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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Fraden. „Ihr sollt Läuse schlachten.“
    „Wie bitte?“
    „Du hast schon richtig gehört. Ihr sollt Läuse töten, und zwar diese Gehirne, mit denen die Dörfler die Läuse steuern, um genau zu sein.“
    „Das begreife ich nicht, Bart“, sagte Vanderling. „Wir sollen die Gehirne erschlagen … Was haben wir denn davon? Es kommt mir eher wie eine Zeitverschwendung im ganz großen Stil vor.“
    Fraden seufzte.
    „Wir haben etwas davon, Willem, das kann ich dir versichern. Ich will es dir in möglichst einfachen Worten erklären: Diese Läusehügel sind Staatenorganismen, nicht wahr? Das ist so, als wären alle Läuse Arme eines gemeinschaftlichen Körpers, und das Gehirn ist der Kopf. Was passiert also, wenn wir diesem Organismus den Kopf abschlagen?“
    „Hm, er stirbt, nehme ich an. Aber die Läuse sterben nicht. Sie laufen dann einfach wie riesige blöde Käfer in der Gegend umher.“
    „Sehr gut, Willem, genauso ist es! Ohne das Gehirn ist so ein Läusehaufen nur eine Ansammlung von nutzlosen, hirnlosen Insekten. Aber jetzt denke einmal darüber nach, wie sich das auf die sangranischen Bauern auswirken wird. Alle einigermaßen gesunden Männer im Dorf sind den ganzen Tag lang damit beschäftigt, die Fleischtierherden zu versorgen. So wird für andere Nahrung produziert. Sie arbeiten also den ganzen Tag und produzieren nicht einmal einen einzigen Bissen für sich selbst. Die Dörfler verhungern nur deswegen nicht, weil die Brüder sich ein sehr hübsches System ausgedacht haben: Die Tiere sind ihre Sklaven, und die Läuse sind die Sklaven der Tiere. Ein alter Mann, der sich um das Gehirn kümmert, steuert die Nahrungsversorgung für ein ganzes Dorf, und dadurch haben die anderen Männer Zeit, die Herden des örtlichen Bonzen zu hüten. Was geschieht also mit den Dörflern, wenn die Läuse plötzlich nutzlos werden?“
    „Junge! die sitzen böse in der Klemme! Wenn sie weiter für die Brüder arbeiten, dann verhungern sie. Wenn sie die Herden laufenlassen und sich um ihre eigenen Felder kümmern – falls sie überhaupt noch wissen, wie man das macht –, dann hetzt ihnen der örtliche Bonze die Töter auf den Hals, um sie wieder an die Arbeit zu treiben. Ihnen geht’s also auf jeden Fall an den Kragen. Aber ich verstehe dich noch immer nicht, Bart. Du sagst doch ständig, daß wir diese Tröpfe auf unsere Seite ziehen müssen. Wenn wir jetzt deinen Plan durchführen, dann werden sie uns hassen wie die Pest!“
    „Wen, uns Unschuldsengel etwa?“ sagte Fraden mit gespielter Verwunderung. „Vergiß bitte nicht, daß sie sehen werden, daß es die Töter sind, die ihre Gehirne umbringen. Und die Gerüchteküche wird überall verbreiten, daß dies ein Teil der Wahnsinnskampagne ist. Moro hat vor, sie alle verhungern zu lassen, damit sie noch schneller durchdrehen. Klar?“
    Vanderling schüttelte in gebannter Faszination den Kopf. „Jetzt begreife ich es“, sagte er. „Du hast einen Verstand wie eine Klapperschlange. Aber werden die Brüder nicht einfach neue Gehirne heranschaffen? Selbst diese Sangraner werden den Braten riechen, wenn sie sehen, daß die Brüder die Gehirne ersetzen, die sie vorher haben totschlagen lassen …“
    „Darum werden wir uns für den Anfang auf die sechs Anwesen konzentrieren, die uns am nächsten liegen“, erwiderte Fraden. „Alle Straßen nach Sade werden rund um die Uhr überwacht. Wir werden alle Gehirne abfangen und töten, die sie heranschaffen. Sechs Anwesen, das heißt, dazu gehören ein paar hundert Dörfer mit vielleicht zehntausend potentiellen Guerillas. Wenn alle Gehirne in dieser Gegend erst einmal tot sind, dann werden wir so viele Leute haben, daß sie eine Armee von Tötern brauchen, wenn sie noch bis hierher vordringen wollen. Und dann ziehen wir weiter zum nächsten Bezirk und zum übernächsten … Zu diesem Zeitpunkt wird die Bruderschaft so sehr damit beschäftigt sein, den Krieg zu gewinnen, daß sie gar nicht mehr dazu kommt, weitere Gehirne herbeizuschaffen.“
    „Jaaa …“, murmelte Vanderling, „das könnte tatsächlich funktionieren.“
    „Aber nur so lange, wie wir es nicht übertreiben. Wir wollen kein großes Aufsehen verursachen. Darum setzen wir nur fünfundzwanzig Mann ein, je fünf Trupps mit fünf Männern. Hinein ins Dorf, das Gehirn wird getötet und wieder raus, peng, peng, peng. Das kann natürlich nur in der Nacht geschehen, wenn die Dörfler nicht sehen können, daß die Männer in den Töter-Uniformen gar nicht wirklich

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