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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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der nur zu spüren und nicht zu hören war. Ein leichter Widerstand, dann ein heftiger Schlag, der seinen Arm entlanglief und seine Schulter erschütterte, als sich die Axt tief in das Holz unter dem Fleisch grub.
    Fraden erschlaffte. Nur die Muskeln in seinen Augenlidern blieben fest zusammengezogen, hielten seine Augen geschlossen. In dem grauenhaft dunklen Schweigen, das nun folgte, hing Bart Fradens Verstand an einem dünnen Faden, der nachgab, sich dehnte und sich dann zu eisern fester Entschlossenheit verhärtete, die ihn vom Abgrund zurückriß. Sie mußten sterben. Sie mußten alle sterben! Die Bruderschaft, die ihn dazu gezwungen hatte, sich selbst dies anzutun, mußte in einem Blutbad untergehen. Wenn die Revolution gesiegt hatte, würde es keine Gnade für Moro und seine monströse Bruderschaft geben. Sie würden ausgelöscht wie tollwütige Hunde, denn sie waren tollwütige Hunde. Ich werde sie alle umbringen, sie töten … töten … töten …
    Der Geruch von geröstetem Fleisch und ein harter Schlag ins Gesicht zwangen ihn, die Augen zu öffnen. Moro packte ihn mit einer Hand am Kinn und schob ihm mit der anderen ein kleines Stück Fleisch zwischen die Zähne.
    Teilnahmslos kaute Fraden auf dem Bissen, während ihn die Brüder mit ihren Messern bedrohten. Wieder hatte er den zarten, salzigen Geschmack menschlichen Fleisches auf der Zunge, einen Geschmack, den er einen Tag zuvor noch gedankenlos genossen hatte.
    Dann streiften sie ihm die weiße Robe ab und kleideten ihn in den schwarzen Umhang der Bruderschaft. Er hätte sich übergeben, wenn der dumpf rasende Haß ihn nicht gefestigt hätte. Jetzt gab es keine Umkehr mehr, keinen Platz für Gnade, Schwäche oder Abscheu. Er würde es nicht mehr ertragen können, sich selbst im Spiegel in die Augen zu blicken, solange die Bruderschaft nicht eine namenlose Erinnerung in einem anonymen Grab war. Ich werde euch alle töten, schwor er. Ich werde euch so gründlich auslöschen, daß sich niemand je wieder an eure Namen erinnern wird – und nicht an das, was an diesem düsteren Ort geschehen ist …
    „Willkommen, Bruder“, sagen die verhüllten Männer. „Willkommen in der Bruderschaft des Schmerzes!“

 
4
     
    „Bruder oder Tier? Vergnügen oder Schmerz? Leben oder Tod? Töten oder getötet werden? Wähle! Wähle!“ Die Worte erfüllten die kleine Kabine des Sternenschiffs, laut dröhnend, aber gleichzeitig auch blechern, gefiltert und entfernt, während Willem Vanderling auf dem Pilotensitz saß. Sein Gesicht war ausdruckslos, seine Augen starrten ins Leere, er konzentrierte sich ganz darauf, fasziniert zu lauschen. Gebannt folgte er den Geschehnissen, die irgendwo dort unten abliefen.
    „… Menschen und Tiere kommen in diesen Raum, solche, die ihre Wahl getroffen haben, und solche, die ihre Wahl noch treffen müssen …“
    Liebe Güte, dachte Vanderling. Was ist das für ein Planet, den Bart da für uns ausgesucht hat? Diese Narren haben völlig den Verstand verloren!
    Er wünschte, daß es möglich gewesen wäre, einen Bildsender in Fradens Zahn einzubauen. Offensichtlich schleppten sie Bart durch irgendeinen zeremoniellen Mummenschanz, einen religiösen Hokus Pokus. Große Wahl … Vergnügen … Schmerz. Das klingt ja alles ganz schön überdreht. Hoffentlich kriegt Bart nicht gleich einen Lachanfall, dachte Vanderling.
    Aus dem Lautsprecher scholl jetzt ein durchdringender, bedrohlicher Ruf: „… Töten oder getötet werden! Der Augenblick der Entscheidung ist da! Bringt das Menschentier herbei!“
    „Menschentier!“ wiederholte Vanderling laut. „Herr im Himmel!“
    „… werde ein Bruder durch den Tod dieses Tieres, oder verschone es und stirb …“
    Also doch! Tatsächlich! Ein Opfer, ein Menschenopfer! Die ganze Revolution war im Eimer! Noch nie in seinem Leben hatte Bart irgend etwas getötet. Er würde nicht die Nerven haben. Ja, verd …
    „Jetzt wähle oder stirb! Töten oder getötet werden! Jetzt …“
    „Herrgott, sie bringen ihn um!“ murmelte Vanderling. „Was um alles in der Welt soll ich dann anfangen?“ Verdammt, Bart, dachte er. Du Feigling! Du kriegst es fertig und läßt dich umbringen.
    Dann trat für eine lange Zeit eine seltsame Stille ein … Darauf folgten ein dumpfes Klopfen und ein schriller Schrei, gleichzeitig.
    „Bart!“ schrie Vanderling. Sie haben ihn umgebracht, sie haben ihn wirklich umgebracht!
    Dann vernahm Vanderling den dumpfen Singsang: „Willkommen, Bruder, willkommen in der

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