pater seufzte. »Es geht darum, einen Mann zu töten.«
»Wen?«
Es gefiel ihm, dass der andere einfach nur diese schlichte Frage gestellt hatte, ohne jede Gefühlsregung, und er begriff, dass er ihm trauen konnte. »Einen Arzt. Er ist eine Gefahr für uns und muss ausgelöscht werden.« Der Pater zeigte auf den Capitano del Popolo, der mit dem Rücken zu ihnen neben dem Eingang des vestibulums stand. »Er weiß bereits über alles Bescheid. Geh und stell dich ihm zur Verfügung. Richte ihm auch aus, dass die Sache morgen, spätestens übermorgen erledigt sein muss. Die Große Läuterung ist für Montag angesetzt, und ich möchte keine Überraschungen erleben.«
Der Gewürzkrämer nickte und begab sich in die angegebene Richtung. Der Pater verschwand im inneren Bereich des Tempels. So hatte er vermieden, seinen Befehl wiederholen zu müssen, und indem er ihm eine Frist setzte, konnte er sicher sein, dass Visdomini die Botschaft verstehen würde.
Wenn der Arzt erst einmal tot war, würde er bis zur endgültigen Läuterung schon einen Weg finden, dass er ihm gestand, was er vor ihm verbarg.
NEUN
M ondino stand vor dem Tisch des großen Zimmers, rieb sich die geröteten Augen und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Seit Tagesanbruch war er auf den Beinen, um bei Paolo il Tosco zu wachen, und wäre liebend gerne nach oben gegangen, um ein wenig auszuruhen, doch er war zu nervös. Die Frist, die ihm der Podestà bewilligt hatte, um Bertrando Lambertis Leichnam aufzufinden, lief noch heute ab. Azzone hatte gewonnen.
Als ob das nicht genügte, war er mittlerweile davon überzeugt, dass Bologna tatsächlich von einem Brand bedroht sein könnte. Zwei durch Feuer ermordete Menschen geboten einem, nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, was der arme Pater Venanzio während der Beichte erfahren hatte, ehe er selbst umgebracht worden war.
Dennoch schien der Capitano del Popolo nicht daran zu glauben. Nachdem Mondino ihm davon erzählt hatte, hatte er eigentlich erwartet, deswegen noch einmal zu ihm gerufen zu werden, doch nichts war geschehen.
Er wollte handeln, er musste etwas tun. Er brannte förmlich vor Ungeduld, doch der Zimmermann benötigte ständige Pflege, und daher konnte er sich nicht allzu weit entfernen. Erst recht nicht jetzt, wo seine beiden Studenten wieder in ihre Unterkünfte zurückgekehrt waren, um sich vor dem Abschlussexamen, das ihnen am heutigen Tage bevorstand, noch etwas auszuruhen.
Er bemerkte, dass er schon zwei Mal durch das ganze Zimmer gelaufen war, und so blieb er wieder neben dem Tisch stehen. Vielleicht könnte er Gabardino und Viviana bitten, bei dem Zimmermann zu bleiben, damit er zum Podestà gehen und mit ihm reden konnte.
Nein, das war keine gute Idee. Er hatte ihm versprochen, dass er den Fall Bertrando Lamberti zu einem Erfolg seiner Amtszeit machen würde, und hatte dabei versagt. Wenn er ihm jetzt erzählte, dass eine heidnische Sekte vorhatte, Bologna in der Weihnachtsnacht in Schutt und Asche zu legen, ohne seine Worte mit irgendeinem Beweis untermauern zu können, würde Taverna Tolomei ihn im besten Fall einfach wieder nach Hause schicken. Schlimmstenfalls würde er ihn verhaften lassen.
Dabei war es nur noch eine Woche bis zum Heiligen Abend. Es galt also, keine Zeit zu verlieren. Mondino beschloss, bis zum folgenden Tag zu warten, in der Hoffnung, dass Gerardo sich mit irgendeinem handfesten Beweis melden würde, den er den Richtern vorlegen könnte. Andernfalls musste er es eben riskieren und einfach ohne ihn zum Podestà gehen.
Paolo il Tosco stieß einen schwachen Seufzer aus, und Mondino beugte sich über ihn. Der Zustand des Zimmermanns war unverändert. Er atmete unregelmäßig, seine Augen waren geschlossen, vom Hals abwärts bestand keine Muskelspannung. Der arme Mann. Mondino wusste wirklich nicht, was er ihm wünschen sollte.
Erschöpft streckte er den Rücken und gähnte. Er spürte, dass er ans Ende seiner Kräfte gelangte. Seit Tagen schlief er wenig und schlecht, aß nur dann etwas, wenn er gerade Zeit dazu fand,
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