Die Bruderschaft des Feuers
Eure Mission ein erfolgreiches Ende gefunden hat. Ich habe eben erst dem Ältestenrat von diesen Männern berichtet, die durch Feuer umgekommen sind.«
»Leider, Messer Tolomei«, entgegnete Mondino genauso knapp und unhöflich, »weiß ich immer noch nicht, wo sich die Überreste des armen Bertrando Lamberti befinden. Mir ist bewusst, dass die Woche, die Ihr mir gewährt habt, gestern verstrichen ist, und ich bin bereit, mich zu rechtfertigen, wenn Ihr nun Azzones Anzeige ihren Lauf lassen wollt. Aber eigentlich bin ich gekommen, weil ich Euch wegen einer wesentlich schlimmeren Angelegenheit sprechen muss.«
»Schlimmer als Euer Ende als Arzt und Lehrer? Dann muss es sich wirklich um etwas Schreckliches handeln.«
Mondino schluckte die scharfe Antwort herunter, die ihm auf der Zunge lag. Er durfte sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. »Genauso ist es«, sagte er nur. »Könnte ich Euch kurz unter vier Augen sprechen? Es wird nur wenige Minuten dauern.«
»Meine Zeit ist heute knapp bemessen, daher kann ich Euch nicht im Palast empfangen«, antwortete der Podestà. »Wir werden also hier reden.«
Er gab den Soldaten den Befehl, die Passanten von ihnen fernzuhalten, und kurz darauf standen sie allein in einem großen leeren Viereck mitten auf dem bevölkerten Platz. Taverna Tolomei ließ eben keine Gelegenheit aus, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Mondino blickte zu der Statue von Bonifatius VIII . über ihren Köpfen auf. Manno Bandini da Siena hatte den Papst dargestellt, während er die Gläubigen segnete, die rechte Hand erhoben und in der linken die Schlüssel des heiligen Petrus. Das kupferfarbene Antlitz wirkte jung und wies keinerlei Ähnlichkeit mit seinem Vorbild auf. Dennoch vermittelt die Statue ein Gefühl von Autorität und Macht.
Mondino versuchte, ebenso viel Kraft in die eigenen Worte zu legen, als er den Blick wieder dem Podestà zuwandte und sagte: »Ich bin davon überzeugt, dass jemand in der Weihnachtsnacht die Stadt niederbrennen will.«
»Was?« Taverna Tolomei war einen kleinen Schritt nach hinten gewichen, als schrecke er vor dieser Nachricht zurück. »Wisst Ihr genau, was Ihr da sagt?«
»Sehr genau«, erwiderte Mondino. »Der Capitano del Popolo wird Euch bereits berichtet haben …«
»Messer Visdomini hat mir gegenüber nichts dergleichen angedeutet«, unterbrach ihn der Podestà. »Habt Ihr mit ihm darüber geredet?«
»Ja, aber weil es keine sicheren Beweise gibt, hatte ich den Eindruck, er würde mir keinen Glauben schenken. Vielleicht hat er Euch deswegen nicht unterrichtet. Und doch …«
Das rundliche Gesicht des Podestà strahlte auf vor Erleichterung. »Es gibt keine Beweise, und da wollt Ihr meinen Frieden und den aller Bürger mit einer derartigen Nachricht stören? Seid Ihr Euch eigentlich der Folgen bewusst? Panik würde ausbrechen!«
»Dessen bin ich mir bewusst«, entgegnete Mondino. »Und doch darf eine so schwerwiegende Angelegenheit nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Man müsste es im Ältestenrat besprechen und die nötigen Maßnahmen treffen.«
»Jetzt wollt Ihr mir auch noch vorschreiben, was ich tun und lassen soll. Eure Unverschämtheit kennt keine Grenzen.«
»Verzeiht mir, es lag nicht in meiner Absicht, Euch zu beleidigen oder Euch irgendetwas vorzuschreiben«, sagte Mondino und hob dabei beschwichtigend beide Hände. »Ich sprach nur zum Wohle Bolognas. Wenn Ihr mir nun gestatten würdet, Euch einen Überblick über die Lage zu geben, dann würde ich …«
»Ich gestatte Euch gar nichts!«, rief der Podestà mit wutverzerrtem Gesicht aus. »Ich habe viel zu tun für das Wohl Bolognas und kann nicht noch mehr Zeit damit verschwenden, mir Eure Hirngespinste anzuhören. Wenn Messer Visdomini es nicht für nötig hielt, mich über diesen Brand in Kenntnis zu setzen, von dem Ihr sprecht, wird er wohl befunden haben, dass keine Gefahr besteht. Ich an Eurer Stelle würde mich lieber darum kümmern, mir einen guten Anwalt zu besorgen. Euch stehen demnächst einige Klagen ins Haus.«
»Klagen? Außer der Anzeige von Azzone, wollt Ihr sagen?«
»Zunächst noch eine dafür, dass Ihr den Lauf der Gerechtigkeit behindert habt, so wie ich es Euch versprochen hatte«, antwortete der Podestà und zählte mit sichtlicher Genugtuung die einzelnen Punkte an den Fingern ab. »Dann die Anzeige, weil Ihr einen Euch von eben demselben Azzone anvertrauten Patienten habt sterben lassen, die erst gestern von seinem Anwalt gestellt wurde. Und
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