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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Außenwelt wieder zu ihnen hinein, und Fraden stellte fest, daß draußen im Lager Unruhe herrschte.
    Er richtete sich auf, streifte seine Hose über und trat in den offenen Eingang der Hütte.
    Im flackernd orangefarbenen Schein von einem halben Dutzend Lagerfeuern konnte Fraden sehen, daß Willem und seine Männer ins Lager zurückgekehrt waren. Daß eine Trennlinie durch die kleine Gruppe der Rückkehrer verlief, war ganz offensichtlich. Die größere Gruppe, die Freiwilligen, ging voran. Erschöpft schleppten sie die erbeuteten Gewehre, Morgensterne und die Patronengurte in die Waffenarsenale, legten sie ab und zogen sich dann schnell in ihre Mannschaftsbaracke zurück.
    Willems zehn Herogynsüchtige jedoch liefen nervös umher, lachten oder verkrampften sich unter den beginnenden Entzugserscheinungen und scharten sich schließlich um Willems Hütte. Ihre Augen glitzerten gierig im Feuerschein, mit entblößten Zähnen grinsten sie erwartungsvoll.
    Vanderling kam mit einer Handvoll blauer Pillen aus der Hütte. Fraden fand sein Gebaren äußerst abstoßend. Vanderling grinste verschlagen, seine Augen leuchteten – oder war es nur eine Sinnestäuschung durch den Feuerschein – in animalischer Befriedigung. Während er die Pillen verteilte, schlug er den Männern leutselig auf den Rücken; einige von ihnen erwiderten den Klaps.
    Die Herogynfreaks verschlangen die Pillen und ließen sich auf den feuchten Boden fallen. Sie schwatzten miteinander und ähnelten einer Gruppe von Pavianen nach einem erfolgreichen Beutezug.
    Und Willem setzte sich mitten unter sie, nickte und lächelte herablassend wie ein alter Leitwolf, der die Verteilung der gerissenen Beute überwacht.
    Er hockte noch bei ihnen, während das Herogyn von ihren Blutbahnen aufgenommen wurde und sie einer nach dem anderen verstummten. Ihre Augen wurden matt, die Kiefer sanken herab, und sie verfielen in reglose Trance.
    Erst als der letzte von ihnen flach auf dem Boden lag und in tiefe Herogynträume gesunken war, ließ Vanderling einen letzten abschätzenden Blick über sie gleiten, grinste wie ein Krokodil und zog sich in seine Hütte zurück.
    Bart Fraden sah Sophia an. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, bemerkte seinen Blick und erwiderte ihn. Ihre spöttischen grünen Augen und das angedeutete Lächeln sagten viel deutlicher, als es Worte vermocht hätten: „Habe ich es dir nicht gesagt?“
    Sie lachte und brach so die angespannte Atmosphäre. „Na, was ist denn los, Bart? Du machst ein Gesicht, als ob dir jemand gesagt hätte, daß es keinen Nikolaus gibt. Manche Kinder werden nie erwachsen. Spaß muß sein …“
    Sie ergriff ihn bei der Hand und führte ihn zurück zum Bett.
    Es dauerte noch eine lange Zeit, bis die Szene vor seinem inneren Auge erloschen war und er endlich den Schlaf kommen spürte. Da fiel ihm wieder ein, daß er die Antwort gefunden hatte. Die Antwort, die die unbewegliche sangranische Bauernschaft in eine revolutionäre Flutwelle verwandeln würde, in eine Flutwelle, die die Bruderschaft ins Reich des Vergessens spülen würde. Der Sieg war zum Greifen nahe.

 
8
     
    Willem Vanderling legte den Kopf schräg und starrte Fraden fragend an. „ Töter-Uniformen?“ sagte er. „Natürlich kommen wir leicht an Töter-Uniformen heran, wenn wir wollen. Wir erledigen fünfzig bis sechzig Töter in jeder Woche, und es dürfte keine Schwierigkeit sein, ihnen die Uniformen abzunehmen. Aber warum? Was in aller Welt willst du mit den Töter-Uniformen anfangen?“
    Fraden grinste und lehnte sich gegen einen Baumstamm. Er stand vor Vanderlings Hütte und ließ seinen Blick über das Lager schweifen. Er sah bereits, wie es in ein paar Monaten aussehen würde, wenn Tausende von Soldaten an die Stelle dieser einzelnen Gruppen treten würden, wenn hier eine Armee sein würde, wo jetzt nur einzelne Banden waren. Und es konnte gar nicht schiefgehen. Alles würde praktisch von allein ablaufen.
    „Frag nicht, was ich damit vorhabe“, antwortete er, „frag lieber, wozu du sie brauchen wirst, Willem. Du und zwanzig deiner Leute, denen du am meisten traust – entschuldige den Ausdruck –, ihr werdet für einige Zeit Töter spielen.“
    Vanderling grinste. „He, das ist keine schlechte Idee“, sagte er. „Wir verkleiden uns als Töter, und dann sickern wir in das Töter-Camp ein, von dem ich dir erzählt habe. Wir greifen sie gleichzeitig von innen und von außen an und …“
    „Du liegst völlig falsch, Willem“, unterbrach ihn

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