Die Bruderschaft des Feuers
stellen, wenn Ihr möchtet.«
»Zu meiner Verfügung, wofür denn?«
Gerardo sah ihn überrascht an und zeigte auf das verbrannte Skelett. »Aber … Dafür selbstverständlich, Magister. Ich weiß natürlich, dass Ihr auch allein in der Lage wärt, das Rätsel um diesen …«
»Das Rätsel«, unterbrach ihn Mondino zornig, »das also lockt dich hierher. Ich dagegen habe genug davon. Man hat mir eine medizinische Untersuchung übertragen, ich habe sie durchgeführt, und hier endet meine Aufgabe. Ich benötige deine Unterstützung nicht.«
»Dann vergesst, was ich gesagt habe«, erwiderte Gerardo, und seine Stimme klang hart dabei. »Ich bin gekommen, weil ich meine Schuld begleichen wollte, indem ich Euch meine Hilfe in einer schwierigen Lage anbiete, so wie Ihr es Eurerseits mir gegenüber getan habt. Aber da Ihr sie nicht benötigt, werde ich Eure Zeit nicht weiter vergeuden.«
Er verneigte sich leicht und machte Anstalten zu gehen.
»Warte!«
Gerardos Hilfsangebot war ehrlich gemeint, er hatte kein Recht, es zu verschmähen, bloß weil er mit sich selbst haderte.
»Du könntest schon etwas für mich tun, wenn du wirklich möchtest«, sagte er.
»Ihr müsst es nur sagen.«
»Jetzt habe ich Unterricht, und danach möchte ich nach Hause, um mit meinem Sohn eine wichtige Angelegenheit zu besprechen. Ich würde mir gern die Zeit sparen, den Capitano del Popolo aufzusuchen und ihm mitzuteilen, er möge Bertrando Lambertis Leiche abholen und der Familie zurückgeben. Könntest du an meiner Stelle zu ihm gehen? Ich überlasse dir die Schlüssel der Medizinschule, und du bringst sie mir morgen zurück.«
»Also wollt Ihr wirklich nichts unternehmen«, sagte Gerardo und konnte die leichte Enttäuschung in seiner Stimme nicht verbergen.
»So ist es«, antwortete Mondino und sah ihm dabei fest in die Augen. »Ich werde den Podestà davon unterrichten, was ich herausgefunden habe, und dann will ich von der ganzen Angelegenheit nichts mehr hören.«
Dieses Mal wusste er genau, was das Richtige war, und er würde es tun.
Gerardo nickte. »Ich habe noch etwas zu erledigen, aber dann gehe ich zum Capitano del Popolo.«
»Ausgezeichnet«, sagte Mondino. »Mir liegt sehr daran, dass Bertrandos Leichnam so bald wie möglich der Familie übergeben wird, damit er in Frieden in geweihter Erde ruhen kann.«
Sie kehrten in den großen Hörsaal zurück, wo Mondino den Schrank öffnete und den Schlüssel herausholte, den Liuzzo ihm vor seiner Abreise dagelassen hatte. Er überreichte ihn Gerardo, der ihn an sich nahm, sich verabschiedete und ging.
Mondino seufzte erleichtert auf. Diese hässliche Angelegenheit würde bald ein Ende finden.
Er nahm das Laken vom Seziertisch, das Eleonora zur Verfügung gestellt hatte, ging wieder durch das Loch in der Wand und bedeckte damit Leiche und Lehnstuhl. Diese kleine Geste des Respekts machte zwar für Bertrando keinen Unterschied mehr, für ihn jedoch schon. Ein Wissenschaftler lief, vielleicht mehr noch als ein Soldat im Krieg, Gefahr zu vergessen, dass der menschliche Körper etwas Heiliges war, ein Geschenk Gottes an die Menschen.
Wer immer Bertrando Lamberti auf so schreckliche Weise getötet hatte, musste zu unermesslicher Niedertracht fähig sein.
Doch wer auch immer es getan hatte, vor allem, wenn es wirklich der Teufel gewesen sein sollte, wie der Capitano del Popolo meinte, es war auf jeden Fall besser, nichts damit zu schaffen zu haben.
Während er auf den Pedell und die Studenten wartete, schloss Mondino den Schrank, öffnete die Eingangstür weit und legte auf dem Pult Avicennas »Kanon der Medizin« bereit, aufgeschlagen bei dem Kapitel, das er heute lesen würde. Aber diese alltäglichen Verrichtungen konnten ihm nicht seinen Seelenfrieden zurückgeben.
Gerardo war schlechter Laune. Der graue Himmel und der Wind, der durch die Straßen pfiff, passten bestens zu seiner Stimmung. Er hatte sich in die Nähe des Stadttors Serraglio di Saragozza begeben und dort fast zwei Stunden Zeit verloren, ohne dass es ihm gelungen war, vom Küfer den Rabatt zu erhalten, den der Pater Prior für eine Lieferung von drei Fässchen, fünf Eimern und einem Bottich gewünscht hatte. Schließlich hatte er das Geschäft dennoch abgeschlossen und den fehlenden Betrag aus eigener Tasche ersetzt.
Und jetzt fragte er sich, welchen Sinn sein Leben eigentlich hatte.
Vor Jahren war er Tempelritter geworden, um für die Verteidigung des Glaubens zu kämpfen. Doch kaum hatte er sein Gelübde
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