Die Bruderschaft des Feuers
und den verborgenen Tempel finden, ehe die Soldaten ihn einholten. Das war die einzige Hoffnung, die Feuersbrunst noch abzuwenden.
Er lief zu der Treppe, die in das obere Stockwerk führte, und bemerkte überrascht daneben eine weitere, die nach unten ging. Entgegen seinen Erwartungen war der Weg in den Keller keineswegs verborgen. Er hoffte bloß, dass Abdul sich nicht noch einmal verrechnet hatte.
Während er die Stufen hinabrannte, drangen die Häscher in den Innenhof vor. Zum Glück wandten sie sich zunächst zur Küche und zum rückwärtigen Garten, weil sie logischerweise annahmen, dass sich niemand auf der Suche nach einem Fluchtweg in die oberen Stockwerke eines Gebäudes oder schlimmer noch in dessen Kellergewölbe begeben und damit in eine Falle laufen würde.
Am Ende der Treppe lag ein niedriger Gang mit einer gewölbten Decke und einem Fußboden aus Stein. Gerardo rannte zwischen Wänden hindurch, die Salpeter ausschwitzten, und stand auf einmal vor einer massiven Tür mit einem mächtigen Schloss, in dem jedoch der Schlüssel steckte. Als er gegen die Tür drückte, öffnete sie sich geräuschlos. Er betrat einen großen dunklen Raum, tastete die Wand neben der Tür ab und fand dort eine Fackel, außerdem Zünder und Feuerstein. Er schlug auf den Stein, und die Funken fingen sofort in dem ölgetränkten Stoffstreifen am oberen Ende des Stockes Feuer. Im unsteten Schein der rußenden Fackel bot sich ihm ein Anblick, bei dem ihm der Mut sank.
Von der niedrigen Decke mit robusten Kreuzgewölben, die das Ganze mehr wie eine Krypta denn einen Vorratskeller wirken ließen, baumelten in Netzen Schinken, Würste und große Käselaibe. An drei Wänden verliefen grob gezimmerte Holzregale, darauf lagen hölzerne Schöpfkellen zum Umfüllen von Wein und Öl, unterschiedlich große Eimer und anderes Gerät. An der vierten Wand stand ein kleines Fass neben mit Wachstuch verschlossenen Tonkrügen voller Öl und zwei Hacken, die auf einem Stapel Färberbottiche lagen. Falls sich in diesem Haus ein Tempel verbarg, befand er sich jedenfalls nicht hier.
»Der Einbruch in meinen Keller wird Euch teuer zu stehen kommen«, ließ sich eine Stimme hinter ihm vernehmen.
Gerardo drehte sich um und sah die hochgewachsene Gestalt von Fedrigo Guidi, dessen Kopf beinahe die Decke berührte. Das laute Geräusch von schweren Schritten auf der Treppe raubte ihm auch die letzte verbliebene Hoffnung.
»Ich weiß, dass der Tempel der Mithrasanbeter sich in diesem Haus befindet«, sagte er. »Wir haben Euch dank der Pflanzen entdeckt, die Ihr auf der Terrasse anbaut.«
Gerardo hatte das in der Hoffnung geäußert, Fedrigo damit zu irgendeiner Reaktion zu provozieren, aber er wurde enttäuscht. Im Fackelschein sah er bloß ein schwaches Lächeln über dessen Gesicht gleiten, dann trat der Anwalt beiseite, um den Männern hinter ihm den Weg freizugeben. »Er ist hier, ergreift ihn«, sagte er schlicht.
Drei Häscher stürzten sich auf ihn, ohne ihn erst groß zu fragen, ob er sich wohl ergeben wolle. Gerardo schwang die Fackel, um sie sich vom Leib zu halten, aber einer der drei stellte ihm ein Bein, sodass er das Gleichgewicht verlor. Er fiel und empfing jede Menge Hiebe und Tritte, bis eine einschüchternde Stimme gebot: »Genug!«
Es war der Kommandant der Wachen. Die Männer ließen unverzüglich von Gerardo ab, einer von ihnen hob die Fackel vom Boden auf, und ohne ihn aus den Augen zu lassen, zogen sie sich zurück.
Gerardo stand schwankend auf. »Entschuldigt meine Flucht«, sagte er zum Kommandanten. »Ich hoffte, hier den Tempel der Sekte zu finden.«
»Stattdessen habt Ihr nur meine Schinken gefunden«, sagte Fedrigo sarkastisch. »Kommandant, schafft ihn fort.«
Während er sprach, verharrten seine Augen kurz am mittleren Regal rechts von ihm. Es war nur ein Augenblick, aber Gerardo bemerkte die Hast, mit der Fedrigo sofort den Blick abwandte. Daraufhin sah er sich das Regal genauer an und bemerkte, dass zwischen diesem und den beiden angrenzenden jeweils ein schmaler Spalt war. Plötzlich wurde ihm alles klar. Aber selbst wenn er es sagte, würde ihm niemand Gehör schenken. Er beugte sich vor, ergriff eine der beiden Hacken und schlug damit mit aller Gewalt auf die Mauer hinter dem Regal ein.
»Haltet ihn auf!«, schrie Fedrigo, aber es war zu spät.
Schon hatten sich große Stücke aus der dünnen Verputzschicht über der Mauer gelöst und einen geheimen Zugang enthüllt. Gerardo warf die Hacke zu Boden, hob die
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