Die Bruderschaft des Feuers
sich ein Herz und sah wieder hinein.
Eleonora lag auf dem Boden und versuchte mühsam, sich auf einen Ellenbogen zu stützen. Ihr Gesicht war eine einzige blutige Maske, aber dennoch sah sie ihrem Mann furchtlos ins Gesicht.
»Töte mich«, murmelte sie mit aufgeplatzten Lippen. »Aber du wirst mich nicht dazu bringen, eine Sünde zu gestehen, die ich nicht begangen habe.«
»Du beharrst also weiter darauf?«, schrie Azzone. »Hast du nicht begriffen, dass man dich beobachtet hat?«
»Verleumdet vielleicht«, erwiderte Eleonora. »Unmöglich, dass ich beobachtet wurde, weil ich nichts Schlimmes getan habe.«
»Was hast du dann im Hinterzimmer von Mondinos Laden zu suchen gehabt?«
Überrascht riss sie die Augen auf, leugnete dies aber nicht. »Ich bin zu ihm gegangen, um ihn vor dem zu warnen, was du mit deinem Vetter ausgeheckt hast«, sagte sie. »Das bereue ich nicht. Aber ich habe dich nicht mit ihm betrogen.«
»Ich glaube dir nicht.«
Eleonora bemühte sich, sich aufzurichten und sich auf dem Bretterboden hinzusetzen. Aber sie verlor das Gleichgewicht und fiel erneut hin. »Er hätte es nicht nötig, eine Frau zu schlagen, um sich stark zu fühlen«, sagte sie leise und blickte ihm unerschütterlich in die Augen.
Azzone fiel sofort wieder über sie her und trat ihr mit aller Kraft in die Rippen. Eleonora blieb reglos am Boden liegen.
Hinter dem Vorhang schlug sich Annina eine Hand vor den Mund und betete, sie möge nicht tot sein. Azzone ging zu der Keramikvase aus Faenza, in der einst die Gehstöcke seines Vaters gesteckt hatten und die nun Schwerter enthielt. Er nahm eines mit einer schmalen Klinge heraus, etwas länger als ein Dolch, und steckte sich die Waffe in den Gürtel. Dann durchquerte er mit langen Schritten das Arbeitszimmer und schob den Vorhang beiseite.
Wortlos starrte er Annina an, als würde er sie gar nicht wahrnehmen. »Bring meine Frau zu Bewusstsein und begleite sie in ihre Gemächer«, befahl er. »Ich gehe aus und bin zum Abendessen nicht zu Hause.«
Sie neigte den Kopf. »Soll ich ihr etwas ausrichten, wenn sie sich wieder erholt hat?«
Azzone, der bereits das Ende des Flurs erreicht hatte, drehte sich um. Sein schönes Gesicht war zu einer hässlichen Grimasse verzerrt. »Sag ihr, dass Mondino de’ Liuzzi bald tot sein wird.«
Annina fuhr sich mit einer Hand in den Ausschnitt, wo sie die geschenkten Kupfermünzen verborgen hatte. Sie öffnete das Fenster, das auf die schneebedeckte, weiße Straße ging, und schleuderte sie weit weg. Dann lief sie zu ihrer Herrin, um ihr zu helfen.
Trotz Fedrigo Guidis lautstarken Protesten und seiner Androhung von juristischen Schritten war der Podestà gezwungen, seinem Kommandanten Befehl zu geben, er solle nachsehen, was sich hinter dem geheimen Zugang befand. Dieser hatte, gemeinsam mit dem Soldaten, der die Fackel aufgehoben hatte, die Tür durchschritten, war ein paar Schritte in den Raum gegangen und dann sofort wieder umgekehrt.
»Exzellenz«, hatte er gesagt. »Falls wir einen heidnischen Tempel gesucht haben, so haben wir ihn jetzt gefunden.«
Daraufhin hatten alle den Raum betreten und auch den sich sträubenden Anwalt mitgenommen. Sie hatten herumliegende Fackeln und Kerzen entzündet und dann in deren Schein einen sehr alt wirkenden Tempel entdeckt, mit einem Fresko, auf dem ein heidnischer Gott zu sehen war, wie er einen Stier tötete, außerdem Statuen und verschiedene Kultgegenstände.
All das hatte Mondino erfahren, als Gerardo und zwei Häscher mit der Anordnung wieder nach oben gekommen waren, er möge sich zum Podestà begeben, während die Mehrzahl der Soldaten sich daranmachen sollte, das Haus zu durchsuchen. Dabei sollten sie nichts anrühren oder zerstören, aber nach allem Ausschau halten, das ihnen ungewöhnlich erschien.
Gerardo war frei, aber sie hatten nicht viel Zeit gehabt, um sich auszutauschen, denn ihre Wege hatten sich gleich wieder getrennt: Der junge Mann führte gerade einige Sbirren auf die Dachterrasse des Hauses, wo sie, so hatte er ihnen versprochen, ebenfalls etwas Merkwürdiges vorfinden würden, während Mondino sich auf den Weg in den Keller machte.
Man hatte nach seiner Anwesenheit unten verlangt, weil man in einem Nebenraum des Tempels ein Salzfass mit verkohlten menschlichen Überresten gefunden hatte und sich alle davor scheuten, sie zu berühren. Mondino musste nur einen kurzen Blick darauf werfen, um zu bestätigen, dass es sich um den Leichnam von Bertrando Lamberti
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