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Die Bruderschaft des Feuers

Die Bruderschaft des Feuers

Titel: Die Bruderschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
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einer verbrannten Leiche entdecken können?«
    »Fragt das ihn«, erwiderte Gerardo ungerührt. »Ich habe Euch nur ausgerichtet, was er mir gesagt hat.«
    Um sie herum herrschte ein ungewöhnlich stilles Kommen und Gehen. Die Leute in ihrer Umgebung, ganz gleich ob sie zu Fuß, zu Pferd oder auf dem Rücken eines Esels unterwegs waren, schienen nur einen Gedanken zu haben, nämlich diesen windgepeitschten Platz so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.
    Einer der Häscher trat einen Schritt vor und fragte den Capitano, ob er nun die Leute befragen sollte, die rund um den Fundort der Leiche wohnten. Nachdem der bestätigend genickt hatte, entfernte der Mann sich wieder in Richtung Pratelloviertel.
    »Ich habe gerade einen schlimmen Fall zu untersuchen«, erklärte Visdomini, während er sich auf das Klostertor zubewegte. »Ein Minderbruder ist tot und entkleidet im Pratelloviertel, an der Ecke zur Via Pietralata, aufgefunden worden, und solange man nicht weiß, um wen es sich handelt, werden alle Franziskaner der Stadt in höchster Aufregung sein.«
    Daran hatte Gerardo keinen Zweifel. Ein Mönch, der in der Nähe der Hurenhäuser umgekommen war, bedeutete einen Skandal, den jedes Kloster liebend gerne einem anderen zuschieben würde.
    »Ja, ich weiß«, erwiderte er, während er, ebenfalls vornübergebeugt, neben ihm herlief. »Man hat mir davon erzählt, als ich Euch zunächst zu Hause gesucht habe, und mir gesagt, wo ich Euch finden könnte. Allerdings würde die Rückführung von Bertrando Lambertis Leiche kaum Zeit in Anspruch nehmen. Wenn Ihr mir folgen wollt …«
    »Ich entscheide selbst, worum ich mich zuerst kümmere, wenn Ihr nichts dagegen habt«, entgegnete Visdomini hart. »Ich werde zu Messer de’ Liuzzi gehen, sobald ich mit dem Pater Guardian des Franziskanerklosters gesprochen habe. Ich habe Grund zu der Annahme, dass der Tote diesem Kloster angehörte.«
    »Dann werde ich auf Euch warten«, sagte Gerardo. »Ich habe die Schlüssel der Medizinschule und begleite Euch gerne, sobald Ihr Zeit habt.«
    Er bemerkte, wie ein Anflug von Zorn über das bleiche und kantige Gesicht des Capitano glitt, aber nach kurzer Überlegung nickte Visdomini. »Einverstanden«, sagte er. »Wartet hier draußen, und wenn ich wiederkomme, gehen wir gemeinsam den Toten holen. Auch ich kann es kaum erwarten, ihn wieder der Familie zu übergeben und nie mehr davon zu hören.«
    Bruder Samuele fand keine Ruhe. Er hatte den ganzen Vormittag Venanzios Rückkehr geharrt, dann den ganzen Nachmittag, und als seine Abwesenheit den Mitbrüdern schließlich auffiel, war er beinahe erleichtert gewesen. Der Priester würde bei seiner Rückkehr schwer bestraft werden, aber zumindest würde man jemanden ausschicken, um nach ihm zu suchen, dachte Samuele, und diese Ungewissheit hätte ein Ende. Doch stattdessen hatte der Pater Guardian nichts unternommen, und Samuele hatte eine schlaflose Nacht verbracht, in der er sich unentwegt auf seinem Strohlager hin- und hergewälzt hatte.
    Irgendwann hatte er das Gefühl gehabt, dass sich jemand in der Dunkelheit in der Nähe von Venanzios Schlafplatz bewegte. Auf Zehenspitzen war er näher geschlichen, doch als er an Venanzios Lager stand, war niemand dort. Die persönliche Truhe des Priesters schien verrückt worden zu sein, doch vielleicht hatte auch er selbst sie so hinterlassen, als er ein paar Stunden zuvor darin gewühlt hatte.
    Samueles Gedanken kehrten eilig zurück zu dem, was er an sich genommen hatte und jetzt in einer Hemdtasche unter seiner Kutte aufbewahrte. Er hatte die Truhe mit einem Fuß zurechtgeschoben, doch bevor er wieder zu Bett gehen konnte, hatte die Glocke zum Gebet gerufen, und so hatte er hastig den Schlafsaal verlassen, ehe ihn jemand neben Venanzios Lager ertappte.
    Während er die Matutin und später die Laudes gesungen hatte, hatte er verstohlen immer mit einem Auge zur Tür geblickt, in der Hoffnung, er würde den hochgewachsenen, braunhaarigen Venanzio hereinkommen und seinen Platz im Chor einnehmen sehen. Dann hatten die Glocken der Kirche zur Prim und zur Terz geläutet, und inzwischen war Samuele fest überzeugt, dass etwas Schlimmes passiert sein musste.
    Er erfand alle möglichen Vorwände, um so oft wie möglich am Eingangstor des Klosters vorbeizugehen. So beobachtete er nun, wie ein etwa vierzigjähriger Mann mit kurzen grauen Haaren und einem kantigen Kinn eintrat. Er war in Begleitung von zwei Häschern und einem jungen Mann, den er von irgendwoher

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